Bahn gegen Metalldiebe:Die geheime Nummer gegen Schienenklau

Die Bahn rüstet auf bei der Jagd gegen Metalldiebe: Tausendfach verschwinden Schienen, Züge verspäten sich deswegen oder fallen gleich ganz aus. Die Zahl der Fälle nimmt zu, deswegen will die Bahn die Schienen künftig besser schützen - mit einer unsichtbaren Markierung.

Klaus Ott

Schuld waren Diebe. Sie hatten in der Nähe von Berlin-Schönefeld der Deutschen Bahn "Festpunkt-Anker" von Oberleitungsmasten gestohlen. Das Metall konnten sie gut verkaufen. Die Folge war, dass der Schienenverkehr zusammenbrach - der Stromabnehmer eines Güterzugs hatte sich in Teilen der Oberleitung verfangen, die nach dem dreisten Diebstahl herabhing. Drei Züge fielen ganz, sieben teilweise aus, 15 wurden umgeleitet - und insgesamt 88 kamen verspätet an. Reparaturarbeiten auf einer Streckenlänge von 800 Metern erfordern eben viel Zeit.

Gütertransport auf der Schiene zurückgegangen

Der Güterbahnhof in Dresden-Friedrichstadt.

(Foto: dpa)

Seitdem die Rohstoffpreise, beispielsweise für Kupfer, infolge des weltweiten Wirtschaftsaufschwungs in die Höhe geschnellt sind, wird bei der Bahn mehr und mehr Buntmetall entwendet. Seit 2009 hat sich die Zahl der Diebstähle verdoppelt, ein jährlicher Materialschaden von rund zehn Millionen Euro.

Ein neues Verfahren soll künftig helfen, die Diebe zu stellen, die ihr geklautes Material über die Grenze verschieben, gern nach Osteuropa: Die gefundene Lösung heißt "künstliche DNS".

Unsichtbarer Zahlencode auf den Schienen - wie beim Geld

Die DB ist weltweit eine der ersten Eisenbahnen, die diese teure Technik nutzt. Kupfer, Aluminium und andere begehrte Metalle werden dabei schwerpunktmäßig, also auf besonders gefährdeten Strecken und Baustellen, mit einem Zahlencode versehen. Der Code ist nur mit einem speziellen Licht erkennbar. Die Täter können also nicht wissen, wo und wie die Schienen, die da zum Einbau bereit liegen, oder all die Kabel und Anker von Oberleitungen markiert sind.

Das Verfahren erinnert an chemisch markierte Geldscheine, mit denen zum Beispiel Erpresser nach Entführungen überführt werden sollen. Und an den genetischen Fingerabdruck. Mit DNS-Spuren, etwa aus Haaren oder Hautpartikeln, lassen sich bekanntlich noch nach Jahrzehnten Verbrechen aufklären. Die Bahn hofft nun auf schnelle Erfolge. Mittels der künstlichen DNS sollen Diebesbanden, Hintermänner und Hehler ausgehoben werden. Tauchen irgendwo verdächtige Metalle auf, dann lässt sich mit dem Zahlencode später feststellen, von welcher Baustelle oder Bahnanlage das Material stammt. Auch bei Routinekontrollen können Polizei und Zoll sofort Diebesgut erkennen. Das soll die Aufklärungsquote deutlich steigern.

2500 Fälle registrierte die Bahn insgesamt im vorigen Jahr, 500 Täter wurden gefasst. Denen wurden nicht nur der Wert des geklauten Metalls in Rechnung gestellt, sondern auch die Folgekosten durch verspätete Züge (8000 Fälle im Jahr 2009).

Geklaut im Übrigen wird nicht nur auf Baustellen, sondern sogar bei längst bestehenden Anlagen. Zuletzt führte das zu Verspätungen und Zugausfällen in Berlin, im Rheinland zwischen Aachen, Köln und Mönchengladbach, sowie in Ostdeutschland zwischen Halle und Merseburg.

Bei Staatsanwaltschaften quer durch Deutschland sind etliche Ermittlungsverfahren anhängig. Urteile gibt es auch schon, bis hin zu Haftstrafen. Kommt es zu "Eingriffen in den Bahnverkehr", wie das in schönstem Juristen-Deutsch heißt, wird das von Gerichten gleich mitgeahndet.

Angesichts der immer dreisteren Täter, die teils sogar tagsüber als Bauarbeiter verkleidet vorfahren, steigt auch der Einfallsreichtum der Eisenbahner. Bei einem "Buntmetallgipfel" besprachen Bahn und Polizei im Juni in Berlin, wie man sich wehren kann: mit mehr Streifengängen, Überwachung von Strecken per Hubschrauber, Videokameras - und mit modernster Technik.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: