Banken:"Mein Name ist Furt, Frank Furt"

Banken: Manche der Brexit-Banker müssen erst lernen, wie man Frankfurt buchstabiert.

Manche der Brexit-Banker müssen erst lernen, wie man Frankfurt buchstabiert.

(Foto: Stefan Oelsner/action press)

Die Stadt am Main profitiert vom Brexit, doch sie muss mehr kämpfen als gedacht.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Londoner Brexit-Banker, die wissen möchten, was sie im Falle eines Umzugs nach Frankfurt dort erwartet, können sich einen kurzen Zeichentrickfilm zu Gemüte führen. Ein junger Mann, er hört auf den Vornamen Frank und den Nachnamen Furt, versucht eine junge Frau mit den Vorzügen seiner Heimatstadt zu beeindrucken. Viel zu häufig werde die Main-Metropole als rückständig, provinziell und engstirnig charakterisiert, klagt er, dabei könne es Frankfurt in Wahrheit mit anderen Weltmetropolen aufnehmen.

Die Macher - "mein Name ist Furt, Frank Furt" - mussten Spott ertragen. Doch der Streifen dokumentiert, wovor mancher hier die größte Angst hat: nämlich zu wenig vom Brexit-Kuchen abzukriegen, weil es welterfahrene Banker mit London-Hintergrund am Main zu piefig finden könnten. "Die Stadt kämpft immer noch mit einem Geflecht aus Vorurteilen, Mythen und überholten Klischees", klagte die Finanzplatzinitiative Frankfurt Main Finance zur Vorstellung des Werbefilms.

Die Finanzbranche bereitet sich seit über zwei Jahren auf Großbritanniens Austritt aus der EU vor. Mit der City of London wird das wichtigste Finanzzentrum Europas durch den Brexit an Bedeutung verlieren. Wenn die dort ansässigen internationalen Banken ihr Geschäft in den dann 27 EU-Staaten fortsetzen möchten, müssen sie Dependancen auf dem Kontinent eröffnen. Die Europäische Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) hat klargestellt, dass sie keine Briefkastenfirmen dulden wird. Deshalb müssen Personal und Kapital verlagert werden. Inzwischen haben rund 40 Banken und Broker eine Lizenz für ihre Geschäfte in der Eurozone erhalten oder beantragt, etwa 30 davon haben sich für Frankfurt als Zentrale entschieden. Das ist doch was, auch wenn diese Zahlen natürlich nur noch wenig mit den riesigen Erwartungen zu tun haben, die direkt nach der Volksabstimmung in Großbritannien, im Frühsommer 2016, in der deutschen Bankenstadt geschürt wurden.

Optimisten wie Frankfurt Main Finance rechnen immer noch mit 10 000 Stellen, die aus London nach Frankfurt verlagert werden könnten. Es gibt aber auch demütigere Schätzungen. "Bis Ende 2020 rechnen wir für Frankfurt mit einem brexitbedingten Zuwachs von rund 4000 Bankern, von denen mehr als die Hälfte von ausländischen Instituten generiert werden dürfte", schreibt die Landesbank Hessen-Thüringen in einer Studie. Abzüglich der wegfallenden Jobs bedeute dies einen Beschäftigungszuwachs von fast 1800 Bankern.

Frankfurt hat Konkurrenz bekommen. Inzwischen werben auch andere Städte um die Brexit-Beute. Paris, Dublin, Mailand. Jeder lockt mit Angeboten, mal steuerlicher Art, mal arbeitsrechtlicher Natur, mal kulturell. Paris liegt gut im Rennen, schon allein deshalb, weil es Paris ist und erfolgreiche Menschen gerne in Paris leben - häufig lieber als in Frankfurt. Die Hessen werben mit den im internationalen Vergleich relativ günstigen Büromieten und dem "reichhaltigen Freizeitangebot". Die Landesbank Hessen-Thüringen verweist auf das Ergebnis ihre Untersuchung der großen Finanzzentren Europas. Dort heißt es kurz und knapp: "London vor Frankfurt vor Paris." Doch ob das reicht?

Wie gut Frankreich seine Interessen vertritt, zeigte sich vor einem Jahr, als Paris den Zuschlag für die Europäische Bankenaufsicht Eba erhielt, auf die in Frankfurt viele gehofft hatten. Die Behörde muss London nach dem Brexit verlassen. Sie gehört mit der Finanzmarktaufsicht Esma und der Versicherungsaufsicht Eiopa zu den drei Aufsichtsgremien, die die EU nach der Finanzkrise gegründet hat.

Die Eba hätte gut zur in Frankfurt ansässigen EZB gepasst. Doch jetzt gehen die 200 Eba-Mitarbeiter nach Paris, was Befürchtungen ausgelöst hat, dass irgendwann die EZB-Bankenaufsicht mit ihren 1000 Arbeitsplätzen aus Frankfurt nach Frankreich umsiedeln könnte. Allein die Debatte über eine Verschmelzung der beiden Behörden führt dazu, dass sich Londoner Banken bei ihrer Standortwahl breit aufstellen - und nicht nur auf Frankfurt setzen.

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