Süddeutsche Zeitung

Banken:Commerzbank  will Filialen schließen

Kostendruck und Niedrigzinsen setzen der Großbank zu: Nun rückt die Commerzbank womöglich von ihrer Strategie ab und und erwägt die Schließung von Filialen. Jede zehnte Zweigstelle ist bedroht.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Die Commerzbank erwägt die Schließung jeder zehnten Bankfiliale in Deutschland. Im Zuge der Nachschärfung Strategie rechnet das Bankhaus dem Vernehmen nach durch, 100 bis 200 von insgesamt tausend Filialen zu schließen. Ein Insider bestätigte entsprechende Informationen von Handelsblatt und Manager Magazin. Demnach ist zwar noch nichts entschieden, eine Arbeitsgruppe in der Bank beschäftige sich aber mit der Frage, ob das Filialnetz nicht doch ausgedünnt werden könnte. Eine Entscheidung könnte auf der Strategiesitzung von Vorstand und Aufsichtsrat im September fallen. Ein Sprecher wollte sich nicht dazu äußern.

Die Commerzbank würde damit von ihrer bisherigen Filialstrategie abrücken. Während viele andere Banken und Sparkassen seit Jahren viele Zweigstellen schließen, hat die Commerzbank unverdrossen auf ein vergleichsweise dichtes Filialnetz gesetzt, veralberte dabei sogar die Konkurrenz auf einer eigens eingerichteten Internetseite ("meinebankistweg.de"). Mit ihrem Filialnetz und dem so gut wie kostenlosen Girokonto wollte die Commerzbank bis 2020 zwei Millionen zusätzliche Privatkunden anlocken. Außerdem war der Plan, bis 2022 etwa die Hälfte der Dependancen umzubauen - unter anderem zu 30 bis 40 schlankeren City-Filialen oder aber großen Flagship-Filialen. Kosten sollte der deutschlandweite Umbau rund hundert Millionen Euro - eine Investition, die sich die Commerzbank nun womöglich nicht mehr leisten kann oder will.

Immer mehr Bankfilialen verschwinden: 2018 setze sich der Trend unvermindert fort

Bis dato gelingt es der Bank zwar ganz gut, immer mehr Privatkunden anzulocken und damit die Ertragseinbußen aus der Niedrigzinsphase teilweise ausgleichen. Mit Blick auf den gesamten Konzern aber geht die Saat noch nicht auf. Allen voran die Firmenkundensparte macht Probleme. Der operative Gewinn brach im zweiten Quartal stärker ein als Analysten erwartet hatten - um ein Viertel auf 298 Millionen Euro. Wenn die Europäische Zentralbank (EZB) in Kürze auch noch die Negativzinsen weiter senkt und womöglich Kreditausfälle zunehmen, wird es ungemütlich für Deutschlands zweitgrößte Privatkundenbank. Finanzchef Stephan Engels hatte unlängst gesagt, es würde die Commerzbank pro Jahr 50 Millionen Euro kosten, wenn die EZB die Einlagezinsen von 0,4 Prozent auf minus 0,5 Prozent senkt.

Im September muss Commerzbank-Chef Martin Zielke nun aufzeigen, wie sich das Institut nach 2020 weiterentwickelt werden soll. Dann läuft der aktuelle Strategieplan aus. In welche Richtung es genau geht, ist noch unbekannt: Es dürfte aber kaum ausreichen, zehn Prozent der Filialen zu schließen, um den Ertragsschwund auszugleichen. Gut möglich daher, dass Zielke erneut Stellen abbauen oder sogar die Bankgebühren erhöht. Finanzchef Engels jedenfalls schloss höhere Gebühren unlängst nicht aus. Solange man nicht wisse, welchen Plan die EZB genau verfolge, sei es aber verfrüht, darauf zu reagieren, sagte er anlässlich der Quartalszahlen. Negative Zinsen für Privatkunden seien im Moment aber nicht geplant, so Engels.

Die Deutsche Bank erwägt laut einem Sprecher übrigens keine umfangreichen Filialschließungen. 2016 und 20 17 hat sich das Institut bereits von gut 188 Filialen verabschiedet. Aktuell unterhält es noch mehr als 1360 Filialen, davon gehören 825 zur Postbank. Man halte sich aber offen, je nach Marktgegebenheiten und Kundenverhalten, einzelne Standorte zu schließen oder mit größeren zusammenzulegen.

Insgesamt haben Deutschlands Banken 2018 deutlich mehr Filialen geschlossen als im Vorjahr, was vor allem auch daran liegt, dass die Kunden ihre Bankgeschäfte zunehmend ins Internet verlagern. Die Zahl der Zweigstellen von Banken und Sparkassen ging laut Bundesbank um rund 7,4 Prozent auf knapp 27 900 zurück. Vor zwanzig Jahren gab es in Deutschland noch mehr als 63 000 Filialen. In vielen Nachbarländern in Europa haben die Geldhäuser ihr Niederlassungsnetz aber noch viel stärker ausgedünnt. Deutschlands Filialdichte liegt europaweit immer noch Mittelfeld.

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SZ vom 22.08.2019
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