Banken in Deutschland:Kampf um Kunden und Kredite

Wertberichtigungen und dramatische Verluste: Mit diesen Nachrichten steht die HypoVereinsbank nicht allein. Die schwache Konjunktur und die große Konkurrenz bringen Banken zunehmend in Schwierigkeiten.

Von Lothar Gries

Nur eine Woche vor der Hiobsbotschaft der Hypovereinsbank musste die Deutsche Bank, das mit Abstand größte Geldhaus hierzulande, einen Gewinneinbruch im vierten Quartal 2004 von 600 Millionen Euro bekannt geben. Das Institut will noch einmal 5000 bis 6000 Stellen streichen und muss den von dieser Maßnahme besonders betroffenen Investmentbankern hohe Abfindungen zahlen.

Ähnliche Belastungen treffen auch die Commerzbank. Weil das unter hohen Verlusten leidende Investmentbanking erheblich verkleinert werden soll - hier fallen 900 Stellen weg - entstand im dritten Quartal ein Verlust von 200 Millionen Euro. Auch die zum Allianz-Konzern gehörende Dresdner Bank hat ihren 2003 beschlossenen, zusätzlichen Stellenabbau noch nicht beendet.

Krise nicht überwunden?

Haben die deutschen Großbanken trotz jahrelanger Sparprogramme und Umstrukturierungen, denen bereits mehrere Zehntausend Arbeitsplätze zum Opfer fielen, die Krise, die vom Zusammenbruch der Aktienmärkte 2001 ausgelöst wurde, noch immer nicht überwunden?

Tatsächlich leiden die Geldhäuser unter der anhaltend schleppenden Konjunktur im Inland. Die im internationalen Vergleich rückläufigen Investitionen der deutschen Wirtschaft dämpfen nicht nur das allgemeine Wachstum. Sie erschweren auch das Geschäft der Banken, drücken die Einnahmen und schmälern folglich die Gewinne.

Dies gilt besonders für die Beziehungen zu Firmenkunden. Während das einst lukrative Geschäft mit Börseneinführungen im Gegensatz zum Ausland noch immer darniederliegt, ist der Wettbewerb um die Vergabe von Krediten um so heftiger. In diesem Bereich lassen sich allerdings wegen den zahlreichen Anbietern aus Großbanken, den öffentlich-rechtlichen Landesbanken und Sparkassen sowie den Volks- und Raiffeisenbanken kaum noch einträgliche Renditen erwirtschaften.

Deutschlands oberster Bankenaufseher, Jochen Sanio, warnte kürzlich gar vor einem Wettbewerb mit desaströsen Ausmaßen. Die niedrigen Kreditzinsen deckten die Risiken nicht angemessen ab. Die Warnung kommt nicht von ungefähr.

Hatte doch gerade die unvorsichtige und allzu großzügige Vergabe von Krediten in den 90er Jahren vielen Banken Verluste in Milliardenhöhe beschert: Viele Firmen hatten wegen der Konjunkturflaute aufgeben müssen und konnten ihre Darlehen nicht mehr zurückzahlen.

Zwar haben die Konzerne aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und ausgetüftelte Kontrollmechanismen aufgebaut, um die Risiken praktisch jedes Unternehmens genau einschätzen zu können. Doch der Kampf um die Kunden tobt immer heftiger, weil inzwischen auch ausländische Banken auf diesen Markt drängen.

Sie nutzen die Schwäche der heimischen Institute, die sich zeitweise aus dem Kreditgeschäft zurückziehen mussten, um ihre Bilanzen zu bereinigen.

Ähnlich sieht es auch im Privatkundengeschäft und in der Immobilienfinanzierung aus. Zu viele Banken buhlen in Deutschland um die Gunst der Kunden. Trotzdem kommt die seit Jahren vor allem von einigen Großbanken geforderte Konsolidierung des heimischen Bankenmarktes nicht voran. Außer dem Zusammenschluss zwischen Hypobank und Vereinsbank Ende der 90er Jahre sind bisher alle Fusionsversuche zwischen deutschen Großbanken gescheitert.

Keine Bereinigung des Marktes

Eine Bereinigung des Marktes nach italienischem Vorbild, wo private Geldhäuser mit Sparkassen zu schlagkräftigen Finanzkonzernen vereint wurden, ist in Deutschland nicht möglich. Länder und Kommunen weigern sich beharrlich, die in ihrem Besitz befindlichen Landesbanken und Sparkassen zu veräußern.

Dabei hinken die meisten deutschen Großbanken der internationalen Konkurrenz bereits weit hinterher. Zwar dürften außer der HVB die beiden anderen Häuser Commerzbank und Dresdner Bank im vergangenen Jahr wieder Gewinne erwirtschaftet haben. Doch die Kosten des eingesetzten Kapitals wollen sie erst im laufenden Jahr verdienen.

Dies entspricht einer jährlichen Rendite von acht bis zehn Prozent, während die meisten ausländischen Banken 20 Prozent und mehr erreichen. Zum Vergleich: die französische Großbank BNP-Paribas hat in den ersten neun Monaten 2004 mehr verdient als alle deutschen Großbanken zusammen. Diese schwachen Ergebnisse haben die heimischen Institute zwar bisher davor bewahrt, von ausländischen Konkurrenten übernommen zu werden.

Eine aktive Rolle bei der Konsolidierung des europäischen Bankenmarktes werden sie aber auf absehbare Zeit nicht spielen können.

Einzig der Deutschen Bank ist es bisher gelungen, ihre herausragende Stellung zu behaupten. Durch den systematischen Ausbau des Investmentbankings hat sie es geschafft, sich vom hiesigen Markt abzukoppeln und erwirtschaftet drei Viertel ihrer Gewinne im Ausland.

Doch auch dem Branchenprimus gelingt es nicht, ohne weitere Einsparungen und den damit verbundenen Abbau von Stellen die für dieses Jahr angepeilte Rendite von 25 Prozent vor Steuern zu erzielen.

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