Verkehr:EVG lehnt Lohnangebot der Bahn ab

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Die Gewerkschaft nennt bis zu zwölf Prozent mehr Gehalt für zwei Jahre "unzureichend". Nun sind neue Streiks möglich, falls die Tarifpartner nicht zu Verhandlungen finden.

Von Alexander Hagelüken

Neue Konfrontation bei der Bahn: Die Gewerkschaft EVG lehnt auch das verbesserte Lohnangebot des Konzerns von bis zu zwölf Prozent für zwei Jahre ab. Dies sei "sozial ungerecht", weil zu wenig für untere Lohngruppen getan werde, erklärte die EVG am späten Dienstagabend. Nun ist noch unklar, ob es zu weiteren Streiks kommen wird. EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch forderte die Bahn auf, ein ganz neues Angebot zu machen und bereits an diesem Mittwoch zu verhandeln. "Das sollte im Interesse der Bahn sein, denn solange wir am Verhandlungstisch sitzen, wird nicht gestreikt", warnte Loroch.

Die Deutsche Bahn erteilte weiteren Verhandlungen mit der EVG zunächst eine Absage. "Das ist im Moment sinnlos, weil die EVG sich keinen Millimeter bewegt", sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler in der Nacht zum Mittwoch. Die Gewerkschaft beharre "einfach stur auf ihren Ausgangsforderungen" und mache keinerlei Lösungsvorschläge.

Verhandelt wird für gut 200 000 Beschäftigte verschiedener Zugbetriebe, die meisten davon arbeiten bei der Deutschen Bahn. In den dieses Mal sehr harten Tarifverhandlungen kam es bereits zu zwei Warnstreiks, bei denen die Gewerkschaft EVG den Zugverkehr für Millionen Reisende jeweils fast einen Tag lahmlegte. Ein dritter, rund 50 Stunden lang geplanter Streik, wurde in letzter Minute abgesagt.

Die Deutsche Bahn hatte ihr Angebot vergangene Woche erneut erhöht, um Bewegung in die Verhandlungen zu bringen. So bietet der Konzern nun zwölf Prozent mehr Lohn für Beschäftigte, die eher wenig verdienen. Wer mittel oder hoch verdient, würde zehn beziehungsweise acht Prozent mehr Gehalt bekommen. Außerdem gibt es für alle Beschäftigten eine Inflationsprämie von 2850 Euro.

Damit besserte der Konzern an mehreren Stellen nach, nachdem die Gewerkschaft EVG mit Warnstreiks Druck gemacht hatte. Es soll schnell Geld fließen, um den unter der starken Teuerung leidenden Beschäftigten zu helfen. Sie würden die Hälfte der Inflationsprämie bereits von Juli an erhalten. Außerdem soll die dauerhafte Lohnerhöhung wie von der Gewerkschaft gefordert zumindest zur Hälfte bereits ab diesem Jahr gelten.

Die dauerhafte Gehaltsanhebung von bis zu zwölf Prozent entspricht sogar der ursprünglichen Forderung der Gewerkschaft. Allerdings verlangt die EVG diese Erhöhung für nur ein Jahr, um danach weitere Gehaltssteigerungen herauszuhandeln. Die Bahn will die Lohnerhöhung dagegen auf eine Laufzeit des Tarifvertrags von zwei Jahren verteilen. Daran wird deutlich, dass es noch deutliche Unterschiede zwischen beiden Seiten gibt.

Jetzt kommen auch noch die Lokführer

"Wesentliche Punkte unserer Forderungen sind weiterhin nicht erfüllt", sagte EVG-Verhandlungsführer Loroch und nannte das Vorgehen der Bahn "inakzeptabel". Die vorgesehene prozentuale Staffelung benachteilige die unteren Lohngruppen, für die man diesmal deutlich mehr herausholen wolle. Die EVG fordert zwölf Prozent mehr Lohn, aber mindestens 650 Euro mehr, was für untere Lohngruppen einen starken Aufschlag bedeuten würde.

"In der vergangenen Woche haben wir mit der Deutschen Bahn bereits erörtert, welche Veränderungen denkbar sind, die bestehende Ungerechtigkeiten aufzulösen und wie der von uns geforderte Mindestbetrag abgebildet werden könnte. Leider findet sich davon nichts in dem Angebot wieder, das uns vergangene Woche vorgelegt wurde", kritisierte Loroch.

Spekuliert wird, dass die Gewerkschaft EVG womöglich mit einem Abschluss warten will, bis die rivalisierende Gewerkschaft der Lokführer (GDL) am 5. Juni ihre Lohnforderung für die aktuelle Tarifrunde vorstellt. In der Vergangenheit hatte die deutlich kleinere GDL die EVG für moderate Gehaltsabschlüsse verspottet. Beispielsweise, als sich die EVG während der Corona-Pandemie auf geringe Lohnerhöhungen einließ, weil die Züge leer waren und die Bahn hohe Verluste machte. Die Gewerkschaft EVG will daher den Eindruck vermeiden, sie zeige sich bei den Gehaltsgesprächen zu zahm. Allerdings gibt es nach Angaben der EVG bisher nur wenige Arbeitnehmer, die von einer Gewerkschaft zur anderen wechseln.

Die GDL, die fast immer zu Streiks greift, stellt zwar bereits jetzt ihre Gehaltsforderung auf. Verhandelt werden soll aber erst im Herbst. Sobald sich EVG und Bahnbetriebe einig sind, haben die Zugreisenden also erst mal eine Atempause.

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