Bankenkrise in Europa:Wie sich der Teufelskreis durchbrechen lässt

Banken- und Staatskrisen befeuern sich gegenseitig. Und weil die Euro-Länder das Problem einfach nicht in den Griff bekommen, muss am Ende stets die Europäische Zentralbank einspringen. Von dort heißt es nun: Es reicht! Madrid solle die Hilfe des Rettungsfonds EFSF beantragen. Warum das gut und richtig wäre.

Claus Hulverscheidt

Man kann Mario Draghi in all seiner Verzweiflung ja verstehen: Weil die Euro-Länder die Schuldenkrise einfach nicht in den Griff bekommen, weil sie die Instrumente nicht nutzen, die sie sich selbst gegeben haben, ist es am Ende stets die Europäische Zentralbank, die in die Bresche springen muss. Auch jetzt, da dem vor faulen Immobilienkrediten geradezu stinkenden spanischen Bankensystem der Kollaps droht, wird wieder nach ihr gerufen. Diesmal jedoch hat der Chef eine andere Parole ausgegeben: Es reicht!

Statt erneut selbst einzuspringen, fordert Draghi nun, dass sich Spaniens Banken das nötige Geld direkt beim Euro-Rettungsfonds EFSF leihen. Das ist bisher verboten. Schuldner sind vielmehr immer Regierungen, die den Kredit dann notfalls dazu verwenden können, das Eigenkapital angeschlagener Banken aufzupolstern.

Eine wachsende Zahl von Experten argumentiert jedoch, dass durch diese Konstruktion die Abwärtsspirale aus sich gegenseitig befeuernden Banken- und Staatskrisen noch beschleunigt wird: Wegen ihrer Probleme schränken die Finanzinstitute die Kreditvergabe an die Industrie ein, die Wirtschaftsleistung sinkt, was wiederum die Haushaltsnöte der Regierung vergrößert, die zugleich aber die Banken unterstützen soll. Dieser Teufelskreis ließe sich durch direkte Bankenhilfen des EFSF durchbrechen.

Rajoy kann das spanische Bankenproblem allein nicht lösen

Die Frage ist nur: um welchen Preis? Anders als bisher könnten die Geldgeber die Vergabe von Krediten nicht mehr daran knüpfen, dass der zugrunde liegende Fehler im System beseitigt wird. Schließlich ist es dem EFSF unmöglich, Zwangsverwalter in jede spanische Sparkasse zu schicken, die dort aufräumen. Dafür fehlen ihm die Mitarbeiter wie das Know- how. Ginge zudem die Bank allen Bemühungen zum Trotz doch pleite, schlüge das ungebremst auf die nationalen Haushalte der EFSF-Anteilseigner durch.

Und schließlich: Solange die Bankenaufsicht in der EU Sache der Mitgliedsstaaten ist, sollten sich die europäischen Steuerzahler nicht in die Hand einer nationalen Kontrollbehörde begeben, die sich im Zweifel nicht auf ihre Seite, sondern auf die des heimischen Geldhauses schlägt.

Tatsache ist: Spaniens Regierungschef Rajoy kann sein Bankenproblem allein nicht lösen. Mit seiner Politik der Konkursverschleppung hat er vielmehr die gesamte Währungsunion ins Wanken gebracht. Damit muss Schluss sein: Rajoy braucht EFSF-Hilfe, und er sollte sie umgehend beantragen.

Jedes weitere Zögern wäre auch deshalb unsinnig, weil Spanien angesichts der vergleichsweise niedrigen Staatsschuldenquote nicht einmal eines jener angeblichen Merkelschen "Spardiktate" akzeptieren müsste, sondern allenfalls gezielte Auflagen zum Umbau des Banksektors. Dafür würden gleichzeitig Mittel für andere Reformbaustellen frei, die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit etwa. Sicher: Es ist nicht schön, dieser Tage in einem Satz mit den Griechen genannt zu werden. Noch schlechter aber wäre es, als Totengräber des Euro in die Geschichte einzugehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: