Bankenaufsicht:Banken sollen ihr "Testament" machen

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Mehr als 1,6 Billionen Euro wurde bisher an Banken in Europa gezahlt, um sie vor dem Ruin zu retten. Das soll nie wieder passieren. Deshalb sollen Deutschlands große Geldhäuser Pläne für den Krisenfall ausarbeiten. Geraten sie in Schieflage, wird auf diese "Testamente" zurückgegriffen. So sollen sie saniert oder abgewickelt werden - möglichst ohne Steuergeld.

Claus Hulverscheidt, Berlin

Die Bundesregierung will die großen deutschen Banken dazu zwingen, mithilfe eines "Testaments" Vorkehrungen für den Fall einer wirtschaftlichen Schieflage zu treffen. Ein Gesetzantrag dazu wird nach Informationen der Süddeutschen Zeitung derzeit im Finanzministerium vorbereitet und soll im Dezember, spätestens aber Anfang 2013, vom Kabinett beschlossen werden. Ziel ist, dass Banken im Krisenfall zügig saniert oder geschlossen werden können und nicht mehr vom Steuerzahler aufgefangen werden müssen.

Nach Angaben der Europäischen Kommission mussten die EU-Staaten allein zwischen 2008 und 2010 etwa 1,6 Billionen Euro bereitstellen, um Geldhäuser vor dem Zusammenbruch zu retten. Dahinter stand die Angst, dass schon die Pleite einer einzelnen Großbank aufgrund ihrer Dimension und ihrer globalen Vernetzung zum Kollaps des Weltfinanzsystems führen könnte.

Um nicht länger erpressbar zu sein, beschloss die Gruppe der 20 führenden Industrie-und Schwellenländer (G 20) in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Maßnahmen: So müssen Geldhäuser in Zukunft nicht nur deutlich mehr Eigenkapital vorhalten, um Verluste abfedern zu können, sondern auch ein sogenanntes Testament ausarbeiten, das einen Sanierungs- und einen Abwicklungsplan umfasst. Außerdem soll jedes Land ein spezielles Insolvenzrecht für Banken schaffen.

Die Umsetzung vieler Reformen stockt aber, weshalb Deutschland schon beim Insolvenzrecht, beim Veräußerungsverbot für Aktien, die der Verkäufer gar nicht besitzt, und zuletzt bei den neuen Eigenkapitalvorschriften vorgeprescht war. Wie aus einem internen Papier des Finanzministeriums hervorgeht, will Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) nun bei der Einführung der "Testamente" erneut den Vorreiter geben. Von dem Vorhaben betroffen sein dürften etwa zehn Institute, darunter die Deutsche Bank, die Commerzbank, die DZ Bank und einige Landesbanken.

Mehr Macht für das Aufsichtsamt

Nach Schäubles Plänen müssen alle betroffenen Geldhäuser zunächst einen Sanierungsplan erarbeiten und der Aufsichtsbehörde Bafin zur Genehmigung vorlegen. Aus ihm muss detailliert hervorgehen, wie die einzelnen Bereiche der Bank in- und extern vernetzt sind, welche von ihnen systemrelevant sind und welche nicht, welche Risiken in jeder einzelnen Abteilung und Tochtergesellschaft schlummern und wie der Vorstand gedenkt, im Notfall an zusätzliches Kapital zu kommen. Die Bafin kann jederzeit Änderungen am Plan verlangen.

Das Aufsichtsamt selbst erstellt zudem für jedes Institut einen Abwicklungsplan. Dieser muss für den Fall der Zahlungsunfähigkeit aufzeigen, welche Bereiche für das Funktionieren der Finanzmärkte und der Volkswirtschaft insgesamt so bedeutend sind, dass sie ausgegliedert und fortgeführt werden müssen, welche geschlossen werden können und wie sich das auf andere Institute auswirken würde. Zudem wird festgelegt, wie die Kundeneinlagen gesichert, die Schließung oder Teilschließung der Bank ohne Steuermittel finanziert und der Wert der Geschäftsbereiche sowie des Vermögens im Notfall ermittelt werden können. Das Gesetz soll noch vor der Bundestagswahl 2013 in Kraft treten.

Die Chefin der deutschen Bankenaufsicht BaFin, Elke König, forderte den Finanzstabilitätsrat FSB auf, über die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) Druck auf die USA zu machen. "Es ist seine Sache, den Fall den G20 vorzulegen. Sie sind es, die Druck ausüben müssten." König und Lautenschläger sind Mitglieder des Baseler Ausschusses, der das Regelwerk ausgearbeitet hat.

© SZ vom 24.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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