Süddeutsche Zeitung

Finanzindustrie:Banken profitieren auch in der Energiekrise von Staatshilfen

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In den Bankentürmen lobt man inzwischen sogar die Tatkraft der Bundesregierung. Die Erwartung ist, dass die Steuerzahler bei der Gaskrise den Großteil der Rechnung übernehmen werden, genauso wie in der Pandemie.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Man sei "mit der Gießkanne" unterwegs gewesen, kritisierten am Montag einige Ökonomen das jüngste Hilfspaket der Bundesregierung. Die Entlastung bei Strompreisen käme zum Beispiel auch Haushalten mit höheren Einkommen zugute, lautet ein Vorwurf. Aber nicht nur vermögende Privathaushalte profitieren von den staatlichen Hilfen in der Energiekrise: Die Schutzschirme gegen die Gaskrise helfen indirekt auch den Banken. Am augenfälligsten ist das bei Uniper. Als der Gasversorger vergangene Woche weitere vier Milliarden Euro an Hilfskrediten beantragte, "erwähnte er einige große Nutznießer dieses Schrittes nicht", schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg und ergänzte: "Seine Banken."

Tatsächlich hat der Konzern bei 16 Banken Kredite in Höhe von insgesamt 1,8 Milliarden Euro ausstehen - etwa bei der Deutschen Bank, der Bayern-LB, der Commerzbank oder auch bei internationalen Banken wie der französischen BNP Paribas oder Goldman Sachs. Hinzu kommen Anleihen, die Uniper am Kapitalmarkt platziert hat. Sie alle, die Banken und Investoren, profitieren nun freilich davon, dass der Staat den Versorger aufgefangen hat, zunächst mit 15 Milliarden Euro - nun kam noch ein Schnaps obendrauf. Auch wenn öffentlich nicht bekannt ist, wie sich das Kreditpaket auf die einzelnen Institute verteilt: Eine Pleite hätte bei den geldgebenden Banken sichtbare Löcher in die Bilanz gerissen.

In den Bankentürmen lobt man inzwischen - zumindest dann, wenn die Aktionäre lauschen - ganz offen die Tatkraft der Bundesregierung. Dabei widersprechen zu normalen Zeiten derlei Eingriffe dem ordnungspolitischen Selbstverständnis der meisten Bankchefs. Nun aber verweisen die Manager recht deutlich auf die Hilfen der Bundesregierung, schließlich haben die Aktienkurse der Banken in den vergangenen Wochen ordentlich nachgegeben - zuversichtliche Aussagen können da nicht schaden.

Banken legen weniger für faule Kredite zurück

Die Erwartung ist ja auch durchaus, dass die Steuerzahler bei der Energiekrise den Großteil der Rechnung übernehmen werden, genauso wie in der Pandemie. Bettina Orlopp, die Finanzchefin der Commerzbank, sagte unlängst zu Analysten: "Wir sind davon überzeugt, dass es irgendeine staatliche Maßnahme geben wird, wenn Russland seine Erdgasexporte nach Europa stoppen sollte." Man habe sich gar nicht erst die Mühe gemacht auszurechnen, wie sehr man die Rückstellungen ohne Staatshilfe erhöhen müsste. Ein solches Szenario sei einfach nicht realistisch, so Orlopp. Die Bank erwartet neue Rettungsprogramme, wenn es darauf ankommt, "weil sie sich während der Corona-Pandemie als sehr effizient erwiesen haben". Auch Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing ist sich sicher, dass die Regierungen in einer wirtschaftlichen Notlage "einspringen" würden.

Folgerichtig macht sich die unsichere wirtschaftliche Lage in den Geschäftsergebnissen der meisten deutschen Geldhäuser daher noch nicht bemerkbar: Selbst im zweiten Quartal, als sich die Energiekrise noch einmal deutlich verschärft hatte, erhöhten viele Banken nicht etwa ihre Rückstellungen für faule Kredite, sondern reduzierten sie im Vergleich zum Vorjahr sogar deutlich.

Bereits in der Corona-Krise hat die Finanzbranche indirekt von staatlichen Hilfen profitiert. Um massenhafte Firmenpleiten zu verhindern, hatte der Bund über die Förderbank KfW staatlich garantierte Kredite für etwa 50 Milliarden Euro vergeben lassen. Und zwar an Tausende von Mittelständlern, aber auch an Konzerne wie Tui und Lufthansa. Deren Insolvenz hätte ebenfalls Löcher in Bankbilanzen gerissen, weswegen es dem Bund wohl auch darum ging, eine Bankenkrise zu verhindern. Die EZB sprang zudem mit Krediten ein, die nicht voll getilgt werden müssen. Schön für die Banken: Auflagen gibt es für die Geldhäuser keine. Anders als in der Finanzkrise oder bei den geretteten Unternehmen drohen keine neuen Einschränkungen für Boni oder der Dividenden.

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