Banken:In der Dauerkrise

Commerzbank

Wo bleiben sie bloß, die höheren Zinsen? Sie wollen einfach nicht steigen und machen den deutschen Kreditinstituten das Leben schwer.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Wirtschaftlich mag Deutschland bedeutend sein, in der internationalen Finanzbranche sind die heimischen Institute jedoch längst mehr als abgehängt. Nun wird der Ruf nach Fusionen wieder lauter.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

John Cryan sieht müde aus an diesem Mittwochmorgen. Die Falten unter den Augen graben sich noch tiefer ins Gesicht als sonst. Seine Miene wirkt sorgenvoll. Ab und an lächelt der Deutsche-Bank-Chef, aber das scheint eher gequält zu sein.

Es ist sein erster öffentlicher Auftritt seit Monaten, eine Konferenz des Handelsblatts in Frankfurt. Sie markiert alljährlich das Ende der Sommerpause in der Bankenstadt. Nicht nur Cryan spricht, sondern auch der neue Commerzbank-Chef Martin Zielke und Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon. Von Aufbruch aber ist wenig zu spüren, am wenigsten bei Cryan.

Die Suche nach tragfähigen Geschäftsmodellen wirkt zunehmend verzweifelt

Seit Juli 2015 ist der 55-jährige Brite Vorstandschef der Deutschen Bank, die in ihrer vielleicht größten Krise steckt. Seine Hände bleiben gefaltet auf dem Manuskript liegen, während er spricht, sein Daumen scheint gar ein wenig zu zittern. "Dieses Jahr hatten wir die Sommerpause alle besonders nötig", sagt er und bringt damit gleich zu Beginn seine Botschaft rüber: Die Deutsche Bank ist nicht alleine mit ihren Problemen. "Wir" haben ein Problem. Auch viele anderen Institute hätten zu kämpfen, in Europa, weltweit. Die niedrigen Zinsen machten nahezu allen europäischen Banken schwer zu schaffen, "von den internationalen Großbanken bis hin zu den Sparkassen und Volksbanken hier in Deutschland".

Tatsächlich aber haben vor allem die deutschen Banken ein Problem, besonders die beiden großen Häuser, Deutsche Bank und Commerzbank. Ganz gleich ob mit Blick auf ihren Börsenwert oder die Renditen: Im internationalen Vergleich sind die beiden Institute in den vergangenen Monaten immer weiter zurückgefallen, noch weiter und schneller als bereits in den ersten Jahren nach der Finanzkrise.

Zunehmend verzweifelt wirkt deren Suche nach einem tragfähigen Geschäftsmodell. Dass Cryan und Zielke - wie just am Mittwoch bekannt wird - sich jüngst sogar lose über eine Fusion unterhalten hatten, ist womöglich Ausdruck dieser großen Ratlosigkeit. Immerhin aber lässt die Nachricht gleich am Vormittag die Aktienkurse der beiden Häuser zur Abwechslung einmal kräftig steigen, auch wenn eine Fusion zweier derart gebeutelter, zudem systemrelevanter Banken schwierig umzusetzen sein dürfte. So oder so: Wirtschaftlich mag Deutschland von großer Bedeutung sein, in der internationalen Finanzbranche spielt das Land längst keine Rolle mehr.

Viele Politiker, in Berlin und anderswo, fragen sich inzwischen, ob die Steuerzahler noch einmal Banken retten müssen. Oder ob der deutsche Bankenmarkt nicht grundlegend reformiert werden sollte. Schließlich geht es nicht nur darum, Schieflagen zu verhindern, sondern auch um die Frage, wie Unternehmen und Privatkunden weiter mit Krediten oder günstigen Bankdienstleistungen versorgt werden können. Denn das ist wichtig für das Wachstum, an dem es nach der Krise immer noch mangelt.

Dass Deutsche Bank und Commerzbank gar eine Fusion ausloten sollen, treibt die Kurse

Deutsche-Bank-Chef Cryan ist durchaus der Meinung, dass seine Probleme auch im schwierigen heimischen Bankenmarkt begründet liegen. In Deutschland gebe es "schlicht zu viele Banken", führt er in seiner Rede aus. Anders als in Spanien, Frankreich oder Nordeuropa sei es hierzulande nie zu einer großen Welle von Zusammenschlüssen gekommen. Der Wettbewerb sei hart, die Preise seien niedrig. Schuld seien auch die Sparkassen. Die nennt er zwar nicht beim Namen, verweist aber auf viele Banken, die gar nicht unter Druck stünden, attraktive Renditen erwirtschaften zu müssen, weil sie "de facto staatliche Eigentümer" hätten und sich nicht an Investorenwünschen messen müssten.

Ob solche Zusammenschlüsse auch für die Deutsche Bank sinnvoll wären, zum Beispiel durch eine Fusion mit der Commerzbank, wird Cryan gefragt. Über entsprechende Gedankenspiele hatten das Manager Magazin und Bilanz am Morgen berichtet. Knallhart dementiert Cryan die Überlegungen zwar nicht, schließlich ist es in Strategieabteilungen großer Konzerne durchaus üblich, alle Möglichkeiten zu prüfen. Auf die Frage nach einer möglichen Fusion äußert er sich jedoch sehr zurückhaltend: "Das glaube ich nicht." Er wolle die Deutsche Bank ja vielmehr verkleinern.

Dass der neue Commerzbank-Chef Zielke ähnlicher Meinung ist, überrascht wenig. Das gilt für Fusionen nicht weniger als für den Bankenmarkt. Schon seit Jahren klagen die "Gelben" und "Blauen" über die harte Konkurrenz der Sparkassen (und umgekehrt). Dass es in Deutschland zu viele Banken und Sparkassen gibt, ist im Lager der Privatbanken Gemeingut. Während man sich nach der Finanzkrise und der Teilverstaatlichung der Commerzbank aber zurückhielt mit öffentlicher Kritik an den staatsnahen Sparkassen, gewinnt die Diskussion nun wieder an Fahrt.

Auch Zielke macht aus seinem tristen Berufsalltag keinen Hehl. Es ist seine erste öffentliche Rede als Commerzbank-Chef. Zuvor war der 53-Jährige im Vorstand für das Privatkundengeschäft zuständig. Lange Jahre hätten die Banken hoch profitabel gearbeitet, Boni erwirtschaftet, bequem gelebt, sagt er: "Doch diese paradiesischen Zustände sind ein für allemal vorbei." Ende September muss er erklären, mit welcher Strategie die Commerzbank dauerhaft überleben will. Als wahrscheinlich gilt ein neues Sparprogramm.

Sparkassen-Präsident Fahrenschon schließlich kritisiert wie immer die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Fusionen hingegen hält er nicht für "ein Patentrezept", um die Probleme der Branche zu lösen. Zumindest mit Blick auf ihre eigenen Häuser dürften Zielke und Cryan innerlich zugestimmt haben.

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