Autozulieferer:Edscha ist zahlungsunfähig

Der Remscheider Autozulieferer Edscha ist zahlungsunfähig. Die Gewerkschaft IG Metall macht den Finanzinvestor Carlyle für die Insolvenz verantwortlich. Die Firma hat weltweit 6500 Beschäftigte.

Stefan Weber

Der vor allem durch Dachsysteme für Cabrios bekannte Automobilzulieferer Edscha hat am Montag beim Amtsgericht Wuppertal Antrag auf Insolvenz gestellt. Hintergrund sei der massive Umsatzeinbruch infolge der Krise der Automobilindustrie sowie der erschwerte Zugang zu Kapital, sagte eine Firmensprecherin. Zum Insolvenzverwalter wurde der Kölner Rechtsanwalt Jörg Nerlich bestellt.

Autozulieferer: Der Autozulieferer Edscha hat Insolvenzantrag gestellt.

Der Autozulieferer Edscha hat Insolvenzantrag gestellt.

(Foto: Foto: dpa)

Das mehr als 100 Jahre alte Unternehmen verfügt über ein Netz von weltweit 29 Werken und Vertriebsniederlassungen, davon vier in Deutschland. Wichtigster Standort neben der Firmenzentrale in Remscheid ist Hengersberg im Bayerischen Wald. Dort beschäftigt Edscha 1600 seiner weltweit etwa 6500 Mitarbeiter. Zudem ist Edscha in Regensburg sowie im bayerischen Hauzenberg mit Produktionsstätten vertreten. Insgesamt arbeiten für Edscha in Deutschland 2300 Menschen.

Der Autozulieferer gehört seit etwa sechs Jahren mehrheitlich der amerikanischen Investmentfirma Carlyle. Die Beteiligungsgesellschaft hatte nach Angaben einer Edscha-Sprecherin Ende vergangenen Jahres 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um Edscha vor der Insolvenz zu bewahren. Aber diese Summe habe nicht gereicht. In Gesprächen mit Kunden und Banken habe das Management bis zur letzten Minute versucht, eine Insolvenz zu vermeiden.

Börsennotiz eingestellt

Dagegen macht die IG Metall Bayern den Eigentümer für die Insolvenz verantwortlich. "Carlyle hat Edscha ausgesaugt bis zur Blutleere", sagte Bezirksleiter Werner Neugebauer in München. Edscha habe den eigenen Kaufpreis finanzieren und seine Gewinne über Jahre an den Finanzinvestor abführen müssen. Deshalb habe das Unternehmen nahezu kein Eigenkapital bilden können, das nötig gewesen wäre, um die Krise zu überstehen, meinte der Gewerkschafter. Er betonte, Edscha verfüge über erstklassige, weltweit gefragte Produkte. Es müsse jetzt darum gehen, möglichst viele Standorte zu erhalten.

Carlyle hatte Edscha 2004 von der Börse genommen, das Management ausgewechselt und eine tiefgreifende Umstrukturierung durchgeführt. Weltweit wurden mehrere Standorte aufgegeben und über 1000 Stellen gestrichen. Das Geschäft mit Schiebeverdecken für LKW wurde ebenso verkauft wie der erst 2001 erworbene Münchener Fahrzeugentwickler IVM Automotive.

Der Umbau trug Früchte: Seit 2007 ging es bei Edscha kräftig bergauf, allein in Deutschland wurden knapp 1000 neue Arbeitsplätze geschaffen, ehe die Nachfrage aus der Automobilindustrie im August vergangenen Jahres deutlich einbrach. Damals stand das Unternehmen dicht vor einem Eigentümerwechsel. Carlyle hatte mehrere Optionen für einen Ausstieg geprüft, darunter auch einen Börsengang. Zur Ertragsentwicklung hatte der Vorstand in den vergangenen Jahren keine detaillierten Angaben gemacht. Für 2006/07 hatte es lediglich geheißen, es sei ein "zufriedenstellender Ertrag" erwirtschaftet worden.

Stark bei Cabrios

Mit einem Marktanteil von 23 Prozent zählt Edscha zu den drei weltweit führenden Anbietern von Cabrio-Dachsystemen. Noch vor ein paar Jahren war das Unternehmen ausschließlich für BMW tätig gewesen. Doch inzwischen zählen mit Ausnahme der asiatischen Autobauer nahezu sämtliche Fahrzeughersteller zu den Kunden der Firma aus Remscheid im Bergischen Land.

Das Geschäft mit Hard- und Softtops sowie versenkbaren Metalldächern ist der Wachstumsmotor des Unternehmens, das allerdings den Großteil seines Umsatzes von zuletzt 1,1 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2007/08 (zum 30. Juni) nach wie vor mit Karosserieprodukten erwirtschaftet. Scharniere, Türfeststeller, Feststellbremsen oder Pedalwerke - mit diesen Teilen erwirtschaftete die Gruppe in den vergangenen Jahren einen Umsatz von jeweils mehr als 650 Millionen Euro.

Vorrangiges Ziel ist es nach Auskunft der Edscha-Sprecherin nun, die Belieferung sämtlicher Kunden aufrechtzuerhalten. "Wir wollen an den betroffenen Standorten so viele Arbeitsplätze wie möglich sichern", betonte sie. Die langfristigen Perspektiven für das Unternehmen seien gut.

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