Süddeutsche Zeitung

AV-Software:Diese Antivirenprogramme empfiehlt Stiftung Warentest

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Wenn es nach Robert O'Callahan geht, dann hat die Stiftung Warentest Produkte getestet, die ohnehin niemand kaufen sollte. Ende Januar wütete der ehemalige Firefox-Entwickler gegen Antivirenprogramme. Die Software würde Nutzer nicht schützen, sondern sei vielmehr ein Sicherheitsrisiko für die meisten Windows-Rechner, da sie die Arbeit der Sicherheitsexperten bei Mozilla oder Google verhindere und selbst zahlreiche Schwachstellen aufweise.

Der Blogeintrag löste eine kontroverse Debatte unter IT-Fachleuten aus. Neben viel Zustimmung gab es auch heftige Kritik etwa vom renommierten Sicherheitsforscher Graham Cluley. O'Callahan argumentiere an der Realität der normalen Anwender vorbei, der durchschnittliche Nutzer ohne besondere Fachkenntnisse profitiere sehr wohl von aktueller AV-Software.

So sieht das auch die Stiftung Warentest. Sie hat 17 Sicherheitsprogramme miteinander verglichen und widerspricht O'Callahans Rat, sich am besten auf die Bordmittel von Windows 10 zu verlassen: "Unser Test spricht gegen diese Behauptung. Jedes der geprüften Programme schützt den Computer besser als Microsofts Defender."

So ist die Stiftung Warentest vorgegangen

  • Die Tester haben 13 kostenpflichtige Antivirenprogramme gekauft und getestet. Außerdem wurden vier kostenlose Anwendungen sowie der Microsoft Defender überprüft, der bereits in Windows integriert ist. Die AV-Software lief auf Windows-10-Rechnern mit Google Chrome als Browser.
  • Die Schutzwirkung ist am wichtigsten und macht dementsprechend 65 Prozent des Endergebnisses aus. Dabei wird zwischen der Funktionalität des Wächters und des Scanners unterschieden. Ersterer überwacht das Verhalten des Nutzers und überprüft jede Aktion in Echtzeit auf mögliche Bedrohungen. Wer sich trotzdem einen Schädling einfängt, kann diesen mit dem Scanner rückwirkend aufspüren und anschließend löschen oder in Quarantäne verschieben.
  • Der Rest der Note setzt sich aus Handhabung (25 Prozent) und dem Ressourcenbedarf der Programme (zehn Prozent) zusammen. Wenn die Software keine verständliche Hilfefunktion anbietet, sich nicht intuitiv bedienen lässt oder den Start des Rechners spürbar verzögert, führt das zu Abwertungen.

Das sind die zentralen Ergebnisse

  • Der Testsieger heißt "Norton Security Standard" (23 Euro/Jahr). Es ist die einzige AV-Software mit einem sehr guten Wächter - das Programm erkennt mögliche Risiken also besonders zuverlässig im laufenden Betrieb.
  • Insgesamt elf Anwendungen haben mit einer guten Note abgeschlossen. Der Rest ist befriedigend, die schlechteste Testnote ist 3,0 (für McAfees "Antivirus Plus" für 60 Euro pro Jahr und den kostenlosen Windows Defender von Microsoft).
  • Auch die Gratisprogramme "Antivirus Free" von AVG und "Free Antivirus" von Avira schützen gut. Teilweise erkennen sie Schädlinge zuverlässiger als teure Kauf-Software. Allerdings bieten die kostenlosen Anwendungen weniger Zusatzfunktionen. So fehlen etwa Kindersicherung und ein besonders geschützter Browser für das Online-Banking.
  • Der in Windows integrierte Defender ist nach Ansicht der Stiftung Warentest "besser als nichts". Sie raten aber, eine zusätzliche Software zu installieren. Wächter und Scanner arbeiteten demnach nur befriedigend, außerdem bemängeln die Tester unvollständige Hilfe und schlechte Dokumentation der Funktionen.
  • Der vollständige Test kostet 2,50 Euro und kann direkt bei der Stiftung Warentest gelesen werden.

Wichtige Ratschläge

  • Ein Großteil der AV-Software ist im Onlinehandel deutlich günstiger zu haben als direkt beim Hersteller. So lassen sich teilweise mehr als 50 Prozent sparen: Die Jahreslizenz für den Testsieger "Security Standard" kostet auf der Homepage von Norton regulär 50 Euro. Wer Preise vergleicht, zahlt im Schnitt 23 Euro.
  • Ein altes Bonmot gilt nach wie vor: Der wichtigste Virenschutz heißt "brain.exe". Der Nutzer sollte also sein Hirn eingeschaltet lassen. Selbst die beste Software erkennt nicht alle Bedrohungen sofort, und wenn man sich erstmal Erpressersoftware eingefangen hat, die alle Dateien auf dem Rechner verschlüsselt und Lösegeld verlangt, dann hilft der akribischste Scanner auch nicht weiter - der Schaden ist schließlich schon angerichtet.
  • Deshalb: keine unbekannten Anhänge öffnen und nicht auf verdächtige Links klicken, bei E-Mails mit unbekanntem Absender grundsätzlich misstrauisch sein und selbst bei einem scheinbar vertrauenswürdigen Absender immer doppelt und dreifach überprüfen, ob man nicht einem Betrugsversuch aufsitzt (die Methoden der Kriminellen werden immer ausgefeilter). Und wer die Sicherheit seines Rechners mit wenigen Mausklicks signifikant erhöhen will, deaktiviert den Flash-Player.
  • Zum Weiterlesen: Im vergangenen Dezember hat Hanno Böck die Problematik von AV-Software ausführlich und fachkundig analysiert. Er kritisiert die Schwachstellen der Programme. Der Artikel lässt zahlreiche Experten zu Wort kommen und liefert einen guten Überblick über die Szene.

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