Banken:Wall-Street-Boni dreimal so hoch wie Durchschnittseinkommen einer US-Familie

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Wahrscheinlich gut situiert: Ein Banker in seiner Mittagspause auf einer Parkbank in Manhattan. (Foto: Heike Schreiber-Braun/imago)
  • Die Boni der Wall-Street-Banker sind 2017 um 17 Prozent gestiegen.
  • Sie betragen jetzt durchschnittlich 184 220 Dollar - und damit mehr als das Durchschnittseinkommen eines ganzen Haushalts.
  • Die Höhe der Boni beunruhigt viele Kritiker vor allem, weil sie massiv zur wirtschaftlichen Ungleichheit in den USA beiträgt.

Von Kathrin Werner, New York

184 220 Dollar. So viel hat der durchschnittliche Wall-Street-Banker im vergangenen Jahr als Bonus bekommen, wohlgemerkt als Bonus, zusätzlich zu dem ohnehin üppigen Jahresgehalt. 184 220 Dollar - das ist mehr als dreimal so viel wie das durchschnittliche Haushaltseinkommen in den USA. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Boni um 17 Prozent gestiegen, es war ein zweites Jahr in Folge mit einem rasanten Anstieg, meldete eine staatliche Datenbank in New York, die die Auszahlungen schätzt und veröffentlicht. Damit nähern sich die Boni wieder dem Rekordjahr 2006 an, dem Jahr vor der großen Finanz- und Wirtschaftskrise.

Abgesehen von einer Gerechtigkeitsdebatte, die man nun führen könnte - und die manch einer wahrscheinlich Neid-Debatte nennen würde - stellt sich die Frage nach dem Warum. Einfache Antwort: Die Boni der Banker sind gestiegen, weil es den Banken gut geht. Wenn Aktienkurse, Währungen und andere Anlagemöglichkeiten stark im Wert schwanken, können Händler höhere Gewinne einstreichen, sie können schließlich nicht nur auf steigende, sondern auch auf fallende Kurse setzen.

Besser lief es im vergangenen Jahr für die Wall-Street-Banken auch bei Gebühren für Vermögensmanagement und für Dienstleistungen rund um Fusionen und Übernahmen. Laut der New Yorker Datenerhebung des staatlichen Rechnungsprüfers setzte die Finanzbranche im vergangenen Jahr 153 Milliarden Dollar um, 4,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch die Gewinne sind gestiegen. "Die starke Steigerung der Profitabilität in den letzten zwei Jahren zeigt, dass die Branche auch mit den nach der Finanzkrise verabschiedeten Regelungen und Verbraucherschutzmaßnahmen erfolgreich sein kann", sagte der New Yorker Rechnungsprüfer Thomas DiNapoli.

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Den Banken hilft allerdings, dass US-Präsident Donald Trump einige der strengen Auflagen wieder abschafft, die sein Vorgänger eingeführt hat, um zu verhindern, dass die Branche eine ähnliche Krise verursacht wie vor gut zehn Jahren. Erst vor zwei Wochen hatte der Senat für eine Gesetzesvorlage gestimmt, die die Lockerung von Vorschriften für kleine und mittelgroße Banken vorsieht und sie von dem sogenannten "Dodd-Frank"-Gesetzeswerk ausnimmt. Die Reform aus dem Jahr 2010 verbot den Banken unter anderem den riskanten Handel auf eigene Rechnung, ist aber noch immer nicht komplett umgesetzt.

Trump hat mit Randal Quarles außerdem einen Mann auf den Posten des obersten Bankenaufsehers installiert, der als Gegner strenger Bankenaufsicht gilt. Als Leiter der Verbraucherschutzbehörde für Finanzprodukte (Consumer Financial Protection Bureau) setzte er Mick Mulvaney ein, einen der schärfsten Kritiker der Institution. "Das Consumer Financial Protection Bureau war ein totales Desaster", schrieb Trump Ende 2017 bei Twitter. "Die Finanzinstitute sind zerstört und nicht in der Lage, der Öffentlichkeit zu dienen. Wir werden sie wieder zum Leben erwecken!"

Die Höhe der Boni trägt auch zur wirtschaftlichen Ungleichheit bei

Noch immer arbeiten rund sechs Prozent weniger Menschen in den New Yorker Banken als vor der Finanzkrise 2007, zuletzt gab es 176 900 Jobs. DiNapoli schätzt aber, dass fast jeder zehnte Arbeitsplatz in der Stadt direkt oder indirekt mit der Wertpapierindustrie verbunden ist. Das durchschnittliche Gehalt, einschließlich Boni, in der Industrie der Stadt lag im Jahr 2016 bei 375 200 Dollar, neuere Zahlen gibt es nicht. Das ist fünfmal mehr als der Rest der Mitarbeiter von Privatunternehmen in der Stadt. Fast ein Viertel der Banker verdienten mehr als 250 000 Dollar, verglichen mit gerade einmal zwei Prozent in der übrigen Belegschaft der Stadt.

Mit dem Geld, das den vergleichsweise wenigen Wall-Street-Bankern als Bonus ausgeschüttet wurde, könnte man die jährlichen Minigehälter der 3,4 Millionen Fast-Food-Arbeiter der USA auf einen Mindestlohn von 15 Dollar pro Stunde anheben, rechnete der linksgerichtete Think Tank Institute for Policy Studies vor. "Die massive Höhe der Wall-Street-Boni ist nicht nur deshalb beunruhigend, weil sie zur wirtschaftlichen Ungleichheit in diesem Land beiträgt", sagte Sarah Anderson, die Gehälterforscherin des Instituts. "Es ist auch ein Zeichen dafür, dass die rücksichtslose Bonuskultur der Wall Street, die zur Finanzkrise 2008 beigetragen hat, weiter floriert. Und während wir immer noch darauf warten, dass die Reformen des Dodd-Frank-Gesetzes von 2010 umgesetzt werden, ist der Kongress damit beschäftigt, die Finanzindustrie wieder zu deregulieren."

© SZ vom 28.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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