Bankenkrise:IWF gibt Zypern eine Milliarde Euro Kredit

Banken auflösen, Budgets kürzen, Staatseigentum verkaufen: Die Regierung in Nikosia verhandelt, was sie machen muss, um zehn Milliarden Euro Notkredite zu bekommen. Der IWF zeigt sich bereits zufrieden. Der türkische Präsident sieht in der Krise gar eine Chance.

Zusage aus Washington: Der Internationale Währungsfonds ist mit den Reformplänen zufrieden, die Zypern präsentiert hat. "Die zyprischen Behörden haben ein ambitioniertes mehrjähriges Reform-Programm vorgelegt, das geeignet ist, die wirtschaftlichen Herausforderungen des Landes anzugehen", sagte die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde. Somit wird der Fonds etwa eine Milliarde der insgesamt 10 Milliarden umfassenden Hilfskredite übernehmen.

Den formellen Beschluss des IWF-Direktoriums erwarte sie Anfang Mai, sagte Lagarde. Im Gegenzug wird der angeschlagene Finanzsektor der kleinen Mittelmeerinsel saniert: Die zweitgrößte Bank des Landes, die Laiki Bank, wird abgewickelt. Das größte Geldhaus, die Bank of Cyprus, wird umgebaut. Auf Spareinlagen über 100.000 Euro gibt es erhebliche Abschläge.

Im April soll der Bundestag entscheiden

Wenn sich die Troika aus EU-Kommission, IWF und der Europäischen Zentralbank mit der zyprischen Regierung auf einen Entwurf des "Memorandum of Understanding", also auf eine Reformvereinbarung geeinigt haben, müssen die Mitgliedsstaaten der Euro-Zone darüber entscheiden. Bis Ende April haben sie dazu Zeit.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass der förmliche Entwurf eines Rettungspakets für Zypern bis zum 9. April vorliegt. Er wird unter anderem Vereinbarungen zur Privatisierung, zur Konsolidierung der Staatsfinanzen sowie die Hilfen aus den Rettungsschirmen der Geldgeber beinhalten.

Die Euro-Finanzminister wollen auf ihrem informellen Treffen am 12. April in der irischen Hauptstadt Dublin über den Entwurf beraten. Die Auszahlung der ersten Kredittranche an Zypern könnte dann bereits im Mai genehmigt werden. "Das ist ein enger Zeitplan. Wir sind zuversichtlich, dass dies gelingt", sagte der Sprecher der EU-Kommission. Der Bundestag werde dann in der dritten Aprilwoche entscheiden, sagte der Sprecher des deutschen Finanzministeriums. Ohne das Votum des Bundestags kann Deutschland der Hilfe nicht zustimmen.

Zwei neue Minister im Amt

In der zyprischen Hauptstadt Nikosia wurde zudem der neue Finanzminister, Charis Georgiades vereidigt. Er ist der Nachfolger von Michalis Sarris, der nur vier Wochen im Amt war. Den bisherigen Posten von Georgiades als Arbeitsminister übernimmt Zeta Emilianidou. Die Juristin hatte 2004 an den Beitrittsverhandlungen Zyperns zur EU teilgenommen und war zuletzt Generalsekretärin im Handels-, Industrie- und Tourismusministerium. Präsident Nikos Anastasiadis hob bei ihrer Amtseinführung hervor, dass nun auch erstmals eine Frau in der neuen Regierung säße.

Mit dem 1972 geborenen Georgiades übernimmt ein junger Politiker die schwierige Aufgabe, Zyperns Finanzen zu sanieren. Er hat Wirtschaftswissenschaften, Völkerrecht und Europäisches Recht studiert, war Pressesprecher der regierenden konservativen Partei DISY und wurde 2011 Parlamentsabgeordneter. Nach der Wahl von Anastasiades zum Präsidenten Ende Februar übernahm er das Arbeits- und Sozialressort.

Der bisherige Finanzminister Sarris war am Dienstag von seinem Posten zurückgetreten. Als Grund nannte Sarris die Untersuchungen einer neu eingesetzten Kommission, die die Hintergründe der Bankenkrise in dem Inselstaat untersucht. Sarris war noch vor einem Jahr Chef der Laiki Bank.

Türkischer Präsident sieht Chance auf Wiedervereinigung

Die Türkei sieht in der zyprischen Schuldenkrise eine Chance für eine Wiedervereinigung des Inselstaates. "Die Wirtschaftskrise sollte uns allen eine wichtige Lektion erteilen, denn letztendlich hätte die Insel ein größeres wirtschaftliches Potenzial, wenn sie vereint wäre", sagte der türkische Präsident Abdullah Gül.

Die Türkei hat seit fast 40 Jahren den Norden Zyperns besetzt, die dortige türkische Republik ist international nicht anerkannt. Ein erster Schritt für eine Wiedervereinigung der Insel wäre es, die Wirtschaftssanktionen gegen Zypern aufzuheben, sagte Gül.

Zypern ist seit einem griechischen Militärputsch und einer anschließenden türkischen Militärintervention 1974 geteilt. Die Teilung der Insel gilt als ein Hindernis für die stockenden Beitrittsgespräche der Türkei mit der Europäischen Union.

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