Bankenfusion:Dann knallt's

Eine Fusion aus Deutscher Bank und Commerzbank? Nicht mit den Gewerkschaften. Deren Aufbegehren ist heftig: Auf der nächsten Aufsichtsratssitzung könnte es erstmals zum offenen Widerstand der Arbeitnehmer kommen.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Im Vergleich zu den Kämpfen früherer Jahre verliefen die jüngsten Sparrunden bei der Deutschen Bank geräuschlos. Seit einigen Jahren hat sich in der Zusammenarbeit zwischen der Kapital- und der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat ein harmonisches Miteinander etabliert, mit Chefkontrolleur Paul Achleitner und Verdi-Chef Frank Bsirske als mächtigsten Akteuren. Die Gespräche über den Abbau Tausender Stellen bei Deutschlands größter Bank waren beispielsweise im vergangenen Jahr schnell geführt. Und bislang verhandeln Management und Arbeitnehmer ohne großen Streit über die Einschnitte im Zuge der Postbank-Integration.

So geschmeidig wird es wohl nicht bleiben. Man muss sich dieser Tage von mancher Gewissheit verabschieden angesichts der Vorgespräche zwischen Deutscher Bank und Commerzbank über eine mögliche Fusion. Noch ist unklar, wie so ein Zusammenschluss konkret aussehen sollte, offizielle Verhandlungen sind noch längst nicht ausgemacht. Sicher ist aber: Damit ein solches Projekt überhaupt wirtschaftlich Sinn ergeben könnte, müssten im schlimmsten Szenario bis zu 40 000 Stellen wegfallen. Das wäre die gesamte Commerzbank. Mit Blick darauf sprach ein hochrangiger Aufseher kürzlich von einem "Blutbad". Fusion ist für viele Beschäftigte ein Angstwort.

Die kleinere Gewerkschaft DBV droht mit einem Abbruch der Gespräche über die Postbank

Die Gewerkschaften Verdi und DBV wehren sich deshalb jetzt schon, und zwar so vehement, dass sie etwaige Beschlüsse in den Aufsichtsräten der beiden Banken kaum noch mittragen könnten. Macht die Fusion die Vertrauten Bsirske und Achleitner also am Ende noch zu Gegenspielern, kurz bevor sich Bsirske Ende des Jahres in den Ruhestand verabschiedet?

Jan Duscheck, Bundesfachgruppenleiter Bankgewerbe bei Verdi und ebenso wie Bsirske Aufsichtsrat der Deutschen Bank, lehnt Fusionsverhandlungen im Namen der Gewerkschaft jedenfalls vehement ab, weil "mindestens 10 000 weitere Arbeitsplätze akut gefährdet wären". Darüber hinaus rechnet er mit weiteren Arbeitsplatzverlusten, weil die Fusion "die an das neue Institut gestellten Wachstumserwartungen aus heutiger Sicht nicht erfüllen wird".

An Verdi vorbei durchzuregieren wäre aber kaum vorstellbar. Die Gewerkschaft hat überhaupt erst seit der Übernahme der Postbank im Jahr 2009 so großen Einfluss in der Deutschen Bank. Bsirske und die Seinen wussten seither immer wieder Projekte des Vorstands zu torpedieren, die stark zulasten der Beschäftigten gegangen wären. Vor dem Postbank-Deal hatte der deutlich kleinere Deutsche Bankangestellten-Verband (DBV) das Sagen in der Frankfurter Arbeitnehmerschaft. Erst im vergangenen Frühjahr gelang es den DBV-Vertretern, Verdi wieder ein Stück weit zu entmachten. Sie stellen seither wieder den Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats. Zuvor hatten einige die Sorge geäußert, Verdi könnte den Einfluss in der Deutschen Bank mit Vollintegration der Postbank noch weiter ausbauen.

Allerdings hat der DBV dabei auch noch einiges mitzureden, während die Postbank rechtlich schon mit der Deutschen Bank verschmolzen ist. DBV-Chef Stephan Szukalski, ebenfalls Mitglied im Aufsichtsrat der Deutschen Bank, forderte den Vorstand am Dienstagabend auf, schnell Klarheit zu schaffen. Sollte eine Fusion mit der Commerzbank angestrebt werden, müssten "alle Pläne bezüglich der Postbank-Integration bis zur Vorlage des Gesamtkonzepts auf Eis gelegt werden", drohte er in einem offenen Brief. Nach Gesprächen mit den Verantwortlichen in den kommenden Tagen werde man für sich entscheiden, ob weitere Verhandlungen zur Postbank-Integration derzeit sinnvoll sind.

Wenn sich die Aufsichtsräte von Commerzbank und Deutscher Bank am 21. März jeweils turnusgemäß treffen, werden also missmutige Gewerkschafter anwesend sein. Sollte es dann etwas zu beschließen geben - und sei es nur die "Prüfung einer Fusion" - käme es zum Schwur: Einige Aufsichtsräte haben bereits vorab signalisiert, dass sie das nicht mittragen könnten. Die Gewerkschaften vertreten die Beschäftigten beider Banken - und es wäre wohl geradezu unmöglich, ihnen ein "Ja" zur Streichung Zehntausender Stellen zu erklären.

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