FinanzaufsichtBafin will schnellere Schadenzahlung

Lesezeit: 2 Min.

Solche Schäden können teurer werden. Versicherungen lassen sich oft Zeit mit der Zahlung.
Solche Schäden können teurer werden. Versicherungen lassen sich oft Zeit mit der Zahlung. (Foto: Zacharie Scheurer)

Nach einem Unfall oder einer komplizierten medizinischen Behandlung monatelang auf das Geld von der Versicherung warten? Das passiert zu oft, findet die Versicherungsaufsicht bei der Bafin und droht den Gesellschaften mit Konsequenzen.

Von Ilse Schlingensiepen, Köln

Die Finanzaufsicht Bafin will lange Wartezeiten von Kunden oder Geschädigten auf die Zahlung von Leistungen für Versicherungsschäden nicht länger hinnehmen. Das hat sie den Gesellschaften mitgeteilt. Die Branche kämpft seit mindestens zwei Jahren mit großen Problemen. Der größte deutsche Autoversicherer HUK-Coburg machte Schlagzeilen: Bearbeitungszeiten für einfache Unfallschäden von zwei bis drei Monaten, mehr als 300 000 Schriftstücke Rückstand: Das war Mitte 2023 der Zustand der Schadenbearbeitung bei dem fränkischen Unternehmen. Es war nicht allein damit, die meisten Autoversicherer hatten Probleme, einige haben sie bis heute.

Es gibt viele Gründe für die Verärgerung der Kunden. Der Unfallwagen wartet in der Werkstatt, aber der Versicherer meldet sich erst nach Wochen mit der Freigabe. Versicherer prüfen auf Mitverschulden von Geschädigten, verlangen umfangreiche Unterlagen neben dem Polizeibericht oder bestellen erst sehr spät einen Gutachter. Natürlich werden viele Schäden sofort völlig ohne Komplikationen gezahlt, aber das ist kein Trost für Betroffenen mit langen Wartezeiten.

Auch in der privaten Krankenversicherung (PKV) herrscht oft Kundenfrust. Da teilten Gesellschaften nach Einreichung von Arztrechnungen mit, dass sie erst in acht Wochen bearbeitet werden können, weil Personal fehlt. In manchen Fällen gibt es ausufernde Rückfragen, werden Atteste und andere Unterlagen angefordert. Das kann für Kundinnen und Kunden der PKV unangenehme Folgen haben. Sie müssen den Arzt zunächst selbst bezahlen und können damit nicht warten, bis der Versicherer die eingereichten Rechnungen erstattet hat.

Die Bafin hat jetzt in einer Aufsichtsmitteilung an die Gesellschaften klargestellt: In „durchschnittlich gelagerten Fällen“ müssen die Leistungsanträge innerhalb eines Monats bearbeitet werden. Das diene dem Schutz der Versicherten. Voraussetzung für die Monatsfrist ist, dass die Versicherten mitwirken, wie es nötig ist, und die notwendigen Informationen zur Verfügung stellen.

Bei der Aufsicht sind viele Beschwerden eingegangen

„Mangelnde Personalressourcen oder ein erhöhtes Schadenaufkommen können kein Grund für dauerhafte Verzögerungen in der Bearbeitung von Leistungsanträgen sein. Wir erwarten, dass die Versicherer zügig arbeiten“, stellt Julia Wiens klar, Chefin der Bafin-Versicherungsabteilung. „Die Versicherungsaufsicht wird das Leistungsverhalten der Versicherer weiterhin beobachten und bei Verzögerungen geeignete aufsichtliche Maßnahmen ergreifen“, kündigt sie an.

Bei der Aufsicht sind in den vergangenen Monaten zahlreiche Beschwerden von Versicherten oder Geschädigten wegen der langen Bearbeitungszeiten eingegangen. Die Bafin-Beschwerde ist eines der Instrumente, die verärgerte Kundinnen oder Kunden bei langen Verzögerungen nutzen können. Auch eine Beschwerde beim Vorstand der Gesellschaft oder bei den Ombudsmännern für Versicherung und für PKV können helfen. Oft bleibt nur der Weg zum Anwalt.

In der Kfz-Versicherung sieht die Aufsicht mit Blick auf die Bearbeitungsdauer bereits Verbesserungen. In der PKV dauerten die Prozesse dagegen immer noch länger, als man sich das wünsche, sagte ein Sprecher.

Die Bafin sieht genau hin und setzt dabei auf den Dialog mit den Unternehmen. Sie prüft die Gründe für die Verzögerungen. Bei Personenschäden kann es durch die Einholung von Sachverständigengutachten, Ortsbegehungen oder behördliche Ermittlungen zu längeren Bearbeitungszeiten kommen. Bei dem Großteil der Schäden ist das aber nicht der Fall.

Die Bafin lässt sich zeigen, was der jeweilige Versicherer tut, um Rückstände abzubauen. Dann überwacht sie, ob es tatsächlich zu einer wirksamen Beseitigung der Mängel kommt. In der Regel reicht dieses Vorgehen offenbar. Wenn nicht, hat die Bafin weitere Instrumente zur Hand, um die Unternehmen auf Trab zu bringen – von der Missbilligung über ein Bußgeld bis zur Verwarnung der Verantwortlichen. „Es kann zu temporären Verzögerungen kommen, aber das sollten Ausnahmen sein und die Rückstände sollten systematisch abgebaut werden“, stellt der Sprecher klar.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Interview mit dem Ifo-Präsidenten
:„Eine neue Weltwirtschaftskrise? Das ist leider nicht auszuschließen“

Der Ökonom Clemens Fuest über das von Donald Trump ausgelöste Chaos, die noch immer nicht gebannte Gefahr einer globalen Krise – und die Chancen, die darin für Europa trotz aller Risiken liegen könnten.

SZ PlusInterview von Caspar Busse und Alexander Mühlauer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: