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Banken:Märkte zittern vor möglichem Negativzins der EZB

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Kommt die Strafzahlung für Banken? Die EZB erwägt offenbar einen negativen Zinssatz, schreibt die Nachrichtenagentur Bloomberg. Die Finanzmärkte reagieren nervös.

Die Europäische Zentralbank (EZB) erwägt offenbar erstmals in ihrer Geschichte ernsthaft einen negativen Zins, zumindest meldet dies die Nachrichtenagentur Bloomberg. Sie beruft sich auf zwei mit den Debatten in der Notenbank vertrauten Personen.

Die anonymen Quellen berichten demnach, der unter dem Leitzins liegende sogenannte Einlagesatz könnte sinken - von derzeit 0,0 Prozent auf -0,1 Prozent. Dies käme de facto einem Strafzins für jene Banken gleich, die Geld wegen der andauernden Vertrauenskrise im Finanzsektor lieber sicher bei der EZB parken anstatt Kredite an andere Institute oder Firmen und Haushalte zu vergeben. Eine Sprecherin der EZB wollte den Bericht nicht kommentieren.

Die Währungshüter hatten Anfang November ihren Leitzins auf das Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt. Der EZB-Rat entscheidet Anfang Dezember das nächste Mal über die Zinsen.

EZB-Chef Mario Draghi hatte kürzlich erklärt, die Zentralbank sei technisch bereit für negative Zinsen. Der deutsche EZB-Direktor Jörg Asmussen hatte erst am Dienstag gesagt, negative Zinsen seien grundsätzlich eine Option, die die EZB einsetzen könne. "Aber ich wäre mit diesem Instrument in der Tat sehr, sehr vorsichtig - will es aber nicht grundsätzlich ausschließen."

Negativer Einlagezinsen hat sich in den vergangenen Jahren die dänische Zentralbank bedient, mit wenig Erfolg. Anstatt wie beabsichtigt den Kreditfluss zu beleben, passierte genau das Gegenteil, weil die Banken den Strafzins auf ihre Kreditzinsen, die sie von den Kreditnehmern verlangte, aufschlug.

In Kreisen des Euro-Systems, also der EZB und der ihr angeschlossenen 17 Notenbanken der Euro-Länder, wurde deshalb am Mittwoch abermals vor unerwünschten Nebenwirkungen gewarnt. Die EZB, die nationalen Notenbanken und auch die Geschäftsbanken hätten ihre technischen Systeme zwar inzwischen für den möglichen Einsatz negativer EZB-Zinsen umgestellt, "aber im Gegensatz zum Frühjahr, als über diese Option heftig nachgedacht wurde, hat der Appetit darauf zuletzt abgenommen", sagte ein Notenbanker der Nachrichtenagentur Reuters.

An den Finanzmärkten sorgte der Bericht für Nervosität und setzte den Euro deutlich unter Druck. Er fiel nach Bekanntwerden der Bloomberg-Meldung deutlich, auf ein Tagestief von 1,3453 Dollar.

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