Die Zahl der Balkonkraftwerke in Deutschland wächst immer schneller - und es soll noch einfacher werden, die kleinen Solaranlagen zu betreiben. Der Bundestag will am Donnerstagabend beschließen, dass es für Mieter und Wohnungseigentümer einfacher wird, ein Balkonkraftwerk anzubringen. Nach dem gerade abgelaufenen Rekordquartal sieht Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, das als „Booster für die Solarisierung von Balkonen“. Er rechnet mit einem weiteren Nachfrageschub bei den sogenannten Steckersolargeräten.
Im zweiten Quartal gingen dem Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur zufolge so viele der kleinen Solaranlagen in Betrieb wie nie zuvor – mehr als 152 000 Balkonkraftwerke. Das ist ein Plus von 52 Prozent zum bisherigen Rekord im zweiten Quartal 2023. Insgesamt verzeichnet das Marktstammdatenregister derzeit gut 563 000 Anlagen in Betrieb. Die wirklichen Zahlen dürften sogar noch höher sein, da es eine mehrwöchige Nachmeldefrist gibt und manche Anlagen schlicht nicht angemeldet werden.
Im Bundestag geht es um Änderungen im Mietrecht und im Wohnungseigentumsrecht. Um ein Balkonkraftwerk anbringen zu dürfen, brauchen Mieterinnen und Mieter bislang die ausdrückliche Zustimmung ihres Vermieters - beziehungsweise als Wohnungseigentümer die Genehmigung der Eigentümergemeinschaft. Diese Zustimmung kann bisher ohne sachlichen Grund verweigert werden.
Nun soll die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte in den Katalog der sogenannten privilegierten Maßnahmen aufgenommen werden. Das sind bauliche Veränderungen, die von Vermietern und Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) nicht einfach blockiert werden können – beispielsweise Umbauten für Barrierefreiheit oder Einbruchschutz. Vermieter und die WEG sollen zwar immer noch ein Mitspracherecht haben, wenn es darum geht, wie genau ein Steckersolargerät am Haus angebracht wird. Ob so eine Anlage überhaupt installiert werden darf, wäre dann aber nicht mehr grundsätzlich strittig.
„Damit ermöglichen wir einen einfachen, unbürokratischen Weg, die Energiekosten zu senken.“
Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sagte, bei Balkonkraftwerken würden Hürden abgebaut. Dies sei ein wichtiger Schritt, der große Energieeinsparungen in den Haushalten ermögliche. Die Grünen-Energiepolitikerin Katrin Uhlig lobte, die Änderungen machten das Installieren einer Steckersolaranlage nochmals leichter. „So können noch mehr Menschen einfacher an der Energiewende teilhaben und sie aktiv mitgestalten.“ Der SPD-Abgeordnete Daniel Rinkert sieht mit den Änderungen die Energiewende in den eigenen vier Wänden gestärkt. Damit würden Mieter und Eigentümer in die Lage versetzt, selbst zu entscheiden, ob sie solche Geräte bei sich zu Hause installieren wollten. „Damit ermöglichen wir einen einfachen, unbürokratischen Weg, die Energiekosten zu senken.“
Schon im abgelaufenen Quartal hatten die Balkonkraftwerke Unterstützung aus Berlin bekommen. So war zum 1. April die Registrierung der Geräte vereinfacht worden. Inzwischen reicht eine vereinfachte Anmeldung im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur. Auch ein Solarpaket ist in Kraft - es erlaubt unter anderem, eine normale Steckdose für die Anlagen zu nutzen, vorübergehend alte, nicht digitale Zähler, einzusetzen und eine höhere Leistung von jetzt 800 Watt am Wechselrichter anstatt bisher 600 Watt.
Fast jeder Abbau von Bürokratie führe zu einer Belebung der Nachfrage, sagt Körnig. Zudem dürften die Preise gesunken sein. In Baumärkten waren die Balkonkraftwerke zuletzt teils für wenige Hundert Euro zu haben. Balkonkraftwerke sind verhältnismäßig kleine Solaranlagen, die per Steckdose mit dem Haushaltsnetz verbunden werden. Sie müssen dabei nicht am namensgebenden Balkon hängen. Der von ihnen produzierte Strom senkt den Verbrauch und damit die Stromrechnung ihrer Betreiber. Überschüssiger Strom fließt dabei unentgeltlich ins öffentliche Netz. Ob sie sich lohnen, hängt neben dem Anschaffungspreis und dem Standort auch davon ab, ob die Betreiber während der Zeit, in der sie Strom erzeugen, diesen auch verbrauchen. Einer kürzlich veröffentlichten Studie der RWTH Aachen im Auftrag von Eon zufolge, lohnen sie sich im Durchschnitt ab einer Betriebszeit von drei bis sechs Jahren.