Fachkräfte aus Tunesien:Deutsche Bahn rekrutiert Auszubildende im Ausland

Fachkräfte aus Tunesien: Die beiden neuen Auszubildenen im Gespräch mit einem Bahn-Ausbilder. Rechts daneben: Entwicklungsministerin Svenja Schulze, SPD

Die beiden neuen Auszubildenen im Gespräch mit einem Bahn-Ausbilder. Rechts daneben: Entwicklungsministerin Svenja Schulze, SPD

(Foto: Till Uebelacker)

Die Bundesregierung will mehr Fachkräfte durch Zuwanderung anwerben. In einem Pilotprojekt hat die Bahn zunächst zwei Azubis aus Tunesien geholt.

Von Till Uebelacker

Sie sind zwar erst zu zweit, aber Soufian Dali, 23, und Oussema Jebour, 25, sollen der Deutschen Bahn helfen, ihr Personalproblem in den Griff zu kriegen. Die beiden Tunesier stehen am Dienstagmorgen bei strahlendem Sonnenschein lächelnd in einer Werkstatt der Deutschen Bahn unweit des Berliner Ostkreuzes. Soufian Dali und Oussema Jebour sind mit einem One-Way-Ticket gekommen, mit Ausbildungsvertrag in der Tasche. Angeworben wurden sie in Tunesien. In den kommenden drei Jahren werden sie als Elektroniker für Betriebstechnik ausgebildet. Danach sollen sie übernommen werden - und die Personallage beim Staatskonzern langfristig entspannen.

24 000 neue Mitarbeitende hat die Bahn 2022 eingestellt, darunter 5200 Nachwuchskräfte. Und immer noch gibt es etwa 9000 offene Stellen, wie ein Blick auf das Karriereportal der Bahn zeigt. Es fehlen Elektriker, IT-Leute und viele andere mehr. Für die Bahn war es ein Sommer der Verspätungsrekorde. Nur wenn die Bahn ihr Personalproblem in den Griff bekommt, gibt es eine Chance, die Kundenzufriedenheit wieder zu steigern.

Migration soll "Triple Win" werden

DB-Personalvorstand Martin Seiler begrüßt die beiden jungen Männer und sagt: "Wir werden alles geben, um Sie optimal zu integrieren und zu qualifizieren." Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit, ist genauso gekommen wie der Gesandte der tunesischen Botschaft und die DGB-Chefin Yasmin Fahimi. Diese Woche soll die neue Fachkräftestrategie im Kabinett beschlossen werden, da ist dies ein willkommener Fototermin. "Von früheren Regierungen wurde Migration immer als Problem gesehen", sagte Entwicklungsministerin Svenja Schulze am Dienstag. Das werde die jetzige Bundesregierung ändern. Es gehe darum, Fachkräfte mit Migrationswunsch zu vermitteln und in Deutschland willkommen zu heißen. "Triple Win" und "Faire Migration", das sind die Schlagworte, die an diesem Vormittag immer wieder zu hören sind. Vom Pilotprojekt, das Entwicklungsministerium, Bundesagentur für Arbeit und Deutsche Bahn aufgesetzt haben, sollen alle drei Beteiligten profitieren: Der chronisch unterbesetzte Staatskonzern, Herkunftsländer wie Tunesien - und die Migranten selbst, die in Deutschland vakante Jobs übernehmen.

"Die demografische Situation in Tunesien, Marokko und Ägypten ist eine andere als in Deutschland", sagt Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit. Die geregelte Migration nach Deutschland sei daher eine Chance für die Menschen. Ohne Zuwanderung würde das deutsche Erwerbspersonenpotenzial bis 2035 um sieben Millionen Menschen sinken, so Nahles. Deshalb brauche es jährlich 400 000 Zuwanderer und Bürokratieabbau. Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) wurden bislang 234 Auszubildende und 44 Fachkräfte aus Tunesien, Marokko und Ägypten an Betriebe in Deutschland vermittelt. "Zuwanderung muss fair geschehen", sagt Yasmin Fahimi. "Und immer unter Tarifbindung." Prekäre Beschäftigung müsse verhindert und zurückgedrängt werden, so die DGB-Chefin. Zu beiden Tunesiern sagt sie: "Wir müssen unsere Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, dass Sie das Abenteuer auf sich nehmen."

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