Bahn-Tarifkampf:Lokführer kündigen Streikwelle an

Die Lokführergewerkschaft GDL ruft ihre Mitglieder am Donnerstag zu neuen Streiks auf. Lenke die Bahn im Tarifstreit nicht ein, könne es noch viel schlimmer kommen, drohte GDL-Vize Weselsky.

Die Lokführer-Gewerkschaft GDL packt im Tarifkampf mit der Bahn die Folterwerkzeuge aus: Am Donnerstag sollen Nahverkehr und S-Bahnen in Deutschland von 2.00 Uhr bis 11.00 Uhr stillstehen, teilte die GDL am frühen MIttwochnachmittag mit.

Damit nicht genug: Bewege die Bahn sich nicht, drohte GDL-Vize Weselsky, werde es auch am Freitag, Montag, Dienstag und Mittwoch Streiks geben. Das Angebot, das die Bahn auf den Tisch gelegt habe, sei nicht diskutabel.

Die Bahn kritisierte die Entscheidung scharf und bekräftigte, dass es kein neues Angebot geben wird. Die GDL habe trotz einer guten Offerte des Unternehmens Tarifverhandlungen ausgeschlagen und befinde sich auf "tarifpolitischer Geisterfahrt", sagte Bahn-Personalvorstand Magret Suckale am Mittwochnachmittag in Berlin. "Unser Verständnis ist restlos am Ende." Wer so handle wie die GDL, suche keine Lösung, sondern nur den Streik.

Die Bahn hatte am Montag der GDL einen eigenen Tarifvertrag angeboten, der sich im Wesentlichen am Abschluss mit den anderen Bahngewerkschaften GDBA und Transnet orientiert und in das bestehende Tarifsystem eingepasst werden solle.

Dass die GDL die Offerte nicht akzeptieren würde, hatte sich bereits abgezeichnet. Während die Bahn nur eine Wiederaufnahme von Tarifverhandlungen akzeptieren wollte, bestand die GDL auf einem unverbindlichen Gespräch.

Berufung vor dem Arbeitsgericht Chemnitz

Vor einer Entscheidung über weitere Arbeitsniederlegungen legte die Gewerkschaft Berufung gegen das vom Arbeitsgericht Chemnitz verfügte Streikverbot für den Fern- und Güterverkehr ein. Wann das Landesarbeitsgericht darüber verhandeln wird, stand zunächst nicht fest.

"Zurzeit sind die Verhandlungen derartig festgefahren, dass man eine schnelle Lösung nicht sehen kann", sagte der Bundesvorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, im Bayerischen Rundfunk.

Weitere Streiks ließen sich wahrscheinlich nicht vermeiden. Verantwortung dafür trügen beide Parteien. Die Bahn vertrete ihre Interessen weiterhin knallhart und treibe die GDL ein wenig vor sich her. "Das merkt die Gewerkschaft und reagiert daraufhin stur."

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum nicht GDL-Chef Schell den Streik verkündet hat

GDL-Chef Manfred Schell trat am Dienstag eine lange geplante dreiwöchige Kur an. In dieser Zeit übernimmt sein Vize Claus Weselsky die Verhandlungen in der Tarifauseinandersetzung mit der Bahn.

Das sagte eine GDL-Sprecherin zu sueddeutsche.de. Der Kuraufenthalt habe sich nach zweimaliger Terminänderung nicht noch einmal verschieben lassen. Allerdings sei Schell ja nicht aus der Welt, sagte die Sprecherin weiter.

Der GDL-Vorsitzende sei laufend erreichbar. Bei wichtigen Entscheidungen würde sich Weselsky selbstverständlich mit Schell abstimmen. "Weselsky führt schon lange Tarifverhandlungen und ist daher durchaus in der Lage, das Tagesgeschäft zu übernehmen", so die Sprecherin.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sprach sich gegen einen eigenständigen Tarifvertrag für die GDL aus. "Ich unterstütze die Bahn nachdrücklich in ihren Bestrebungen, ein einheitliches Tarifwerk zu erhalten", teilte Hundt in Berlin mit. Das Ergebnis müsse sich "konflikt- und widerspruchsfrei" in das Tarifgefüge der Bahn einpassen.

Es sei "für die betriebliche Praxis nicht nur bei der Bahn erforderlich, dass generell keine unterschiedlichen Tarifverträge in einem Betrieb für die gleiche Belegschaft zur Anwendung kommen".

Grünen-Verkehrsexperte appelliert an die Kanzlerin

Der Verkehrsexperte der Grünen im Bundestag, Winfried Hermann, forderte von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), sich in den Streit einzuschalten. "Eigentlich müsste sich die Kanzlerin oder wenigstens das Kanzleramt einmischen, um den Konflikt zu beenden. Die Leute haben die Schnauze voll von dem ewigen Konflikt", sagte Hermann in der ARD.

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte am Dienstag eine rasche Lösung angemahnt, eine direkte Einmischung der Politik aber abgelehnt.

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