Süddeutsche Zeitung

Bankenfusion:Unruhige Feiertage

Die Verhandlungen zwischen Deutscher Bank und Commerzbank ziehen sich hin. Letztlich müssten die beiden vor einer Fusion auch die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank überzeugen.

Von Jan Willmroth und Markus Zydra, Frankfurt

Der Osterurlaub hat Tradition, selbst hochrangige Manager verschwinden rund um das höchste Fest der Christenheit gern für mindestens eine Woche. Unschön, wenn man dann so überrannt wird wie die Führungsmannschaft der Deutschen Bank, die vor gut einem Jahr ihren Chef austauschte und diesen Wechsel inmitten der Osterferien orchestrierte. In diesen Tagen ist in Deutschlands größter Bank auch nicht an Urlaub zu denken, den Vorständen stehen arbeitsreiche Feiertage bevor: Die Verhandlungen mit der Commerzbank über eine Fusion ziehen sich hin, und der kolportierte Zeitplan gilt vielen als zu ambitioniert.

Von einer Absichtserklärung, in vertiefte Verhandlungen einzusteigen, sind die beiden Institute jetzt kurz vor Ostern offenbar noch weit entfernt. Ein solches Bekenntnis wäre der nächste Schritt zur Fusion. Denn danach käme es zu einer sogenannten vertieften Sorgfaltsprüfung, die viel Zeit und Aufwand kostet. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine neue deutsche Großbank entsteht, wäre damit größer.

Bei diesem Vorhaben sei nach einem Monat Verhandlungszeit allerdings noch vieles offen, berichten mit dem Stand der Gespräche vertraute Personen. Teilweise lägen Geschäftszahlen sowie wichtige Bilanz- und Kundendaten noch nicht bereit. Während die Commerzbank schon recht weit damit sei, alles zu beschaffen, was auf den Tisch soll, warten die in Arbeitsgruppen organisierten Gesprächspartner dem Vernehmen nach verschiedentlich auf Daten der Deutschen Bank zu deren internationalen Geschäftsfeldern.

Letztere ist deutlich größer und komplexer als die Commerzbank und dürfte allein deshalb mitunter länger brauchen, der Gegenseite und den Beratern die benötigten Daten vorzulegen. Es werde sportlich, bis zur Vorlage der Quartalszahlen der Deutschen Bank am 26. April mehr Klarheit zu haben, heißt es. Das Datum hatte Aufsichtsratschef Paul Achleitner ins Spiel gebracht. Weder die Deutsche Bank noch die Commerzbank wollten sich zum Stand der Verhandlungen äußern.

Das Gezerre rund um den Plan, die beiden größten privaten Banken des Landes zu verschmelzen, macht die Konkurrenz agil: Plötzlich gibt es neue Offerten aus dem Ausland. Unlängst machte die italienische Unicredit-Gruppe aus ihrem Interesse an der Commerzbank kein Geheimnis mehr. Ihre Chefs sprachen regelmäßig bei Bundesfinanzminister Olaf Scholz und dessen Staatssekretär Jörg Kukies vor und gelobten, im Fall eines Zuschlags wesentlich weniger Mitarbeiter entlassen zu müssen, als es eine Übernahme durch die Deutsche Bank wohl nötig machte.

Die Bankenaufseher sind eingebunden, die Gespräche mit ihnen wie ein Sparring

In der Karwoche erfuhr die Öffentlichkeit nun Details über das bereits bekannte Interesse der niederländischen ING an der Commerzbank, deren größter Einzelaktionär mit einem Anteil von mehr als 15 Prozent die Bundesregierung ist. ING-Chef Ralph Hamers habe in Berlin sogar zugesichert, die Zentrale seiner Bank nach Frankfurt zu verlegen, sollte er die Commerzbank übernehmen dürfen, berichtete das Manager Magazin. Zwar gibt es im Bankgeschäft üblicherweise keine feindlichen Übernahmen, und der Bund hat keinen Anlass, seine Anteile zügig loszuwerden - mit ihren Avancen erhöhen die ausländischen Institute aber den Druck auf die Verhandlungspartner, den Investoren am Ende eine wirtschaftlich überzeugende Lösung zu präsentieren.

Auch die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) muss überzeugt werden. Eine Fusion erfordert die Zustimmung der Behörde. Bankenaufseher und Führungskräfte der beiden Geschäftsbanken stehen daher schon lange in Kontakt. Die Aufsicht möchte sicherstellen, dass die neue Bank stabil wäre. Sie muss Geld verdienen können, und dafür braucht sie ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Dieses zu finden, ist alles andere als trivial. Beide Banken machen schon jetzt kaum Profit. Die Gespräche mit der EZB sind wie ein Sparring: Die Banken legen ihre Pläne vor, die Aufsicht prüft und präsentiert dann ihre Forderungen. So nähert man sich an - im besten Fall.

Die Aufseher könnten den Deal aber auch torpedieren, etwa wenn sie höhere Kapitalpolster für die neue Großbank fordern, als die Eigentümer bereit sind zu geben. Die EZB muss streng sein, denn ihre Reputation wäre gefährdet, wenn die neue Riesenbank später einmal in eine Krise geraten würde. Die Kontrolleure arbeiten Punkt für Punkt ab: Könnte die neue Bank ihre IT-Plattformen schnell harmonisieren? Die Aufseher pochen darauf, denn sie wollen auf ihre Datenabfragen zügig verlässliche Informationen erhalten. Die IT-Integration nach der Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank lief jedenfalls nicht gut. Der ehemalige Vorstandschef John Cryan hatte die IT des Instituts im Jahr 2015 sogar öffentlich als "lausig" bezeichnet. Die Aufsicht achtet auch darauf, wer die fusionierte Bank künftig führen soll. Schließlich müssten die neuen Chefs dann alles umsetzen, was besprochen wurde. Dazu gehört auch der Abbau Tausender Arbeitsplätze.

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SZ vom 18.04.2019
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