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Banken - Hamburg:Warburg-Gesellschafter ziehen vor Menschenrechts-Gerichtshof

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Hamburg/Straßburg (dpa) - Die Gesellschafter der Hamburger Warburg Bank, Max Warburg und Christian Olearius, fühlen sich angesichts mehrerer Gerichtsverfahren im "Cum-Ex"-Skandal in ihren Menschenrechten verletzt und ziehen deswegen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Der Gerichtshof mit Sitz in Straßburg habe eine entsprechende "Individualbeschwerde" von Olearius und Warburg "zur Hauptsacheprüfung angenommen", teilte der Anwalt der beiden, Peter Gauweiler, am Donnerstag mit. Ein Sprecher des Gerichtshofes bestätigte auf Anfrage, dass Olearius und Warburg "einen Antrag gegen Deutschland gestellt haben und dass das Verfahren derzeit anhängig ist".

Laut Gauweiler tritt der Gerichtshof nun in das eigentliche Verfahren ein. Dieser habe die Bundesrepublik Deutschland zur Stellungnahme aufgefordert und werde gegebenenfalls eine mündliche Verhandlung anordnen. Eine Sprecherin des Bundesjustizministerium widersprach am Freitag einer Aussage Gauweilers: Es sei nicht zutreffend, dass der EGMR die Bundesregierung zu einer Stellungnahme aufgefordert habe. "Der Bundesregierung ist die Beschwerde nicht bekannt."

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist kein EU-Gericht, sondern wurde von den Mitgliedstaaten des Europarats errichtet.

Die Menschenrechtsbeschwerde zielt darauf, dass durch ein Urteil des Bonner Landgerichts aus dem Jahr 2020 sowie eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2021 "die Herren Dr. Olearius und Warburg wegen ihrer überschießenden und vorverurteilenden Festlegungen" in ihren Rechten der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt worden seien. Konkret führt Gauweiler Artikel 6 (Faires Verfahren) und Artikel 8 (Persönlichkeitsrecht) an. Denn es wurden laut Gauweiler "gegenüber den Herren Dr. Olearius und Warburg mehrmals Schuldvorwürfe im Zusammenhang mit "Cum-Ex"-Transaktionen der Jahre 2007 bis 2011 erhoben, obwohl beide zu keinem Zeitpunkt durch ein deutsches Gericht auch nur gehört wurden."

In dem genannten Bonner Urteil waren deutschlandweit die ersten Angeklagten, zwei Ex-Börsenhändler aus London, wegen "Cum-Ex"-Aktiengeschäften verurteilt worden. Der BGH hatte dies gut ein Jahr später weitgehend bestätigt. Damit wurde erstmal höchstrichterlich klargestellt, dass Aktienhändler, Investoren und Banken den deutschen Fiskus jahrelang mit undurchsichtigen "Cum-Ex"-Geschäften um Milliarden geprellt und sich damit strafbar gemacht haben.

Olearius und Warburg waren in diesen Verfahren aber nicht angeklagt. Sie hatten bereits vor dem Bundesverfassungsgericht argumentiert, dass ihre Persönlichkeitsrechte verletzt worden seien, waren damit aber gescheitert. "Auch hiergegen richtet sich die Menschenrechtsbeschwerde vor dem EGMR", so Gauweiler.

© dpa-infocom, dpa:220804-99-275843/4

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