Baden-Württemberg:Hauptsache, der "Spirit" stimmt

Podiumsdiskussion mit Minister Hermann und Ola Källenius

Daimlerchef Ola Källenius (links) und der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann auf Annäherungskurs.

(Foto: Christoph Schmidt/dpa)

Daimler-Chef und Grüne zeigen, wie sie miteinander auskommen wollen.

Von Claudia Henzler

Daimler und die Grünen führen in Baden-Württemberg eine spannende Zwangsehe. Schließlich ist die Automobilindustrie der wichtigste Wirtschaftszweig im Südwesten, und die Daimler AG nicht nur deren Aushängeschild, sondern auch ein wichtiger Pfeiler des schwäbischen Selbstbewusstseins: Hier wurde das erste Auto der Welt erfunden!

Die Grünen in der Landesregierung haben das akzeptiert und sagen nicht mehr allzu häufig, dass sie es insgesamt schon wünschenswert fänden, wenn nicht nur emissionsärmere, sondern auch weniger Autos auf den Straßen unterwegs wären. Doch das Verhältnis bleibt schwierig. Dazu haben Daimlerchef Ola Källenius und der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann am Mittwochabend ein paar interessante Einblicke gegeben.

Källenius, seit Mai an der Spitze des Konzerns mit seinen weltweit 300 000 Mitarbeitern, ist einer Einladung des grünen Kreisverbands zur Podiumsdiskussion in eine Schulturnhalle gefolgt. Schnell wird deutlich: Der Wirtschaftsmann und der Politiker ticken extrem unterschiedlich, was sich nicht zuletzt beim Thema Dieselskandal zeigt, wo deutsche Autofirmen bekanntlich unerlaubt kreativ wurden, um die Einhaltung von Grenzwerten vorzutäuschen. Man habe inzwischen viele Dinge gelernt, sagt Källenius, man denke jetzt "holistisch". Das heißt konkret: Daimler betrachte Regelungen nicht mehr "nur mathematisch", sondern beachte auch den "Spirit" dahinter, versuche also, sich an dem zu orientieren, was der Gesetzgeber mit den Regeln beabsichtigt hat. Das hört der Politiker neben ihm sicher gern. Die ganze Branche habe das gelernt, ergänzt Källenius und spricht von einer "teuren Lektion". Dann zählt er auf, was das Unternehmen alles unternommen hat, um den Diesel schadstoffarm weiterzuentwickeln. Jetzt sei man in einer "recht fortschrittlichen Position".

Verkehrsminister Hermann hat eine extrem freundliche Grundausstrahlung, weshalb es fast charmant wirkt, wenn er sagt, dass er sich über die 870 Millionen Euro Bußgeld von Daimler freue, weil das Geld in den Landeshaushalt fließt und umweltfreundliche Mobilität zu finanzieren hilft. Insgesamt, so schiebt er nach, ärgere er sich aber sehr. Denn die deutsche Automobilindustrie habe die Politik nach dem Dieselskandal im Kampf gegen Feinstaub und hohe Stickoxidwerte alleingelassen. Hätten sich die Firmen nicht so lange gegen Nachrüstungen gewehrt, müsse Stuttgart jetzt nicht über Fahrverbote für Euro-5-Diesel nachdenken.

Auch hier ist Källenius' Sicht interessant. Er räumt ein, dass sich Daimler aus finanziellen Gründen dagegen entschieden habe, selbst Hardware-Updates zu entwickeln. Erst als der Druck stieg, habe das Unternehmen mit Nachrüstfirmen zusammengearbeitet, um diese für einige Modelle zu entwickeln. Und auf eine Frage aus dem Publikum, ob man freiwillig so viel in Elektromobilität investieren würde, sagt er: "Regulatorischer Druck" löse nun mal Aktionen aus.

Am Ende ist klar: Wie man Ökonomie und Ökologie in Einklang bringt, ist die Frage, um die weiter gerungen werden muss.

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