Der Ausbildungsmarkt steht unter Druck: Im vergangenen Jahr haben Arbeitgeber weniger als 500 000 Ausbildungsverträge abgeschlossen - der niedrigste Wert seit mehr als 40 Jahren. Die Auszubildenden selbst klagen über gekürzten Urlaub, Überstunden und Zukunftsängste durch die Pandemie. Das zeigt nun eine Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), der die Lage der Auszubildenden während der Corona-Pandemie untersucht.
Für die repräsentative Befragung haben Forscher des Mainzer Instituts für sozialpädagogische Forschung 1035 Auszubildende befragt. Die Corona-Pandemie verursacht den Ergebnissen nach Ängste unter den Jugendlichen: Etwa 35 Prozent der Befragten befürchten, die Ausbildung nicht erfolgreich abschließen zu können, da die Inhalte der Ausbildung wegen der Pandemie nur teilweise vermittelt werden konnten. Besonders besorgt sind die Azubis im dritten Ausbildungsjahr, sie stehen kurz vor der Abschlussprüfung: Nur etwa 49 Prozent fühlen sich "gut" oder "sehr gut" über die anstehenden Prüfungen und den Ablauf informiert.
Etwa 95 Prozent der Befragten verbrachten die Krise im Homeschooling beziehungsweise im Distanzunterricht. Zufrieden sind die Auszubildenden damit nicht. Von den Azubis, die bereits vor der Corona-Pandemie ihre Ausbildung begonnen haben, sagt etwa ein Drittel, dass sich die Qualität des Berufsschulunterrichts seit der Pandemie verschlechtert habe. "Vor der Pandemie waren die Schulen technisch nicht auf dem Stand, auf dem sie hätten sein können", sagt Friedrich Esser, Präsident des Bildungsinstituts für Berufsforschung (BIBB). Dennoch: "Wir haben gelernt, wie wichtig gute technische Ausstattung und qualifiziertes Bildungspersonal sind. Diese Professionalisierung müssen wir nun vorantreiben."
Laut Studie haben etwa 60 Prozent der Befragten Teile ihrer Ausbildung anstatt im Betrieb von zu Hause aus absolviert. Dabei hatten allerdings nur etwa 35 Prozent der Befragten alle Materialien und Geräte vom Betrieb zur Verfügung gestellt bekommen, die sie für die Ausbildung im Home-Office brauchen. 20 Prozent der Befragten gaben an, keinerlei Arbeits- und Lernmittel erhalten zu haben. Ebenso gab es bei der Betreuung Engpässe: Nur einem Drittel der Befragten stand während der Home-Office-Phasen "immer" Ausbildungspersonal zur Verfügung. Die Pandemie stellt die Betriebe vor Herausforderungen - insbesondere in Branchen, in denen Home-Office nicht möglich ist, weiß Esser. "Die Unternehmen haben trotzdem versucht, den Auszubildenden weiterhin in den Betrieben die Inhalte zu vermitteln - unter Hygienevorschriften und ohne Kundenkontakt."
Viele Azubis mussten Überstunden machen oder erhielten weniger Urlaub
Die Studie zeigt, dass die Auszubildenden Überstunden während der Corona-Pandemie machen. Etwa ein Drittel der Azubis gab an, "immer" oder "häufig" länger arbeiten zu müssen. Fast 80 Prozent arbeiteten dabei wöchentlich bis zu fünf Stunden mehr. Ein Viertel der Jugendlichen musste außerdem "häufig" oder "immer" ausbildungsfremde Tätigkeiten, wie Botengänge oder Putz- und Aufräumarbeiten, erledigen. Dieser Wert hat sich im Vergleich zur Vor-Pandemie-Zeit mehr als verdoppelt.
Doch nicht nur die Qualität der Ausbildung litt nach Angaben der Befragten unter der Pandemie. Auch beim Gehalt gab es Einbußen. Unternehmen haben etwa einem Viertel der Befragten die Ausbildungsvergütung gekürzt. Auch auf Urlaubstage mussten einige Auszubildende verzichten. So sagte fast jeder fünfte Azubi, dass ihr oder ihm in der Pandemie mindestens einmal der Urlaub gekürzt wurde. Bei etwa 62 Prozent der Betroffenen ging es dabei um bis zu fünf Urlaubstage.
Der Jugendreferent des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Joscha Wagner, spricht von alarmierenden Ergebnissen. Es sei die Pflicht der Arbeitgeber, für eine gute Ausbildungsqualität zu sorgen und geltende Gesetze einzuhalten. "Um das zu gewährleisten, brauchen wir mehr effektive und regelmäßige Kontrollen in den Ausbildungsbetrieben", sagt Wagner. "Sonst geht es immer stärker zulasten der Auszubildenden."