Süddeutsche Zeitung

Bankautomat:Wenn Fremdgehen teurer wird

  • Deutsche Bank, Postbank und Commerzbank haben eine Vereinbarung über Maximalgebühren am Geldautomaten gekündigt.
  • Wer sein Girokonto nicht bei einer der drei Banken hat und trotzdem abhebt, wird schon bald mehr zahlen müssen.
  • Hohe Kosten, niedrige Zinsen: Das klassische Bankgeschäft wirft immer weniger ab und die Banken suchen nach neuen Einnahmequellen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Das Phänomen ist bekannt: Wer in einer anderen Stadt nach einem Geldautomaten sucht, findet nicht immer gleich den passenden. Abheben an Automaten anderer Banken aber kann teuer werden. Sparkassen zum Beispiel stellen Fremdgehern im Durchschnitt vier Euro in Rechnung. Die Privatbanken hatten sich auf maximal 1,95 Euro geeinigt.

Nun jedoch haben Deutsche Bank, Postbank und Commerzbank und damit die drei großen Vertreter der Privatbanken eine entsprechende Vereinbarung aus dem Jahr 2010 wieder gekündigt - und weitere Institute dürften folgen. Künftig müssen zum Beispiel Sparkassen- oder Volksbankkunden bei der Commerzbank 3,90 Euro pro Abhebung bezahlen. Und auch bei der Deutschen Bank und ihrer Tochter Postbank dürften die Gebühren steigen, auch wenn eine Entscheidung über die "künftige Preisanpassung" dort noch aussteht. Deutsche Bank und Postbank kündigten die Vereinbarung zum 31. August, die Commerzbank zum 30. September.

Auch wenn diese Entscheidung bei vielen Verbrauchern tatsächlich kein allzu großes Loch in die Haushaltskasse reißen dürfte, so folgt sie doch einem Trend: Alle Banken - egal ob private, genossenschaftliche Institute oder Sparkassen - suchen derzeit nach neuen Einnahmequellen. Durch die Mini-Zinsen und die lockere Geldpolitik der EZB ist im klassischen Bankgeschäft kaum noch etwas zu verdienen. Viele erhöhen daher Gebühren, wo es nur geht.

Sparkassen haben Verständnis

Kunden der besagten Banken können zwar weiterhin in ihrem Verbund kostenlos abheben, denn Postbank, Deutsche Bank und Commerzbank bilden zusammen die Cash Group mit 9000 Automaten. Treffen können diese Gebühren aber Kunden von Sparkassen und Volksbanken, zumindest sofern ein Kunde gerade keinen passenden Geldautomaten findet. Weil das Netz der Sparkassen und Volksbanken mit mehr als 45 000 Abhebestellen sehr dicht ist, kommt das zwar nur gelegentlich vor, wenn aber doch, ist es ärgerlich. Die Commerzbank berechnet nach eigenen Angaben für zwei Prozent der Auszahlungen an ihren Automaten Gebühren.

Dass die Kunden hierfür nun mehr bezahlen müssen, begründet die Commerzbank damit, dass sie die Bargeldversorgung am Geldautomaten nicht dauerhaft unter Marktpreis anbieten wolle und auch die Kosten für die Bargeldversorgung gestiegen seien. Die Privatbanken ärgern sich zudem darüber, dass sich die Sparkassen und Genossenschaftsbanken 2010 nicht auf den Höchstbetrag eingelassen hatten. Die Vereinbarung hatten sie damals auf Druck der Politik getroffen, seither veröffentlichen zumindest alle Institute die Gebührenhöhe. Ein Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes in Berlin sagte nun: "Wir können es durchaus nachvollziehen, dass auch die privaten Banken zunehmend feststellen, dass Dienstleistungen aufwands- und marktgerecht bepreist werden sollten".

Diese alte Höchstgrenze gilt übrigens vorerst weiter für alle Institute, die nicht gekündigt haben, also unter anderem für die Targobank und die Hypo-Vereinsbank. Die Direktbank Ing Diba hat schon entschieden, an ihren eigenen etwa 1300 Automaten bei der Fremdabhebegebühr von 1,95 Euro zu bleiben. Dieser Betrag sei kostendeckend.

Verbraucherschützer kritisierten den Vorstoß der Privatbanken umgehend. "Die Filialbanken sollten sich weniger über neue und höhere Entgelte gesundstoßen als vielmehr Dienstleistungen anbieten, die sich am Kunden orientieren", sagte Finanzexperte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Das Bundeskartellamt beobachtet den Markt, will aber derzeit nicht eingreifen

Wer Kunde bei einer Filialbank sei und oft an einem anderen Geldautomaten abheben müsse, könne diese Kosten durch einen Wechsel zu Direktbanken vermeiden, die häufig mittels Kreditkarten einen sehr preiswerten Zugang zu Girokonto und Geldautomaten böten. Kunden der Direktbank Ing Diba zum Beispiel können weiter kostenfrei mit ihrer Kreditkarte Geld bei den Automaten der Cash Group abheben.

Der Verdacht liegt zudem nahe, dass die Klagen der Banken über die hohen Kosten der Bargeldversorgung überzogen sind. Innerhalb des Visa-Verbundes berechnen sich die Institute für Bargeldverfügungen am Geldautomaten intern zum Beispiel nur 1,74 Euro. Eine Untersuchung der Frankfurter Finanzberatung FMH aus dem Jahr 2010 gibt zudem einen Anhaltswert über die internen Ausgaben der Banken für einen Abhebevorgang, diese lagen damals gerade mal bei etwa 60 Cent.

Seinerzeit hatte sich daher sogar das Bundeskartellamt in die Diskussion über die Gebührenhöhe eingeschaltet und die Entgelte als zu hoch kritisiert. Zwar war das Kartellamt auch nach der Transparenzverpflichtung nicht zufrieden, verfolgte das Thema aber nicht weiter, vor allem, weil die Gebühren seither gesunken sind. Auch die aktuelle Entscheidung der Privatbanken ruft das Kartellamt nach eigener Aussage nicht auf den Plan. Zumindest vorerst: Man werde den Markt weiter beobachten, hieß es bei der Behörde.

Vielleicht liegt die Zurückhaltung auch daran, dass es in punkto Bargeld längst neue Konkurrenten gibt. Wer sich über hohe Gebühren am Geldautomaten ärgert, kann seit einigen Jahren auch im Supermarkt oder an der Tankstelle Bargeld abheben - allerdings oft erst von einer bestimmten Einkaufssumme an. Auch das kann also teuer werden, wenn man dafür an der Ladenkasse noch schnell ein paar unnötige Süßigkeiten oben drauf packt.

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SZ vom 09.07.2015/kabr
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