Wegen der gestiegenen Strompreise werden Balkonkraftwerke immer beliebter. 2023 erreichte der Strompreis mit über 40 Cent pro Kilowattstunde einen Rekordwert. Im ersten Halbjahr 2024 ist er zwar laut Statistischem Bundesamt etwas gesunken, lag aber immer noch 24,8 Prozent über dem Preis im zweiten Halbjahr 2021, dem Vergleichswert vor dem russischen Angriff auf die Ukraine. Deshalb ist es für viele attraktiv, einen Teil des Stroms mithilfe kleiner Solaranlagen auf dem Balkon selbst zu erzeugen.
Im dritten Quartal 2024 waren etwa 714 000 Balkonkraftwerke in Deutschland in Betrieb. Das waren mehr als doppelt so viele wie 2023 und mehr als das Dreifache im Vergleich zu 2022. Die Anschaffungskosten für Balkonkraftwerke liegen heute zwischen 500 und 1500 Euro.
Doch viele Hausbesitzer und Mieter scheuen den Aufwand, der mit der Anschaffung eines solchen Solarkraftwerks einhergeht. Neben der Recherche, welche Anlage am besten geeignet ist, gehören dazu die Installation, die Anmeldung und auch die Versicherung. Bei letzterer ist die Sorge jedoch unbegründet.
Wichtig für eine solche Mini-Photovoltaikanlage sind laut Verbraucherschützerin Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zwei Verträge: die Hausratpolice und die private Haftpflichtversicherung. Sie werden oft zusammen verkauft.
„Über die Hausratversicherung ist das Balkonkraftwerk selbst versichert“, erklärt sie. Wird es beispielsweise durch Hagel oder bei einem Sturm beschädigt, deckt diese Police entsprechende Schäden ab.
Eine Haftpflichtversicherung kommt für sogenannte Drittschäden auf. Weidenbach nennt ein Beispiel: „Wenn so eine Anlage bei Sturm herunterfällt und das Auto des Nachbarn oder sogar eine Person trifft, greift die Haftpflichtversicherung“, so Weidenbach.
Laut Versicherern muss ein Balkonkraftwerk nicht gemeldet werden, um die Anlage in den Versicherungsschutz von Haftpflicht- und Hausratpolice mit einzubeziehen. Verbraucherschützerin Weidenbach sieht das anders. „Man sollte auf jeden Fall den Versicherer informieren, dass man ein Balkonkraftwerk angebracht hat“, empfiehlt sie.
Das gilt besonders für die Haftpflichtversicherung. So ein Balkonkraftwerk sei eine Gefahrenquelle, die nicht ohne ist, deswegen sollte man den Versicherer unbedingt informieren. „Und man sollte sich dann auch bestätigen lassen, dass Schäden mitversichert sind.“ Trotzdem sei der Aufwand auf Versicherungsseite gering. „Da ist nicht mehr so viel zu machen, wie man am Anfang vielleicht gedacht hat.“
Die Versicherer haben ihre Bedingungen angepasst
Anmelden muss man ein Balkonkraftwerk im sogenannten Marktstammdatenregister. Das geht online und ist kostenlos. Die Bundesregierung hat 2024 die Registrierung vereinfacht. Es sind nur noch einfach einzugebende Daten nötig, wie Adresse und Name der Anlage sowie die Leistung und der Netzbetreiber. Die Regierung hat außerdem weitere Maßnahmen beschlossen, um die Nutzung von Balkonkraftwerken zu erleichtern. Unter anderem wurde die Grenze für die maximale Einspeisung ins Stromnetz von 600 Watt auf 800 Watt erhöht. Künftig sollen außerdem auch für Mini-Photovoltaikanlagen herkömmliche Schukostecker ausreichen, wie sie an allen Elektrogeräten zu finden sind.
Balkonkraftwerke seien heutzutage grundsätzlich bei den meisten Anbietern mitversichert, sowohl bei Hausrat als auch bei Haftpflicht, sagt Patrick Caprano, Referent Private Content & Liability beim Münchener Versicherer Allianz. Das liege daran, dass der Gesamtverband der Versicherer (GDV) bereits vor rund einem Jahr seine Musterbedingungen angepasst hat.
Der GDV erstellt für viele Policen Musterbedingungen, die eine Art Standard für die Produkte darstellen. Vor rund einem Jahr hat der GDV Balkonkraftwerke in die Bedingungen für Hausrat- und Haftpflichtpolicen eingeschlossen.
Auch kleine Stromspeicher, die seit einiger Zeit für Balkonkraftwerke erlaubt sind, sind über Hausrat- und Haftpflichtpolicen mit abgedeckt. „Das gehört an sich als Zubehör mit dazu“, erklärt der Allianz-Experte. „Es gibt in den Versicherungsbedingungen keine Unterscheidung zwischen Speicher und Solaranlage. Es gilt grundsätzlich, wenn es nicht irgendwo als Ausschluss steht, dann ist es mitversichert.“
Versicherungssumme überprüfen
Die Experten der Allianz und des Kölner Versicherers DEVK empfehlen allerdings, beim Kauf einer Balkon-Photovoltaikanlage die Hausratpolice zu überprüfen. „Man sollte die Hausratversicherungssumme prüfen, um zu schauen, ob sie nach oben angepasst werden muss, je nachdem, was die Solarmodule gekostet haben“, sagt Alexander Erpenbach, Hauptabteilungsleiter für die Bereiche Sach-Haftpflicht- und Unfall-Betrieb bei der DEVK.
