Medien:Die Zerschlagung von Springer rückt näher

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Eine Skulptur vor dem Springer-Hochhaus in Berlin. (Foto: Schöning/IMAGO)

Künftig könnte es eine Firma für das Mediengeschäft mit „Bild“, „Welt“ und „Politico“ geben – und eine separate für die Internetgeschäfte. Der Finanzinvestor KKR drängt auf eine Aufteilung.

Von Caspar Busse

Fünf Jahre ist es jetzt her, dass sich das Berliner Medienunternehmen Axel Springer einen sehr finanzkräftigen Gesellschafter an Bord holte: 2019 stieg die US-Beteiligungsfirma KKR ein. Seitdem müssen Verlagserbin Friede Springer, 81, und Vorstandschef Mathias Döpfner, 61, ihre Macht mit den Geldleuten aus New York (die noch den kanadischen Pensionsfonds CPPIB dazuholten) teilen. Doch damit könnte bald Schluss sein.

Denn nun rückt eine Aufteilung von Deutschlands großem Medienunternehmen mit seinen insgesamt rund 18 000 Mitarbeitern näher. Das Modell sieht so aus: Eine Gesellschaft soll sich künftig auf das eigentliche Mediengeschäft konzentrieren, dazu gehören in Deutschland Bild und Welt mit ihren Onlineangeboten und ihren gedruckten Ausgaben, sowie internationale Medienmarken wie Politico oder Business Insider. In einer zweiten Firma werden die übrigen Aktivitäten gebündelt, darunter dann etwa das Onlinestellenportal Stepstone, das Anzeigengeschäft mit Immobilien unter dem Namen Aviv (dazu gehört auch Immowelt) oder das Preisvergleichsportal Idealo (bei dem zuletzt der Chef wechselte). Friede Springer und Döpfner hätten dann die Kontrolle über die publizistischen Aktivitäten, KKR und der Pensionsfonds das Sagen bei der anderen Gesellschaft. Die Verhandlungen würden aktuell laufen, berichtet die Financial Times. Axel Springer wollte keinen Kommentar dazu abgeben.

„Das Modell ist sehr wahrscheinlich“, sagt ein Insider. Es sei aber noch keine Entscheidung gefallen. Wann es so weit ist: offen. Möglicherweise könnte es noch in diesem Jahr zu einer Aufspaltung kommen, die konkrete Planung sei aber noch „sehr am Anfang“. Die Modalitäten sind zudem komplex. Die Internetgeschäfte sind profitabler und damit mehr wert als die mit den Medien. Deshalb sind zunächst komplizierte Bewertungsfragen zu klären. Denkbar ist zum Beispiel, dass Friede Springer und Döpfner einen kleineren Anteil an der neuen Internetfirma bekommen oder eine Kompensationszahlung. KKR hält derzeit 35,6 Prozent am gesamten Unternehmen Springer, der Pensionsfonds CPPIB weitere 12,9 Prozent – zusammen also knapp unter 50 Prozent. Die übrigen Anteile sind in den Händen von Friede Springer und Döpfner. Üblicherweise denken Finanzinvestoren spätestens nach fünf Jahren über einen möglichen Ausstieg nach.

SZ PlusSpringer-Verlag
:Ein großer Schnitt

Nach dem Einstieg des Investors KKR kündigt Springer-Vorstandschef Döpfner hartes Sparen an, sagt aber, dass er Friede Springer auf Augenhöhe mit KKR sehe. Die Erbin selbst erklärt, dass sie die "Welt" mehr liebe als die "Bild".

Interview von Caspar Busse und Laura Hertreiter

„Ich hoffe, das Unternehmen wird größer, stärker, erfolgreicher sein“, sagte Verlegerin Friede Springer noch 2019 im SZ-Interview auf die Frage, wie das Unternehmen 2029 aussehen werde. Jetzt könnte es anders kommen. Springer ist in den vergangenen Jahren zwar größer geworden, 2021 wurde unter anderem für etwa eine Milliarde Dollar die Medienfirma Politico gekauft. Künftig wäre die Verlagserbin nach einer Aufspaltung aber maßgeblich an einem kleineren Unternehmen beteiligt.

Spekulationen über die Aufteilung gibt es bereits seit dem Einstieg des Finanzinvestors vor fünf Jahren. KKR war offenbar von Anfang an viel mehr an den Internetaktivitäten interessiert, die auch mehr Gewinn abwerfen und sich besser verkaufen lassen. Friede Springer und Döpfner dagegen hatten immer ein größeres Augenmerk auf das Mediengeschäft, das aber wegen des Rückgangs der Anzeigen und der Konkurrenz durch soziale Medien zunehmend schwieriger wird. „Wir bleiben ein journalistisches Haus“, betonte Friede Springer in der Vergangenheit immer wieder.

Der Journalisten-Verband sieht die Pläne nicht kritisch

Ungewöhnlich wäre die Aufteilung nicht. Rupert Murdoch etwa hatte schon vor Längerem seinen Medienkonzern aufgeteilt und das reine Mediengeschäft, etwa mit dem Wall Street Journal oder der Times in London, abgespalten. Auch beim deutschen Fernsehunternehmen Pro Sieben Sat 1 ist das gerade ein Thema. Investoren wie die Berlusconi-Firma Media for Europe drängen auf eine Aufspaltung – in das reine Fernsehgeschäft und in die übrigen Aktivitäten. Zu Pro Sieben Sat 1 gehören etwa das Vergleichsportal Verivox, die Plattform Billigermietwagen.de oder die Onlinepartnerbörse Parship/Meet. Viele Medienunternehmen waren in Internetgeschäfte expandiert, um unabhängiger vom schwankungsanfälligen Werbegeschäft zu werden und das eigentliche Mediengeschäft querzufinanzieren. Zudem wanderte das Anzeigengeschäft, etwa für Immobilien oder Stellen, immer mehr ins Netz ab, auch deshalb engagierte sich Axel Springer dort.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte Springer am Freitag auf, für Klarheit über mögliche Aufteilungspläne zu sorgen. „Sowohl die Beschäftigten als auch die Öffentlichkeit haben ein Anrecht auf Klarheit“, teilte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster mit: „Wir haben es hier nicht mit einem Hinterhof-Tüftler, sondern mit Deutschlands größtem Medienkonzern zu tun.“ Eine Abspaltung der digitalen Werbeplattformen sehe der DJV nicht grundsätzlich kritisch. „Wenn das zu einer stärkeren Fokussierung des Konzerns auf seine Medien führt, ist das nicht zu verurteilen.“ KKR-Europachef Johannes Huth, der den Springer-Deal damals einfädelte, hatte erst vor wenigen Tagen seinen Abschied verkündet. Offen ist, ob die Personalie mit dem Bekanntwerden der Pläne zusammenhängt.

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