Banken unter Druck:Wo es hakt

Die Banken erleben, was der Einzelhandel schon kennt: Der Kunde kommt ins Geschäft, kauft dann aber im Internet. Andere setzen auf Plattformen und Schnittstellen, um digital mitzuhalten. Denn Bargeld wird immer seltener genutzt.

Von Bastian Brinkmann

Funktioniert das Bankgeschäft eher wie ein Schuhladen oder eher wie ein Suchmaschinenbetreiber? Die Schuh-Lehre vertrat Hermann Merkens, Vorstandsvorsitzender der Aareal Bank, die Immobilien finanziert. Denn für beide Branchen gelte: Der Bedarf an persönlicher Beratung ist da. "Banken werden auch künftig ihre Daseinsberechtigung haben", sagte Merkens auf dem SZ-Gipfel. Aber Schuhläden ebenso wie Banken stehen vor dem Problem, dass Kunden gerne mal vorbeischauen und neue Sneaker oder einen Wohnkredit probetragen, dann aber lieber online bestellen beziehungsweise abschließen. Die Frage ist also, so Merkens: "Wie bekomme ich diesen Beratungsbedarf monetarisiert?"

Die Gegenthese - Banken sind eher wie Google - symbolisierte der Zahlungsdienstleister Visa. Der Konzern habe eine Plattform freigeschaltet, auf die sich andere Finanzkonzerne draufschalten können, erzählte Albrecht Kiel, der Visa-Chef für Zentraleuropa. Programmierschnittstellen, die sogenannten APIs, seien entscheidend, um die Digitalangebote zu verknüpfen. Visa ist also ins Geschäft der Digitalplattformen eingestiegen, wie die Silicon-Valley-Konzerne, die am liebsten überall alles anschließen würden. Aber ist das dann noch Marktwirtschaft, wenn sich sehr viele Finanzkonzerne die gleiche API teilen? "Das kann die Konkurrenz sogar anfachen", sagte Kiel. Denn ausschlaggebend sei es, sich anschließend am besten auf die Kunden auszurichten. Wer das schafft, der gewinnt.

20 Dollar cash für einen US-Trip? Reicht locker. Ganz anders ist es hierzulande

Immobilienfinanzierer Merkens blieb skeptisch. Deutsche Banken könnten nicht heute Nachmittag in die Garage gehen und sagen, sie hätte da was erfunden und Google angreifen. "Da muss man schon realistisch sein", sagte der Aareal-Chef. Als Aufgeben ohne Anzufangen will er das jedoch nicht verstanden wissen.

"Wir Banken sind nicht schnell genug", gestand Karsten Traum, der Bereichsleiter Unternehmensentwicklung bei der DKB, einer Tochter der Bayerischen Landesbank. Denn alle Angebote offline wie online nützen nichts, wenn die Bankkunden nicht zugreifen, das regelt der Markt: "Am Ende entscheidet der Kunde, wie er bezahlen will." Das gelte auch für das langsame Schwinden des Bargelds aus deutschen Portemonnaies. Traum ist skeptisch, ob der Staat Bargeld regulieren sollte, die Menschen würden ja eh schon immer häufiger digitales Bezahlen wählen.

Online-Bezahlen beschäftigt auch Miriam Wohlfarth. Sie ist Gründerin von Rate Pay, einem sogenannten Fintech, also einem Start-up aus der Finanzbranche, wobei das Unternehmen schon zehn Jahre alt und somit kein junges Start-up mehr ist. 2009 sei eine Finanzgründung noch fast als Anhängsel des Online-Handels betrachtet worden, erzählte sie. Mittlerweile werden Fintechs wie N26 mit Milliarden bewertet. Wohlfarth hat letztens ihr eigenes Bargeld-Experiment veranstaltet. Mit nur 20 Dollar cash fuhr sie in die USA, zwölf Tage verbrachte sie dort - und rührte ihre 20 Dollar nicht an, die nahm sie wieder heim. Alles ging mit Karte. Davon ist Deutschland weit entfernt.

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