Die Tinte auf mir ist noch nicht ganz getrocknet, da werde ich in den Kundenbriefkasten der Bankfiliale geworfen.
Wer ich bin? Eine Überweisung. Gar nicht so groß. Und trotzdem muss ich ganz schöne Umwege gehen...
Bei der Nachmittagsleerung bin ich dabei. Und auf geht´s über die interne Post ins Rechenzentrum der Bank. Hier ist die Technik Herr im Haus. Alles funktioniert voll automatisch.
Und darum muss schon hier mein Dasein als Überweisungsbeleg enden. Die auf mir stehenden Daten werden noch schnell eingescannt und mein Äußeres wird nach wenigen Tagen Schonfrist (die dient der Bank als Sicherheit) vernichtet.
Nur die Daten, nicht das Geld
Meine große Reise wird von nun an elektronisch gesteuert. Übrigens habe ich nicht das Geld selbst im Gepäck. Stattdessen soll ich der anderen Bank nur die reinen Informationen über Empfänger, Betrag und Verwendungszweck überbringen.
Bevor es so richtig losgeht, wird geprüft, ob das Geld auf dem Konto für mich überhaupt ausreicht.
Online-Überweisungen nicht schneller
Mitten auf dem Datenweg treffe ich auf die über Internet eingetippten Überweisungen. Wir gehen den Weg nun gemeinsam weiter. Aha — demnach sind Online-Aufträge also nicht unbedingt schneller als ich.
Die nächste Station für mich ist eine große Sortieranlage. Hier werde ich anhand der Bankleitzahl meines Empfängers in einen der zahlreichen elektronischen Postkästen einsortiert.
Da gibt es zum Beispiel ein Fach für die Deutsche Bank Berlin, eins für die Sparkasse Jena, eins für die Commerzbank in Köln und so weiter.
Stapelweise
In den jeweiligen Kästen ist dann Geduld gefragt. Denn hier stapel ich mich mit vielen anderen Überweisungen. Und warte auf 21 Uhr, denn da werden diese Postfächer geleert.
Meine Daten und die der anderen Überweisungen werden nun in einem Schwung an das Rechenzentrum der Empfängerbank versendet. Aber auch hier landen wir erst einmal gemeinsam in einem Kasten — weil wir ja von der gleichen Absenderbank stammen.
Im nächsten Schritt wird der Stapel, in dem auch ich mich befinde, wieder aufgesplittet. Jetzt erhält die Bank für jeden Empfänger die jeweiligen Informationen. Und kann aufgrund meiner Daten die entsprechende Geldsumme auf dem Konto gutschreiben.
Wo bleibt das Geld?
Ich habe damit meine Schuldigkeit getan. Doch wann fließt das eigentliche Geld?
Parallel dazu. Und nach dem gleichen Schema. Denn der Postkasten für meine Empfängerbank, in den ich geworfen wurde, bildet laufend eine Summe der Überweisungsbeträge.
Diese Riesensumme wird dann am Abend dem Konto belastet, das die Absenderbank bei der Deutschen Bundesbank hat.
Und das Konto der Empfängerbank erhält — über das System der Bundesbank — eine Gutschrift über diesen Betrag.
Die Empfängerbank muss diese dann Geldsumme aufsplitten und den Konten der jeweiligen Empfänger zuweisen.
Dieser Weg scheint so unglaublich aufwendig. Vor allem dann, wenn beide Banken nur eine Straße voneinander entfernt sind...
So schnell wie eine Email
Aber wieso dauert eine Überweisung eigentlich so lang? Ein Brief von Kempten nach Rostock braucht — wenn die Post nicht gerade streikt — einen Tag. Eine Email von Dresden nach L.A. ist nur wenige Augenblicke unterwegs.
Auch ein Blick über´n Ozean weckt Zweifel an der Technik deutscher Banken: In Brasilien geht eine Überweisung so schnell wie das Versenden einer Mail. Warum funktioniert das im sonst so fortschrittlichen Deutschland nicht?
Ingo Beyritz, Zahlungsverkehrsexperte vom Bundesverband deutscher Banken, erklärt, dass bei fünf Milliarden Überweisungen pro Jahr allein innerhalb von Deutschland eine sekundenschnelle Abwicklung sowohl technisch als auch finanziell nicht tragbar wäre.
Die Technik ist vorhanden
Dabei bieten Banken doch auch die Möglichkeit von Eil-Überweisungen, die — gegen Aufpreis — in kürzester Zeit beim Empfänger sind. Es gibt sie also, die schnelle Technik.
"Möglich wäre das alles schon. Doch man will es nicht.", so der Vorwurf von Hans Peter Eibl an die Geldinstitute. Eibl betreut mit seiner Firma "EIBL Kontenprüfung" Geschäftskunden, die wegen zu langer Laufzeiten und fehlerhafter Abrechnungen gegen ihre Bank klagen.
Drei Tage für eine Überweisung
Eibl übt außerdem Kritik an der Wirkung des Überweisungsgesetzes.*) Seit Juli 1999 gibt es diese Vorschrift, die für Inlandsüberweisungen eine Frist von drei Bankarbeitstagen vorschreibt.
Aus Kundensicht würde damit zwar eine gewisse Verlässlichkeit garantiert. Doch für Banken sei diese Regelung "ein Alibi", keine schnellere Technik einsetzen zu müssen.
Die Zahl der Kundenbeschwerden über zu lange, das heißt über drei Tage hinausgehende Laufzeiten von Überweisungen bewege sich fast gegen Null, seit es das Gesetz gibt, erklärt Markus Saller von der Verbraucherzentrale München.
Unwissenheit der Bankkunden
Eine Ursache daür aber könnte sein, dass ein Bankkunde bei Eingang einer Überweisung gewöhnlich nicht das Abgangsdatum des Absenders kennt. Und somit die tatsächliche Laufzeit nicht nachvollziehen kann.
Dauern Überweisungen länger als die vorgeschriebenen drei Tage, beschuldigen sich Banken auch gern einmal gegenseitig. Eine Finanzexpertin, die nicht genannt werden will, gibt zu: "Einzelne Banken parken das Geld."
"Der Kunde merkt es nicht, daher kommen auch keine Beschwerden", so Saller. Außerdem hätten Banken — für den Fall der Fälle — immer eine passende Erklärung parat.
*) Paragraph 676a, Bürgerliches Gesetzbuch