Streit um deutsche Autos:Zölle runter, aber nicht um jeden Preis

Streit um deutsche Autos: Verladung von Autos im Hafen der US-Stadt Oakland.

Verladung von Autos im Hafen der US-Stadt Oakland.

(Foto: AP)

Sollte Trump wirklich bereit sein, die Autozölle in der EU und den USA abzuschaffen, wäre das eine große Chance. Es darf aber nicht nur um deutsche Interessen gehen.

Kommentar von Jan Schmidbauer

Das Treffen fand in kleiner Runde statt und sollte eigentlich geheim bleiben. Am Mittwoch reisten die Chefs der Autokonzerne VW, Daimler, BMW und Continental nach Berlin, auch der Präsident des Automobilverbands VDA war dabei. Die Automanager hatten eine Einladung von prominenter Stelle. Eine Einladung, die wie gerufen kam für die Konzerne, die kaum etwas so fürchten wie die drohenden US-Zölle auf deutsche Autos.

Richard Grenell, der US-Botschafter in Deutschland, rief die mächtigen Manager in seinen Dienstsitz am Brandenburger Tor und soll ihnen dort eine Lösung für den schwelenden Konflikt um deutsche Autos präsentiert haben. Aussehen soll sie in etwa so: Die USA verzichten auf jegliche Zölle beim Import von Autos, solange die EU dasselbe tut.

Es ist ein Vorschlag, der charmant klingt. Ausufernde Zölle, da sind sich viele Ökonomen einig, erzeugen langfristig nur Verlierer. Wenn beide Seiten auf Handelsbeschränkungen verzichten, wäre also etwas erreicht. Eines muss die deutsche Autoindustrie jedoch tunlichst vermeiden: Sie darf nicht den Eindruck erwecken, nur für ihre eigenen Interessen zu kämpfen. Das wäre brandgefährlich. Und es könnte wie ein Kniefall vor der breitbeinigen Verhandlungstaktik des US-Präsidenten aussehen.

Zunächst ist Folgendes klarzustellen: Deutschland, geschweige denn deutsche Automanager, können nicht einfach und einseitig mit Trumps Regierung über Zölle verhandeln. Sie haben dazu gar kein Mandat. Das wissen sie in den Chefetagen der Autokonzerne. Und das weiß auch Botschafter Grenell. Nicht umsonst schlug er vor, dass die gesamte EU ihre Auto-Importzölle abschafft. Dass Deutschland dies eigenständig tut, ist nach den WTO-Regeln auch gar nicht möglich.

Sollte die deutsche Autoelite nun versuchen, mit der US-Regierung eigenständig Deals zu schließen, würde sie sich einerseits auf das Niveau des irrlichternden Präsidenten aus Washington begeben. Andererseits würde sie ein verheerendes Bild in der Welt hinterlassen: Das Bild eines deutschen Alleingangs. Aber das ist, nach allem was man aus der Industrie hört, auch gar nicht deren Ziel.

Geht Europa geschlossen vor, könnte das Angebot der USA eine große Chance sein

Es geht den Autobauern darum, alle Europäer auf ihre Seite zu ziehen - Multilateralismus statt einseitige Drohpolitik à la Trump. Die Interessen von Nachbarländern wie Italien und Frankreich - und deren Autokonzernen - stehen ja genauso auf dem Spiel wie die von VW, Daimler und Co. Ihnen muss deshalb auch genauso viel Bedeutung beigemessen werden, wenn man Trump von Zöllen auf Autos aus Europa abhalten will.

Geht Europa geschlossen vor, könnte das Angebot der USA sogar eine große Chance sein. Der US-Präsident gilt bislang als Freund von bilateralen Lösungen. Er will Deals mit einzelnen oder wenigen Ländern schließen und damit den Siegeszug von internationalen Vereinbarungen und Bündnissen torpedieren.

Sollte man Trump dazu bringen, ein Abkommen mit allen EU-Staaten zu schließen, würde man den US-Präsidenten in die Pflicht nehmen. Hätte er eine grundlegende Einigung mit der EU und ihren Autoherstellern getroffen, würde Trumps nächstem Wutausbruch gegen die deutschen Autokonzerne jede Grundlage fehlen. Eine Garantie ist das alles nicht, dafür ist dieser Präsident zu unberechenbar. Aber es wäre ein erster Schritt.

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