Süddeutsche Zeitung

Banken:Finanzaufsicht knöpft sich Deutsche Bank vor

Das Geldhaus ist bei den Regeln im Wertpapierhandel offenbar weiterhin nachlässig. Die Aufseher haben diesmal vor allem Geschäfte in London im Blick.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Die Deutsche Bank wird aus Schaden offenbar nicht klug: Bereits 2015 musste das Geldhaus eine vergleichsweise hohe Strafe für verspätet abgegebene Geldwäsche-Verdachtsmeldungen an die deutsche Finanzaufsicht Bafin bezahlen; 2018 schließlich schickte die Bonner Behörde der Bank sogar einen Sonderbeauftragten ins Haus. Nun droht dem Institut neuer Ärger mit der deutschen Finanzaufsicht. Nach SZ-Informationen planen die Aufseher abermals eine Sonderprüfung bei Deutschlands größter Bank - diesmal geht es vor allem um die Einhaltung der Regeln (Compliance) im Wertpapierhandel, möglicherweise folgt ein Bußgeld. Der Bereich Kriminalitätsbekämpfung ("Anti Financial Crime") sei "in keinem guten Zustand", sagte ein Insider der SZ. Wie aus der öffentlichen Ausschreibung der Bafin hervorgeht, soll die Prüfung zwei Monate dauern und "in substanziellem Umfang" am Standort London stattfinden. Vorgesehen ist ein Budget von 300 000 Euro für mindestens sieben Experten aus dem Bereich Wirtschaftsprüfung. Die Financial Times hatte zuerst über eine drohende Sonderprüfung berichtet. Welche möglichen Verstöße genau dahinter stecken, blieb allerdings unklar. Weder die Bank noch die Bafin wollten sich dazu äußern.

Die erneute Sonderprüfung ist auch eine Blamage für Konzernchef Christian Sewing, der stets beteuert, die Bank nehme den Kampf gegen Finanzkriminalität ernst und investierte massiv. Die zuständige Abteilung sei um 200 auf 3000 Mitarbeiter aufgestockt worden, hatte Sylvie Matherat geworben, die im Vorstand der Bank bis Juli 2019 für Compliance verantwortlich war. Bei der jüngsten Neuordnung des Führungsgremiums musste sie die Bank aber verlassen; was auch an Problemen in ihrer Abteilung gelegen haben soll. Seither ist Risikovorstand Stuart Lewis verantwortlich.

Banken müssen verdächtige Transaktionen unverzüglich an die Aufsicht und die Strafverfolgungsbehörden melden, um zu verhindern, dass ihre Systeme für Geldwäsche, Terrorfinanzierung oder Insiderhandel missbraucht werden. Die Deutsche Bank kämpft seit Jahren mit Mängeln bei diesen Verdachtsmeldungen. 2015 musste das Geldhaus eine Rekordstrafe von 40 Millionen Euro an die Finanzaufsicht Bafin bezahlen, weil sie in mehr als 800 Fällen Geldwäsche-Verdachtsmeldungen zu spät abgegeben hatte. Etwa zeitgleich war herausgekommen, dass Kunden der Deutschen Bank in Russland mit Hilfe von Aktienspiegelgeschäften jahrelang Schwarzgeld von Moskau nach London transferiert hatten. Auch darauf folgte eine hohe Strafe. Unlängst wurde auch noch bekannt, dass das Institut als Korrespondenzbank der estnischen Filiale der dänischen Danske-Bank jahrelang Schwarzgeld gewaschen hatte - wahrscheinlich ohne es zu bemerken.

Auch die britischen Finanzaufseher sind unzufrieden mit der Deutschen Bank, vor allem mit Blick auf die Geldwäschekontrollen, wie die FT am Montag schrieb. Demnach verlangt die Bank of England nun einen monatlichen Bericht, wie die Bank ihre Kontrollen verbessern wolle. Bislang war ein vierteljährlicher Austausch vorgesehen. Nach SZ-Informationen geht es auch um drohende Rückstände bei der Aktualisierung von Kundenakten ("Know your Customer", KYC). Die Bank muss bis 2021 schrittweise 150 000 Kundenakten auf den neuesten Stand bringen, angefangen mit 20 000 Kunden, welche unter Geldwäsche-Gesichtspunkten besonders riskant sind. Die Überprüfung ist Teil einer größeren Übung, welche die Bafin der Bank ins Pflichtenheft geschrieben hat. Ferner hat der Konzern mit etwa 30 Kunden Geschäfte gemacht, die "unter Quarantäne" standen, weil deren Kundenakten nicht komplett waren. Ein Sprecher sagte, die Bank habe ihre wichtigsten Verpflichtungen zur Verbesserung der KYC-Kontrollen erfüllt. Zu den Quarantäne-Verletzungen hieß es: Sollten solche Verletzungen auffallen, würden diese abgestellt, alle nötigen Maßnahmen ergriffen sowie der Regulator darüber informiert.

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SZ vom 04.03.2020
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