Der Boom mit Wertpapierzertifikaten ruft die Finanzaufsicht Bafin auf den Plan. "Wir schauen uns sowohl die Produktanbieter an als auch den Vertrieb und prüfen, ob das alles im Einklang steht mit den Interessen der Verbraucher", sagte Bafin-Präsident Mark Branson am Dienstag bei der Jahrespressekonferenz der Behörde in Frankfurt. Der Boom mit diesen Papieren sei kein Zufall in einer Zeit, in der sich die Zinsen für Anleger nur zögerlich verbessert, zugleich aber die Zinsmargen der Banken ausgeweitet hätten, so Branson. Mit anderen Worten: Der Bafin ist aufgefallen, dass Banken und Sparkassen zuletzt wohl ziemlich gut verdient haben beim Vertrieb strukturierter Wertpapiere. Das will sich die Behörde, die auch für Verbraucherschutz im Finanzwesen zuständig ist, näher anschauen. Was genau untersucht werde und mit welchem Ergebnis zu rechnen sei, sagte der Behördenchef nicht, er betonte aber: "Wir nehmen das Thema ernst".
Strukturierte Wertpapiere setzen sich aus unbesicherten, verzinsten Bankanleihen zusammen, die zugleich alle möglichen Kurswetten auf Aktien ermöglichen. Zum Jahreswechsel haben die Anleger in Deutschland 112 Milliarden Euro in diese Art Wertpapiere investiert - 40 Prozent mehr als im Vorjahr und so viel wie seit 16 Jahren nicht. Marktführer mit 51 Prozent waren mit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), der Deka und der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) ausgerechnet drei Banken aus dem Sparkassenlager. Deren Kunden haben derzeit also wohl mehr als 50 Milliarden Euro in solche Papiere investiert. Zuletzt verkauften die Sparkassen Zertifikate vor allem als Alternative zu ihren vergleichsweise niedrig verzinsten Tages- und Festgeldangeboten.
Bafin fordert einfachere Regeln
Verbraucherschützer kritisieren indes schon lange die Komplexität dieser Anlageform. Während solche Produkte für Privatanleger in den USA verboten sind, müssen Banken und Sparkassen hierzulande lediglich in Produktinformationsblättern über Chancen, Risiken und Kosten informieren. "Viel Papier" helfe aber nicht immer, Interessenkonflikte zu vermeiden, sagte Bafin-Chef Branson. Tatsächlich sind die "Beipackzettel" dieser Produkte oft schwer verständlich.
Ohnehin sollten die Europäer die Regulierung vereinfachen, fordert Branson. "Wir sollten Regelwerke systematisch vereinfachen, entschlacken und von Überlappungen befreien." Das gelte nicht nur für Europa, sondern auch für Deutschland. "Wir haben in den vergangenen Monaten ein paar Dutzend Gesetzesstellen ausgemacht, die der deutsche Gesetzgeber entschlacken könnte." Als Beispiele für komplizierte Regelwerke nannte Branson die EU-Regulierung von Kryptowerten und die Regelwerke zum Thema Nachhaltigkeit. "Wir müssen auch deshalb die Komplexität der Regulierung reduzieren, weil sie diskriminierend wirkt", sagte er. Sie erschwere jungen Unternehmen den Markteintritt. Laxere Aufsichtsregeln lehnt er allerdings ab.