Mobilität:Kfz-Versicherungen werden teurer – wieder einmal

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Auto auf einer überfluteten Straße nach einem Hagelunwetter im Juli in Immenstadt. (Foto: Michael Breher/dpa)

Die Autoversicherer werden die Preise weiter erhöhen, prognostiziert der Rückversicherer E+S Rück.

Von Patrick Hagen, Friederike Krieger, Baden-Baden

Autofahrer können wohl frühestens für 2027 mit einer Entspannung bei ihrer Kfz-Versicherung rechnen. Für das kommende Jahr werden die Tarife in der Kfz-Haftpflichtversicherung im Durchschnitt um acht Prozent steigen, so prognostizierte es der Rückversicherer E+S Rück beim Branchentreffen in Baden-Baden. Die Rechnungen liegen in den kommenden Wochen im Briefkasten der Versicherten. Schon für das laufende Jahr waren die Tarife deutlich nach oben gegangen. Auch Ende 2025 seien noch einmal Erhöhungen für die Verträge 2026 zu erwarten.

Für Vollkasko müssen Kunden demnach 2025 durchschnittlich zwölf Prozent mehr zahlen, in Teilkasko sind es immerhin noch acht Prozent. Die E+S Rück ist eine Tochter des weltweit drittgrößten Rückversicherers Hannover Rück und sichert viele deutsche Autoversicherer gegen große Belastungen ab. Dadurch hat sie einen guten Markteinblick. Die von der E+S Rück prognostizierten Erhöhungen bedeuten, dass Kunden im kommenden Jahr im Durchschnitt 299 Euro anstatt 277 Euro für die Autohaftpflichtdeckung zahlen müssen. Bei Vollkasko sind es 412 Euro anstatt 368 Euro.

Derzeit läuft die sogenannte Wechselsaison. Bis Ende November können die meisten Kundinnen und Kunden ihren Vertrag kündigen und sich für 2025 einen neuen Anbieter suchen. In den vergangenen Jahren konnten sie damit häufig den Prämienerhöhungen entgehen. Viele Versicherer verlangten zwar mehr von ihren Bestandskunden, machten Neukunden aber attraktive Angebote. Das wird jetzt nicht mehr so einfach möglich sein, erwartet E+S Rück. „Hier passen die Kfz-Versicherer besser auf“, sagte Kfz-Bereichsleiter Stefan Schmuttermair. „Die Tarifmaßnahmen werden deshalb besser greifen.“

Die Autoversicherer stecken tief in den roten Zahlen

Die Autoversicherer stecken tief in den roten Zahlen. Während der Pandemiejahre mussten sie nur für wenige Schäden aufkommen, doch seither steigt die Zahl der Schäden deutlich an. Hinzu kommt: Ersatzteile und Stundensätze der Werkstätten sind wegen der Inflation deutlich teurer geworden. Das belastet die Bilanzen der Versicherer – die Reserven für Jahre mit besonders hohen Schadenbelastungen seien bereits weitgehend aufgebraucht.

Im vergangenen Jahr verzeichneten die deutschen Autoversicherer einen versicherungstechnischen Verlust von 3,4 Milliarden Euro – laut E+S-Experte Schmuttermair ein historisch schlechtes Ergebnis. Die Zahl gibt an, wie die Unternehmen mit dem reinen Versicherungsgeschäft abschneiden. Gewinne aus den Kapitalanlagen sind nicht eingerechnet.

Auch in diesem Jahr dürfte unter dem Strich immer noch ein Defizit von 2,3 Milliarden Euro stehen. Schmuttermair geht davon aus, dass die Tarife auch Ende nächstes Jahr weiter steigen müssen. Denn auch 2025 werden die Autoversicherer wohl noch einen Verlust von 1,6 Milliarden Euro schreiben. Erst für 2026 rechnet er mit einem ausgeglichenen Ergebnis, was sich dann auf die Verträge 2027 auswirkt.

Besonders schlecht sieht es in der Vollkasko-Sparte aus. Schmuttermair zufolge sind im vergangenen Jahr 2,9 Milliarden Euro des Verlustes von 3,4 Milliarden Euro auf Vollkasko entfallen. Um schon 2025 ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen, müssten die Versicherer die Preise noch deutlich stärker erhöhen. E+S Rück hat berechnet, dass die Prämien branchenweit im Durchschnitt um 17,5 Prozent steigen müssten. Das ist wegen der starken Konkurrenz kaum zu erwarten.

Makler fordern Preissenkungen

In anderen Bereichen der Rückversicherung wünschen sich die Rückversicherer ebenfalls höhere Preise. Das stößt auf Unverständnis bei den Erstversicherern, die bereits in den vergangenen Jahren immer mehr für den Rückversicherungsschutz zahlen mussten. Auch Makler fordern Preissenkungen: „Unsere Einschätzung ist, dass eine spürbare Verbesserung der Nachfrageseite möglich sein sollte“, sagte Jan-Oliver Thofern, Rückversicherungschef bei Aon Deutschland.

Daran werden die beiden Hurrikans Helene und Milton, die in den vergangenen Wochen den US-Bundesstaat Florida heimgesucht haben, nichts ändern, glaubt er. Sie haben nach Aon-Schätzung zwischen 27,5 und 42,5 Milliarden Dollar Schäden verursacht, davon zahlen die Rückversicherer zehn bis 15 Milliarden Dollar.

Auch Europa erlebte 2024 schon mehrere Katastrophen. Dazu gehören die Überschwemmungen in Süddeutschland im Mai mit einem versicherten Schaden von bis zu 2,5 Milliarden Euro. Da längst nicht alle Hausbesitzer versichert sind, ist die Diskussion über die Einführung einer Pflichtversicherung gegen solche Gefahren erneut entbrannt. Während die meisten Versicherer die Pläne ablehnen, zeigt sich der Rückversicherer Munich Re offen. „Wir würden eine Pflichtversicherung begrüßen“, sagte Vorständin Clarisse Kopff. Der private Versicherungsmarkt könnte dafür genügend Versicherungsschutz bieten – wenn die Preise stimmen.

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