Die Versicherungssumme bei Hausratpolicen liegt meist um die 650 Euro pro Quadratmeter. „Dieser Wert wurde allerdings Mitte 2000 festgelegt“, gibt Caprano zu bedenken. „Seitdem ist inflationstechnisch ein bisschen was passiert, deswegen empfehle ich grundsätzlich jedem Kunden eine Überprüfung. Der Kauf eines Balkonkraftwerks ist ein guter Anlass, sich die Summe noch mal anzuschauen.“
Außerdem ist es wichtig, wie alt der Versicherungsvertrag ist. Bei älteren Tarifen könnten die Änderungen in den GDV-Musterbedingungen nicht enthalten und somit Balkonkraftwerke nicht abgedeckt sein. „Wenn ich schon länger kein Update meiner Policen mehr gemacht habe, dann sollte ich auf jeden Fall meinen Versicherer kontaktieren“, sagt Caprano von der Allianz. Wer sich nicht sicher ist, sollte sich seiner Meinung nach auf jeden Fall an den Versicherer wenden.
„Eine Kontaktaufnahme mit dem Versicherer ist durchaus ratsam“, sagt auch Erpenbach von der DEVK. Neben den GDV-Vorlagen können sich auch die Bedingungen einzelner Anbieter geändert haben. „Wir bieten zum Beispiel erst seit Sommer 2024 auch die Deckung eines Diebstahls außerhalb der Wohnung an“, so der DEVK-Experte. „Um diesen Versicherungsschutz zu bekommen, muss man jedoch den neuesten Tarif vereinbart haben.“ Trotz ihres Namens können Balkonkraftwerk auch im Garten aufgestellt werden. Bei der Allianz können auch Anlagen abgesichert werden, die nicht festmontiert sind, sondern nur auf dem Balkon stehen.
Viele Interessierte machen sich Sorgen, dass eine Mini-Solaranlage Schäden am Stromnetz anrichten könnte, wenn es zu Überspannungen kommt. „Dass das Stromnetz wegen einer kleinen Photovoltaikanlage beschädigt wird, ist technisch nicht unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich“, sagt Erpenbach. „Dieses geringe Risiko ist dann über die Privathaftpflicht abgedeckt, ohne Extragebühren.“
Nicht automatisch versichert sind jedoch sogenannte Elementarschäden wie Dachlawinen aus Schnee. Das gilt nicht nur für Solaranlagen. Risiken durch Überschwemmungen oder Erdrutsche sind normalerweise nicht automatisch über Hausratpolicen abgedeckt, sie müssen über einen Zusatzbaustein eingeschlossen werden. Wer einen solchen Baustein bereits hat, braucht für das Balkonkraftwerk keinen weiteren Versicherungsschutz für Elementarrisiken einzukaufen. „Wenn ich Extremwetter eingeschlossen habe, wäre auch die Dachlawine mitversichert, wenn sie über das Balkonkraftwerk rutscht und es mitnimmt“, sagt Caprano.
Kaum Schäden
Besonders anfällig für Schäden scheinen die Anlagen jedoch nicht zu sein. Versicherer verzeichnen kaum Schadenfälle. „Wir haben keine nennenswerte Schadenhäufigkeit in Bezug auf Balkonkraftwerke vorliegen, und Schäden sind eher eine Randerscheinung“, teilt die Schadenabteilung der Allianz mit. „Wir hatten bisher zum Glück auch noch keine auffälligen Schäden.“ Es wurde auch noch niemand erschlagen. „Das bleibt hoffentlich auch so“, ergänzt Caprano.
Ähnlich sieht es bei der DEVK aus. „Es kommen Nachfragen von den Kunden, ob diese Anlagen mitversichert sind, gerade im Bereich Haftpflicht“, berichtet Erpenbach. „Schadenfälle durch Brände von Akkus sind aktuell keine bekannt. Was es schon gegeben hat, sind Diebstahl oder Sturmschäden, aber auch in geringem Umfang.“
Diese geringe Anzahl an Schäden könnte ein Grund dafür sein, dass selbst die Verbraucherschützer so gut wie nichts an den Versicherern auszusetzen haben. Weidenbach kennt keine Beschwerden über die Schadenregulierung oder anderen Themen rund um Balkonkraftwerke. „Das scheint ganz gut zu funktionieren“, sagt sie. „Wo es eher mal Schwierigkeiten gibt, ist mit den Vermietern.“
Lange Zeit mussten Vermieter ihre Zustimmung geben, damit ein Mieter ein Balkonkraftwerk installieren kann. Heute ist das nicht mehr so. Sie können es nicht verbieten, dass sich Mieterinnen oder Mieter eine Mini-PV-Anlage zulegen. Allerdings können sie es untersagen, dass für die Installation Löcher ins Mauerwerk gebohrt werden. „Das wären bauliche Veränderungen“, erklärt Weidenbach. „Deshalb sollte man unbedingt vorher mit dem Vermieter sprechen.“ Es gibt aber auch Alternativen zum Bohren, wie Halterungen am Geländer oder Solaranlagen zum Hinstellen.