Finanzaufsicht:Viele Fragen, viel Verantwortung

FILE PHOTO: Swiss Financial Market Supervisory Authority Chief Executive Branson attends a news conference in Bern

Mark Branson, der neue Chef der Finanzaufsicht Bafin.

(Foto: STEFAN WERMUTH/REUTERS)

Der Finanzausschuss des Bundestags hat sich ein erstes Bild vom neuen Bafin-Präsident Mark Branson gemacht. Die Erwartungen sind hoch, sein eigener Anspruch aber auch.

Von Simon Groß, Berlin

Es dürften viele Fragen gewesen sein, die die Mitglieder des Finanzausschusses am Mittwochmorgen im nicht öffentlichen Gespräch dem designierten Bafin-Chef Mark Branson gestellt haben. Wie will er verhindern, dass sich der Wirecard-Skandal nicht wiederholt? Was möchte er anders machen als sein Vorgänger? Und überhaupt: Wer ist dieser Mann mit dem "sympathischen Akzent aus Schwizerdütsch und Englisch" eigentlich, wie der SPD-Abgeordnete Jens Zimmermann im Anschluss an die Sitzung sagte.

Dass die SPD den neuen Chef der Bafin gut findet, überrascht nicht. Schließlich war es SPD-Finanzminister Olaf Scholz, der den Personalwechsel Anfang der Woche bekannt gab. Bis zum ersten August soll der 52-Jährige, der neben der britischen auch die schweizerische Staatsbürgerschaft besitzt, die Arbeit an der Spitze der Behörde aufnehmen. Doch was sagen die anderen Fraktionen zur Neubesetzung?

Die Befähigung, die Bafin umzukrempeln, spricht Branson zumindest keiner ab. 2010 kam der studierte Mathematiker zur Schweizer Finanzaufsichtsbehörde Finma und stieg 2014 zu deren Direktor auf. Zuvor arbeitete Branson zwölf Jahre lang bei der Schweizer Bank UBS, wo er zuletzt für Finanzen und Risikokontrolle zuständig war. "Mark Branson verbindet internationales Profil mit Schweizer Pragmatismus, er strahlt hohe Motivation aus", so ordnet der FDP-Abgeordnete Florian Toncar den Auftritt Bransons ein. Kritik übt Toncar daran, dass Scholz den personellen Neustart nicht schon vergangenen Sommer in die Wege geleitet habe. Jetzt sei es wichtig, dass der neue Chef das richtige Team um sich herum bekomme, es müssten weitere personelle Veränderungen folgen.

De Masi fordert mehr Personal für die Aufsicht

Das sieht Lisa Paus von den Grünen ähnlich: Bei der Neuaufstellung der Finanzaufsicht und Mitarbeiterfragen solle Branson eng eingebunden werden. Nur so könne ein Kulturwandel gelingen. Und der sei dringend erforderlich, sagt die finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion Antje Tillmann: "Bei Finanzaufsicht, Bilanzkontrolle und Geldwäscheaufsicht muss die Bafin eine Kultur des Hinsehens erhalten." Ihr Fraktionskollege Matthias Hauer (CDU) spricht sich außerdem für ein zeitnahes öffentliches Gespräch zwischen Finanzausschuss und Branson aus, damit sich die Öffentlichkeit ein eigenes Bild vom designierten Bafin-Präsidenten machen könne.

Und Branson selbst? Der habe den Anspruch formuliert, die Bafin zu einer Weltklasse-Aufsicht zu machen, heißt es von Teilnehmern der Sitzung. Der neue Bafin-Chef soll außerdem eine Klarstellung der Aufsicht durch das Wirtschaftsministerium gefordert haben. Was seine Standort-Strategie hinsichtlich Facebook und anderer Digitalkonzerne anbelangt, sei Branson allerdings vage geblieben, so ein Teilnehmer. Weiter habe er betont, dass er als Manager der UBS in Japan nichts mit dem Skandal um die Libor-Manipulation zu tun hatte und die Bank auch wegen unzureichenden Kulturwandels verlassen habe. Der Referenzzinssatz war Ende der Nullerjahre von mehreren Banken manipuliert worden, und die japanische Tochter von UBS war in den Skandal involviert.

Der Finanzexperte der Linken, Fabio De Masi fordert, die Bafin mit mehr Personal auszustatten: Neben Investitionen in künstliche Intelligenz seien vor allem Investitionen in Köpfe und natürliche Intelligenz nötig. "Herr Branson verdient eine faire Chance", so der Linken-Politiker. Der SPD-Abgeordnete Zimmermann teilt die Einschätzung von Branson, dass die Erwartungen zu Recht wahnsinnig hoch seien. Es werde etwas Zeit und auch Geduld brauchen, alle Regelungen umzusetzen und die Bafin neu aufzustellen.

Die Bafin war im Zuge des Wirecard-Skandals erheblicher Kritik ausgesetzt, weil der Aufsichtsbehörde der Bilanzbetrug in Milliardenhöhe nicht aufgefallen war. Ende Januar entließ Scholz den bisherigen Bafin-Präsident Felix Hufeld, nachdem bekannt geworden war, dass ein ehemaliger Bafin-Mitarbeiter im Verdacht stand, Insiderhandel mit Wirecard-Papieren betrieben zu haben. Zuletzt warfen Finanzpolitiker der Bafin vor, zu spät im Fall der Bremer Greensill-Bank eingegriffen zu haben, die ihre Bilanz künstlich aufgepumpt haben soll.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: