Banken: Poker um Schaeffler:Gruppenbild ohne Dame

Großbanken, der Staat und im Hintergrund lauernde Finanzinvestoren: Die Krise bei Schaeffler ist ein Politikum. Die Alteigentümerin verliert die Macht.

Hans-Jürgen Jakobs

Sie ist das Symbol für die Krise geworden: eine erfolgreiche Unternehmerin, die einmal nach angelsächsischem Vorbild "Heuschrecke" spielen und einen viel größeren Dax-Konzern erobern wollte. Jetzt ist Maria-Elisabeth Schaeffler, 67, nach Lage der Dinge nicht mehr Herrin im eigenen Haus.

Banken: Poker um Schaeffler

Maria-Elisabeth Schaeffler - die Banken erhöhen den Druck. Und zwar massiv.

(Foto: Foto: AP)

Der Anteil der "Kugellager-Lady" aus Herzogenaurach an ihrer - mit der Continental AG fusionierten - Schaeffler-Gruppe dürfte schon bald auf eine Minderheitenposition fallen. Der Großteil ihres Vermögens ist weg. Die Macht halten die von ihr für das Conti-Takeover gerufenen Banken - doch dieses Konsortium hat in der aktuellen Weltwirtschaftskrise selbst gewaltige Probleme.

Ruf nach dem Staat

Nach Informationen aus dem Firmenumfeld wird gegenwärtig darüber diskutiert, dass die involvierten Großinstitute Royal Bank of Scotland (RBS) und Commerzbank ihre Kredite an Schaeffler-Conti in Anteile, also Eigenkapital, umwandeln. Dann wären sie als Großaktionäre auch formal am Steuerrad. Der Staat soll sich bei der Rettung - über Milliarden-Bürgschaften - ebenfalls engagieren, um einen volkswirtschaftlich wichtigen Sektor zu erhalten.

Die Commerzbank hat - zusammen mit der von ihr übernommenen Dresdner Bank - fünf Milliarden Euro im Feuer stehen; der Bund ist hier inzwischen über den Sonderfonds Soffin mit 25,1 Prozent größter Aktionär. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) registrieren aufmerksam die News aus Herzogenaurach. Die Royal Bank of Scotland wiederum hat Schaeffler 2,5 Milliarden Euro geliehen.

Als Druckmittel setzen die Bankmanager, offenbar vor allem die britische Bank RBS, nach Informationen von sueddeutsche.de einen Verkauf ihrer Forderungen an Finanzinvestoren ein. Die würden dann klar auf eine Zerschlagung des fränkischen Autozulieferers setzen. Der Meistbietende bekäme dann für die Einzelteile den Zuschlag.

Finanzchef vor der Abfindung

In dieser schwierigen Lage soll ein neuer Finanzchef bei Schaeffler und Conti nach dem Rechten sehen. Bei Conti ist der nominelle Vorstand Alan Hippe bereits gegangen, bei Schaeffler soll der offiziell noch amtierende Finanzchef Thomas Hetmann zur Diskussion stehen. Die Schaeffler-Gruppe hat derzeit bei neun Milliarden Euro Jahresumsatz einen Schuldenstand von zwölf Milliarden. Monatlich müssen 70 Millionen an Zinsen gezahlt werden.

Da liegt es nahe, dass ein erfahrener Finanzmann von außen in den nächsten Monaten Klarheit ins Finanzchaos bringen soll.

Vorstandschef Jürgen Geißinger arbeitet dem Vernehmen nach mit den Banken an einem neuen Konzept - inklusive der Aufnahme neuer Partner und Investoren. Vor rund einem halben Jahr hat er die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young gebeten, an dem Rettungsplan mitzuarbeiten. Die alte Eigentümerin Schaeffler wird dabei wohl keine tragende Rolle mehr spielen.

Demo für Schaeffler

Unter dem Motto "Auch wir sind Schaeffler" wollen Beschäftigte des schwer angeschlagenen fränkischen Autozulieferers am Mittwoch für ihre Jobs demonstrieren. Am Schaeffler-Stammsitz in Herzogenaurach werden bis zu 5000 Teilnehmer erwartet; auch in Schweinfurt und im mittelfränkischen Höchstadt/Aisch sind Aktionen geplant.

Angesichts der vom Staat geforderten Milliarden-Bürgschaften sind frühere Staatshilfen für die in finanzielle Turbulenzen geratene Schaeffler KG geradezu Kleingeld: In den vergangenen Jahren flossen knapp 1,9 Millionen Euro Subventionen vom Bund. Das ermittelte die FDP, die eine Anfrage an das Bundeswirtschaftsministerium gestellt hatte.

Demnach zahlte der Bund 2008 im Rahmen des Programms "Verbesserung der regionalen Infrastruktur" knapp 1,1 Millionen Euro an die Schaeffler-Tochter INA Drives & Mechatronics für die thüringischen Standorte Suhl und Rohr; zudem erhielt die Schaeffler KG selbst zwischen 2001 und 2008 rund 766.000 Euro vom Bund im Rahmen des Projekts "Intelligenter Radsatz 2000 Plus".

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Gudrun Kopp sieht darin "den Beweis, dass Subventionen ineffektiv und nicht nachhaltig sind". Das dürften die an der Rettung von Schaeffler beteiligten Banken und Politiker anders sehen.

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