Bankberatung:Berater tricksen bei Bausparverträgen

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Bausparverträge sind eine beliebte Geldanlage, aber nicht für jeden sinnvoll. Wichtig ist deshalb, dass die Beratung stimmt. (Foto: dpa-tmn)

Vor allem ältere Leute werden bei ihrer Geldanlage häufig falsch beraten. Wehren können sie sich dennoch - auch nach Ablauf der Frist.

Von Christian Endt

Wie viele schmutzige Geschäfte beginnt auch dieses mit einem harmlosen, freundlichen Brief. Elke Täuber öffnet den Umschlag und liest: "Erfüllen Sie sich mit Ihrem Guthaben Ihre Wünsche", steht im Betreff. Das gehe "ganz einfach", heißt es im Text. "Vielleicht ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt". Erst unterhalb der Grußformel geht der freundliche, verheißungsvolle Ton verloren. "PS: Senden Sie bitte den Auszahlungsauftrag bis spätestens 09.12.2016 zurück!", endet das Schreiben. "Bis spätestens" ist unterstrichen.

Absender des Briefs ist die Bayerische Landesbausparkasse LBS. Die Anstalt des öffentlichen Rechts gehört den bayerischen Sparkassen, die wiederum den Städten und Landkreisen im Freistaat gehören. Viele Menschen haben wie Frau Täuber, die in Wahrheit anders heißt, vor vielen Jahren einen Bausparvertrag abgeschlossen. Bei den derzeit niedrigen Zinsen sind solche Verträge lukrativ für den Kunden - und teuer für die Bank. Kein Wunder, dass die Banken solche Verträge loswerden wollen. Seit Längerem versuchen sie daher mit allerhand Tricks, solche Verträge loszuwerden. Zugleich verkaufen sie weiter neue Bausparverträge - die allerdings so wenig Zinsen bringen, dass sie den Kunden jahrelang Verluste bringen.

Wie viele Menschen einen ähnlichen Brief bekommen haben wie Frau Täuber, will die LBS nicht mitteilen. Bei der Seniorin geht es um einen Vertrag nach Tarif LBS-V30, abgeschlossen im Oktober 2008, verzinst mit 1,5 Prozent. Die Unterlagen liegen der Süddeutschen Zeitung vor. Wer derzeit einen vergleichbaren Vertrag abschließt, bekommt auf sein Sparguthaben 0,25 Prozent Zinsen.

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Der Bausparvertrag als langjähriges Verlustgeschäft

Die LBS Bayern verkauft ihre Bausparverträge meist nicht direkt: 86 Prozent der Verträge vermitteln die örtlichen Sparkassen. So war es auch bei Frau Täuber. Die alleinstehende Frau, 76 Jahre alt, nahm daher den Brief und ging zu ihrem Berater bei der Stadtsparkasse Augsburg. Auf dessen Rat unterschrieb sie den Auszahlungsantrag, der Bausparvertrag wurde aufgelöst.

Einige Wochen später hatte Täuber einen weiteren Termin, dieses Mal von einer Kollegin ihres Beraters. Auf deren Empfehlung schloss Täuber einen neuen Bausparvertrag ab: verzinst mit 0,25 Prozent. Nach sieben Jahren gibt es einen Zinsbonus - dann wäre Frau Täuber 83 Jahre alt. Die Kosten hingegen trägt sie sofort: das sind eine jährliche Gebühr von 4,80 Euro und eine Abschlussgebühr von 100 Euro, die als Verkaufsprovision bei der Sparkasse bleibt. Insgesamt ist der Bausparvertrag ein langjähriges Verlustgeschäft: Erst im zwölften Jahr nach Abschluss übersteigen nach Berechnungen der SZ die Zinsen die anfallenden Gebühren. Frau Täuber wäre dann 88 Jahre alt. Als Geldanlage eignet sich das wohl nicht.

Und auch von den Extras hat sie wenig: Mit Erreichen der Bausparsumme von 10 000 Euro erhält der Kunde Anspruch auf die staatliche Wohnungsbauprämie und ein zinsgünstiges Darlehen. Frau Täuber wohnt allerdings zur Miete und hat darauf keinen Anspruch, weil eine "immobilienwirtschaftliche Verwendung" fehlt. Nach dem Gespräch in der Filiale kamen Frau Täuber plötzlich Zweifel, ob sie richtig entschieden hat. Telefonisch wendete sie sich nochmals an die Stadtsparkasse. Dort versicherte man ihr, alles richtig gemacht zu haben.

Niels Nauhauser arbeitet bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart und kümmert sich für die Verbraucherschützer bundesweit um Missstände bei Geldanlagen. Er hat sich die Unterlagen von Frau Täuber angesehen. "Das ist ganz offensichtlich nicht im Interesse der Verbraucherin, sondern ausschließlich im Interesse der Bank. An keiner Stelle erkennt man einen Nutzen der Verbraucherin", sagt er. Nauhauser beurteilt das Geschäft daher als "lupenreine Falschberatung". Für den Verbraucherschützer ist das kein Einzelfall: "Ich erinnere mich an einige ähnliche Fälle bei verschiedenen Instituten", sagt Nauhauser.

Bei ihren Versuchen, teure Altverträge loszuwerden entwickeln die Bausparkassen einige Kreativität. Die Debeka mit Sitz in Koblenz versprach Kunden, die vorzeitig aussteigen, im vergangenen Jahr etwa einen "Zinsturbo", der sich bei Prüfung durch den Verbraucherschutz aber als nachteilig für die Kunden auswirkt. Einigen Kunden kündigen die Institute den Vertrag auch einfach.

Bei falscher Beratung ist eine Rückabwicklung länger möglich

Für Verbraucherschützer Nauhauser sind die Angebote zur vorzeitigen Auflösung "Lockangebote, um den Kunden aus dem gutverzinsten Vertrag herauszukriegen. Das sei Bauernfängerei. Ein Sprecher der LBS Bayern sieht das naturgemäß anders, die Angebote seien rein freiwillig. Die Interessen des Kunden würden dabei berücksichtigt. Der Sprecher räumt jedoch ein: "Die Auszahlung relativ hoch verzinster Guthaben ist auch im Sinn der LBS." Auch der Sprecher der Augsburger Sparkasse betont, dass die Bausparverträge nur nach eingehender individueller Beratung abgeschlossen würden. Im Einzelfall hänge es von vielen Kriterien ab, ob einem Kunden ein bestimmtes Produkt empfohlen wird. "Unsere Mitarbeiter werden nicht angehalten, aus geschäftspolitischen Gründen bestimmte Produkte zu verkaufen", so der Sprecher.

Anlegern, die im Nachhinein feststellen, dass sie schlecht beraten wurden, rät Verbraucherschützer Nauhauser, das Gespräch mit der Bank zu suchen und eine Rückabwicklung zu verlangen. Bei falscher Beratung sei eine Auflösung des Vertrags auch nach Ablauf des zweiwöchigen Widerrufsrechts möglich. Auch solle man Beschwerde bei der Finanzaufsichtsbehörde Bafin einreichen.

Auch für Elke Täuber ging die Sache gut aus. Sie hat ihrer Familie von dem Bausparvertrag erzählt, gemeinsam mit ihrer Tochter ging sie zurück in die Bankfiliale. Schließlich hat die Stadtsparkasse Augsburg einer Auflösung des Vertrags zugestimmt. Die bereits angefallenen Raten und Gebühren bekam Frau Täuber zurückerstattet.

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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