Süddeutsche Zeitung

Banken:Steuertrick sparte Milliarden

Zahlreiche Geldhäuser weltweit haben den Finanzbehörden geschadet. Auch die Commerzbank, die in der Finanzkrise mit Steuergeldern vor der Pleite bewahrt worden war.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Deutsche Banken haben den Fiskus in den vergangenen Jahren mit einem Steuertrick offenbar um Milliarden Euro gebracht, berichteten der Bayerische Rundfunk, das New Yorker Recherchebüro ProPublica und andere Medien. Besonders aktiv sei die Commerzbank gewesen. Das ist pikant, weil der deutsche Staat das Institut in der Finanzkrise vor der Pleite gerettet hat und bis heute an der Bank beteiligt ist. Die Commerzbank erklärte am Dienstag, sie stelle sicher, dass ihre Handelsgeschäfte im Einklang mit dem geltenden Recht stehen.

Die Fachwelt bezeichnet diesen Steuertrick als "Dividendenstripping" oder Cum-Cum-Geschäfte. Hier geht es um Steuervermeidung. Ausländische Aktionäre müssen auf ihre Dividendeneinnahmen pauschal 15 Prozent Steuer zahlen. Um diese Steuer zu umgehen, verleihen sie ihre Aktienpakete kurz vor dem Dividendenstichtag an einen deutschen Investor, der weniger Steuern zahlen muss. Dem Handelsblatt zufolge schwillt das Volumen verliehener Aktien deutscher Unternehmen vor einem Dividendenstichtag bis auf das Neunfache an. Die gesparte Steuer teilen sich beide Partner. Vor allem große Fonds wie Blackrock und Vanguard machten sich das zunutze, hieß es. Vanguard spreche von einer "weit verbreiteten Praxis".

Neben den Cum-Cum-Geschäften stehen auch die Cum-Ex-Geschäfte in der Kritik. Hier geht es um Steuerdiebstahl durch Banken, die sich durch den Handel von Aktien mit Dividende (cum) und Aktien ohne Dividende (ex) mehrfach Steuern haben erstatten lassen, die gar nicht bezahlt wurden. Der Schaden für den Fiskus wird auf bis zu zehn Milliarden Euro geschätzt. Bei diesen Fällen laufen Ermittlungen der Strafverfolger. Mit einer ersten Anklage wird im zweiten Halbjahr gerechnet.

Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick kritisierte die Beteiligung der Commerzbank an den Cum-Cum-Geschäften: "Ich finde, eine Bank, die vom Steuerzahler gerettet worden ist und an der der Staat immer noch mit einem großen Anteil beteiligt ist, muss andere Maßstäbe anlegen und darf auf keinen Fall zu Lasten des Steuerzahlers solche Geschäfte machen", sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Die Commerzbank habe zwischen 2013 und 2015 rund 250 Mal Veränderungen von Anteilen bei deutschen Aktiengesellschaften wie Adidas und Siemens gemeldet. Etwa 80 Prozent der Fälle ereigneten sich rund um die Auszahlung der Dividende.

In den Unterlagen zu den Cum-Cum-Geschäften fänden sich auch Institute wie die Deutsche Bank, SEB, Barclays, JPMorgan, Goldman Sachs, UBS, Morgan Stanley und Citigroup. Es gehe um "Tausende umstrittene Aktiendeals". Den Finanzbehörden könnten auf diese Weise seit dem Jahr 2011 jedes Jahr etwa eine Milliarde Euro entgangen sein.

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SZ vom 04.05.2016
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