Deutsche Bahn:Der 74-Milliarden-Euro-Plan

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Schön, aber teuer: Ein ICE rollt von Berlin Richtung München an der Wachsenburg vorbei. Die Trasse kostete mehr als zehn Milliarden Euro. (Foto: imago images/Steve Bauerschmidt)

Der Bahnverkehr soll pünktlicher und zuverlässiger werden. Dafür will die Deutsche Bahn die Trassen bis 2040 massiv ausbauen. Nun wird klarer, wie kostspielig das alles wird.

Von Markus Balser, Berlin

Dass bei der Deutschen Bahn eine Revolution starten soll, hatte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) schon Ende Juni in Berlin verkündet. Damals stellte er den "Masterplan Schienenverkehr" vor - eine Blaupause für den Umbau des Bahnsystems. Das Ziel: Bund und Staatskonzern wollen den Bahnverkehr pünktlicher und zuverlässiger machen. Der Deutschlandtakt soll Großstädte alle halbe Stunde verbinden. Bis 2030 will die Bahn ihre Passagierzahlen so auf 280 Millionen fast verdoppeln. Bedingung für den Kraftakt: Wichtige Strecken müssen ausgebaut und neu gebaut werden. Denn das stark überlastete Netz könnte nicht mehr Züge und Passagiere bewältigen.

Nun wird klar, was der ehrgeizige Ausbau kosten soll - und wie schwierig es wird, ihn zu realisieren. Der Finanzbedarf für die prioritären Pläne des Masterplans liegt von 2021 bis 2040 bei mehr als 74 Milliarden Euro. So geht es aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Berichtsbitte des Grünen-Finanzpolitikers Sven-Christian Kindler hervor. Das neue Taktsystem und die Erhaltungskosten des Netzes sind in dieser Berechnung noch gar nicht berücksichtigt.

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Der neue "Deutschland-Takt" soll bei der Bahn vieles besser machen. Schon im Dezember soll es zwischen Hamburg und Berlin losgehen. Doch ausgerechnet auf dieser Strecke könnte es dann noch diverse Baustellen geben.

Von Markus Balser

Die Kosten stehen allein für die wichtigsten Ausbauprojekte bei Bahntrassen, etwa für die Erweiterung der Bahnknoten München, Frankfurt, Hannover, Mannheim, Köln und Hamburg, sowie den Ausbau wichtiger Trassen wie etwa der Strecken Hamburg - Hannover, Würzburg - Nürnberg und Karlsruhe - Basel. Alle Projekte sollen die Verbindungen zwischen den großen Städten beschleunigen.

Die neuen Angaben des Verkehrsministeriums sind brisant, denn sie lassen die Frage aufkommen, ob die hochfliegenden Pläne von Regierung und Bahn wirklich finanzierbar und damit auch umsetzbar sind. Deutlich wird das an den jährlich benötigten Summen: Der durchschnittliche Finanzbedarf pro Jahr liegt dem Papier zufolge bei 3,7 Milliarden Euro. Bis 2031 steigt er sogar auf mehr als sechs Milliarden Euro jährlich und nimmt dann wieder ab. Im Bundeshaushalt sind derzeit aber nur 1,5 Milliarden Euro pro Jahr für Investitionen in die Schienenwege vorgesehen. Das Verkehrsministerium räumt in der Antwort ein, dass der Finanzbedarf der Milliardenversprechen noch nicht gedeckt sei: Es obliege "dem Haushaltsgesetzgeber, über die Schaffung der notwendigen finanziellen Rahmenbedingungen zu entscheiden".

Drei Milliarden Euro jährlich reichen langfristig nicht

Zwar hat Scheuer jährliche Zahlungen von drei Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Doch auch die würden langfristig nicht reichen. Und dass der Verkehrsminister eine solche Verdoppelung bewilligt bekommt, ist nicht sicher. Bis 2023 ist bislang nur ein Hochlauf der Haushaltsmittel auf zwei Milliarden Euro vorgesehen. In den Jahren danach sei eine "weitere kontinuierliche Erhöhung der Finanzlinie" nötig, sagt ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Dafür mache man sich stark.

Für Scheuer und sein Ministerium steht viel auf dem Spiel. Bei den Ausbauplänen geht es nicht nur um den Komfort der Bahnkunden und schnelleres Reisen. Es geht auch um die Einhaltung der deutschen Klimaziele. Denn der Ausbau des Bahnverkehrs soll Verkehr von der Straße auf die klimafreundliche Schiene holen und so die Klimabilanz des ganzen Landes verbessern.

Die neuen Zahlen verdeutlichen auch die gesamte Dimension der Bahn-Modernisierung. Denn die 74 Milliarden Euro sind nur ein Teil der Kosten. Hinzu kommen noch jene 86 Milliarden Euro, die der Bund der Bahn über die mehrjährige Finanzierung bis 2029 etwa für den Erhalt des Netzes und die Erneuerung von Weichen und Brücken zur Verfügung stellt.

In der Opposition wachsen die Zweifel daran, dass das Geld für den Ausbau der Trassen reicht. "Bisher ist vollkommen mysteriös, woher das Geld dafür kommen soll", warnt der Grünen-Politiker Kindler. "Weder Andreas Scheuer noch Olaf Scholz scheren sich darum. Das ist schlichtweg Arbeitsverweigerung vom Verkehrsminister und Finanzminister." Wenn man die Bahn zum Rückgrat der Verkehrswende machen und die Fahrgastzahlen verdoppeln wolle, müsse die Regierung aber jetzt die Weichen stellen.

Die Opposition schlägt daher eine Reform der Finanzierung vor. Statt jährlicher Haushaltszusagen nur "nach Kassenlage" müsse der Bahnausbau langfristig finanziert werden. Hierfür solle der Bund auch Kredite aufnehmen. Alternativ könne die Regierung auch die Mittel beim Fernstraßenbau massiv kürzen, meint Grünen-Politiker Kindler. Und "den unsinnigen Finanzierungskreislauf Straße" beenden. Die Lkw-Maut-Einnahmen seien bei der Schiene besser aufgehoben als beim Bau von neuen Straßen, die angesichts der Klimakrise niemand mehr verantworten könne.

© SZ vom 14.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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