Deutsche Bahn:Ein Posten für Hofreiter

Deutsche Bahn: Anton Hofreiter bei einem Besuch des Herforder Bahnhofs in Nordrhein-Westfalen. In das Aufsichtsgremium der Deutschen Bahn hat er es nicht geschafft.

Anton Hofreiter bei einem Besuch des Herforder Bahnhofs in Nordrhein-Westfalen. In das Aufsichtsgremium der Deutschen Bahn hat er es nicht geschafft.

(Foto: Noah Wedel/imago images)

Die Ampelregierung treibt den Umbau der Bahn mit Personalien im Aufsichtsrat voran. Um das Neun-Euro-Ticket und die Finanzierung des Nahverkehrs tobt dagegen heftiger Streit. Die SPD warnt vor einem "Fiasko".

Von Markus Balser, Berlin

Der grüne Ex-Fraktionschef Anton Hofreiter ist zwar in der Ampelregierung kein Minister geworden. Ins Gespräch aber brachte er sich in den vergangenen Wochen dennoch. Der 52-Jährige wurde zu einem der schärfsten Regierungskritiker um die Lieferung schwerer Waffen für die Ukraine. Nun mehren sich die Stimmen in seiner Fraktion, nach denen sich Hofreiter künftig lieber wieder stärker um schweres Gerät der ganz anderen Art kümmern soll: den deutschen Zugverkehr. Nach Angaben aus Grünen-Kreisen haben sich die Verkehrspolitiker der Fraktion darauf geeinigt, Hofreiter für die Grünen in den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn zu schicken.

Die Personalie dürfte der Bahn-Spitze das Leben in Zukunft deutlich schwerer machen. Denn ein Umbau des Konzerns wird damit noch wahrscheinlicher. Der Verkehrsexperte Hofreiter gilt als Befürworter einer weitreichenden Bahnreform. Er hatte entsprechende Passagen im Koalitionsvertrag ausgehandelt und sich mehrfach für eine Trennung von Netz und Betrieb ausgesprochen. Dies würde einer Aufspaltung des Bahn-Konzerns gleichkommen. Auch Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) befürwortet eine stärkere Trennung der beiden Bereiche.

Die Wahl Hofreiters gilt als wahrscheinlich. Beschlossen ist sie allerdings noch nicht. Der Vorschlag liege nun der Fraktionsführung vor, heißt es bei den Grünen. Bei ihrer nächsten Sitzung am Dienstag werde die Fraktion über die Personalie entscheiden. Die Regierungsparteien und das Verkehrsministerium haben die Möglichkeit, Vertreter direkt in das Kontrollgremium des Staatskonzerns zu schicken. Damit hat die Politik direkten Zugriff auf die Ausrichtung des Konzerns. Auch andere Vertreter stehen schon fest. Die SPD-Fraktion schickt die Abgeordnete Dorothee Martin, die FDP den Parlamentarier Bernd Reuther in den Aufsichtsrat. Beide sind verkehrspolitische Sprecher ihrer Fraktionen.

"Die Menschen im Land freuen sich auf das Neun-Euro-Ticket", mahnt die SPD

Während die Bahn-Politik Formen annimmt, eskaliert der Streit innerhalb der Ampelregierung um ein Milliardenprojekt der neuen Bundesregierung. Die SPD warnte Wissing am Mittwoch eindringlich vor einem Aus für das Neun-Euro-Ticket für den Nahverkehr. "Ein Scheitern wäre ein riesiges Fiasko", sagte Detlef Müller, Vizechef der SPD-Fraktion im Bundestag, der Süddeutschen Zeitung. Die Aktion biete "einen enormen Anreiz zum Umstieg auf den klimafreundlichem ÖPNV und eine Chance, für drei Monate Werbung für den öffentlichen Verkehr zu machen", sagte Müller weiter. "Die Menschen im Land freuen sich auf das Neun-Euro-Ticket und planen bereits Wochenend- und Sommerausflüge."

Für 9 Euro je Monat können die Deutschen nach Plänen der Bundesregierung im Juni, Juli und August unbegrenzt im Nah- und Regionalverkehr Bus und Bahn fahren. Jedenfalls, wenn die politischen Beschlüsse rechtzeitig fallen. Mit dem Projekt will die Koalition Pendler von den hohen Spritkosten entlasten. Gleichzeitig soll sie das Schnupperangebot auf den Geschmack bringen, das Auto dauerhaft stehen zu lassen.

Hinter den Kulissen aber tobt auch vier Wochen vor dem Start noch immer Streit um die Finanzierung. Die Länder fordern von Wissing die Übernahme möglicher Mehrkosten für zusätzliche Busse und Bahnen. Der FDP-Politiker lehnt das ab und hat auch andere Finanzzusagen für den Nahverkehr gestrichen. Die SPD erhöht nun den Druck auf Bundesebene. Er erwarte, dass Bund und Länder sich auf der Verkehrsministerkonferenz über die Einführung einigen, sagte Müller. "Sonst war das Neun-Euro-Ticket ein einmaliges Feuerwerk, und danach würde es sehr dunkel beim ÖPNV, weil die strukturelle Finanzierung hinten und vorne nicht ausreicht." Dann drohten "mit dem Auslaufen des vergünstigten Tickets Fahrpreiserhöhungen und das Ausdünnen von Linienverkehren", warnte Müller weiter. Viel Zeit für eine Einigung bleibt nicht. Soll das Neun-Euro-Ticket wie versprochen Anfang Juni starten, müssen Bundestag und Bundesrat den Plänen spätestens am 19. und 20. Mai zustimmen.

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