Bankenfusion:Endlich zusammen

Es gab schon mehrere Anläufe: Jetzt haben sich die genossenschaftlichen Spitzeninstitute DZ Bank und WGZ Bank doch noch auf eine Fusion verständigt.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Man kann sich ja einmal ausmalen, wie diese "wohlwollenden Blickkontakte" in den Gesichtern der Beteiligten von DZ Bank und WGZ Bank in den vergangenen Monaten ausgesehen haben. Man durfte am Donnerstag erfahren, dass sie die Grundlage waren, um das Eis zu brechen zwischen den Führungsriegen der beiden letzten Zentralbanken des Genossenschaftssektors. Dort hatte man jahrelang mehrfach vergeblich versucht, eine Fusion hinzukriegen. Immer wieder war der Plan gescheitert: mal an persönlichen Animositäten, mal an den Umständen der Finanzkrise. Deshalb sei es auch so wichtig gewesen, "die Emotionen aus der Absichtserklärung herauszunehmen", wie DZ Bank-Chef Wolfgang Kirsch sagte. Der 60-jährige soll der neue Chef einer Bank werden, die mit einer Bilanzsumme von etwa 500 Milliarden Euro hinter der Deutschen Bank und der Commerzbank zum drittgrößten Kreditinstitut Deutschlands aufsteigt.

"Es ist ein historischer Moment", sagte Hans-Bernd Wolberg, Vorstandschef der WGZ Bank und künftiger Vize des fusionierten Instituts. Dass der Plan dieses Mal umgesetzt wird, daran ließ die Führungsriege keinen Zweifel. "Das wird zu einem guten Ende gebracht", sagte Kirsch.

Der Zusammenschluss wäre die größte Bankenfusion seit der mehrheitlichen Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank 2010. Am 1. August soll die neue "DZ Bank - Die Initiativbank" ihre Arbeit aufnehmen. Letzteres ist der Slogan der WGZ Bank. Damit möchte man verdeutlichen, dass die Düsseldorfer Zentralbank gleichberechtigt ist, obwohl ihre Bilanzsumme wesentlich kleiner ausfällt als jene der Frankfurter DZ Bank. Letztere ist das Spitzeninstitut von 844 Volks- und Raiffeisenbanken in fast ganz Deutschland. Die übrigen 182 Banken in Nordrhein-Westfalen und Teilen von Rheinland-Pfalz sind der WGZ Bank in Düsseldorf zugeordnet.

Im Zuge der Verschmelzung sollen auch Arbeitsplätze gestrichen werden

Die Idee der Kreditgenossenschaft ist eine deutsche Entwicklung, die der Pionier Hermann Schulze-Delitzsch im Mai 1850 mit Gründung des Delitzscher Vorschuss-Verein ins Leben rief - es war die Keimzelle der heutigen Volksbanken. Im Jahr 1864 gründete Friedrich Wilhelm Raiffeisen mit dem Heddesdorfer Darlehnskassen-Verein die erste ländliche Kreditgenossenschaft. Hintergrund: Eines der Hauptprobleme für die kleinen Gewerbetreibenden war im 19. Jahrhundert ihr Mangel an Kreditmöglichkeiten. Privatbankiers scheuten das Risiko. Handwerker mussten zu Wucherzinsen private Darlehen aufnehmen. So kam es zur Gründung der Vorschussvereine, die heutigen Volksbanken. 1903 gab es 52 regionale Zentralbanken, was einen gut 100 Jahre währenden Konzentrationsprozess einleitete. 1990 war die Zahl auf vier Zentralkassen geschrumpft - 2001 blieben nur noch DZ und WGZ Bank übrig. Zum Vergleich: Die Sparkassen nennen - zusammen mit den Ländern - nach wie vor sechs Zentralinstitute, die Landesbanken, ihr Eigen.

Bei den Genossenschaftsbanken soll es nun nur noch eines geben. Dabei steht auch Sparen auf dem Programm, Arbeitsplätze fallen weg. "Während der Integrationsphase werden wir alle Mitarbeiter brauchen", sagte Wolberg. Der Wegfall von Doppelarbeitsplätzen sei danach aber "selbstverständlich". Ansonsten seien die "Kostensynergien nicht möglich". Viele Jobs sollen durch natürliche Fluktuation eingespart werden. Insgesamt erwarten beide Institute nach dem Abschluss der Integration Einsparungen von mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr. Gemeinsam könnten beide Spitzeninstitute Volks- und Raiffeisenbanken effektiver versorgen sowie die IT und Prozesse straffen. Alle Personalveränderungen sollten in einem offenen Prozess erfolgen und mit den Arbeitnehmergremien besprochen werden.

Die beiden Banken beschäftigten Ende 2014 knapp 5600 Mitarbeiter. Im Konzern der Finanzgruppe sind es mehr als 30 000. Dazu gehören zum Beispiel auch die Bausparkasse mit Schwäbisch Hall und die Fondsgesellschaft Union Investment. "Wir werden da ganz genau hingucken, was das für die Arbeitnehmer bedeutet", so Verdi-Sekretärin Sigrid Stenzel.

In den nächsten Monaten geht es um die Details, an der schon so manche Fusion gescheitert ist. Die WGZ-Eigentümer sollen Anteile an der DZ erhalten. Wie viele Anteile sie bekommen, hängt von einer Bewertung der Geldhäuser ab. Der Zeitplan sieht vor, dass der Verschmelzungsvertrag im Frühjahr 2016 unterzeichnet wird. Die Hauptversammlungen finden im Juni 2016 statt. Erhält man dort Rückendeckung, könnte die Fusion sofort in das Handelsregister eingetragen werden.

Die Entscheidungsträger wirkten am Donnerstag sehr optimistisch, dass alles glatt läuft. Nur im Ernstfall sind wieder "wohlwollende Blickkontakte" gefragt.

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