Baden-Württemberg:Mieten statt bauen

Weil es zu wenige Parkplätze für Lkws gibt, sucht die grüne Landesregierung nun abseits der Autobahnen. Und will sich bei Speditionen oder Möbelhäusern einmieten.

Von Claudia Henzler

Als Grüner steckt Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann qua Amtsbeschreibung in diversen Zwickmühlen. So muss sein Ministerium das Bahnprojekt Stuttgart 21 nach einem Volksentscheid zähneknirschend mittragen, obwohl die Grünen es inhaltlich noch immer ablehnen. Außerdem sieht sich der überzeugte Öko mit der Aufgabe konfrontiert, Parkplätze für Lastwagen zu schaffen, während er lieber den Gütertransport auf der Straße und die Versiegelung freier Flächen verringern würde.

Doch es hilft nichts: Auch auf Baden-Württembergs Straßen sind immer mehr Lastwagenfahrer unterwegs. Und deren Fahrer müssen nach viereinhalb Stunden Fahrt eine 45-minütige Erholungspause einlegen und nach weiteren viereinhalb Stunden ihren Arbeitstag beenden.

Momentan existieren entlang Baden-Württembergs Autobahnen 6650 Lkw-Stellflächen, bis zum Jahr 2025 werden laut einer Berechnung des Bundes 9000 gebraucht. Es fehlen also nach jetzigem Stand 2300, wobei diese Zahl weiter wachsen könnte, da die Prognose schon mehr als zehn Jahre alt ist und momentan von der Bundesanstalt für Straßenwesen für das Zieljahr 2030 überarbeitet wird.

Der Bund wird die Parkplätze zwar bezahlen, doch herbeischaffen muss sie das Land. In den vergangenen Jahren wurden laut Hermann etwa 120 Lkw-Stellplätze pro Jahr fertiggestellt. Dabei hat sein Ministerium neu gebaut und auch versucht, den vorhandenen Platz besser zu nutzen. So konnte auf einigen kleinen Rastanlagen eine zweite Fahrspur eingespart werden, weil Lastwagen jetzt rückwärts in schräg angeordnete Stellflächen rangieren und auf derselben Spur ausparken.

Nun sucht der Minister mit einer weiteren Idee einen Ausweg aus seinem Dilemma: Sein Haus hat am Freitag eine öffentliche Ausschreibung gestartet, um Parkplätze anzumieten, die sich in der Nähe einer Autobahnausfahrt befinden und nicht durchgehend benutzt werden - etwa auf dem Gelände von Speditionen oder Messen, vielleicht auch bei Möbelhäusern. "Kommunen, Gewerbetreibende und Private können ihre Parkmöglichkeiten dem Land anbieten. Ich freue mich, auf die hoffentlich zahlreichen Angebote", gab sich Hermann beim Start der Ausschreibung zuversichtlich. Die Straßenbauverwaltung werde die Flächen bei Bedarf herrichten, heißt es in der Ausschreibung - also gegebenenfalls stärker befestigen und Toiletten bauen. Laut Ministerium ist alles ab 15 Stellplätzen interessant. Über die Miete ist noch nichts zu erfahren. Auch wie die angemieteten Flächen gebucht werden sollen - etwa durch eine App -, ist offen.

Der Verband Spedition und Logistik in Baden-Württemberg (VSL) begrüßt die Initiative. Geschäftsführer Andrea Marongiu ärgert sich schon länger, dass Gemeinden und Bürgerinitiativen immer wieder die Erweiterung von Rastanlagen verhindern. Aus seiner Sicht ist es höchste Zeit, dass sich die Kommunen stärker engagieren. "Jeder klickt bei Amazon. Aber keiner will den dazugehörigen Lkw-Verkehr."

Auch der grüne Verkehrsminister Hermann nutzte den Anlass noch zu Kritik. Die galt allerdings den "vom Bund unterlassenen Investitionen in den Verkehrsträger Schiene".

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