Versicherung:Hohe Preise für Ersatzteile machen der HUK-Coburg zu schaffen

Versicherung: Gestiegene Kosten für Auto-Ersatzteile belasten die HUK-Coburg.

Gestiegene Kosten für Auto-Ersatzteile belasten die HUK-Coburg.

(Foto: Wavebreak Media/IMAGO)

Die Allianz schafft es weiterhin nicht, den Rivalen HUK-Coburg bei den Autoversicherungen einzuholen. Aber auch die erfolgsverwöhnten Coburger spüren deutlichen Gegenwind.

Von Herbert Fromme und Okan Mese, Köln

Seit 2011 ist die HUK-Coburg größter Autoversicherer in Deutschland. Ebenso lange versucht der vorher jahrzehntelang unangefochtene Marktführer Allianz, die alte Position zurückzugewinnen - ohne Erfolg. Das blieb auch 2022 so, zeigen die neuesten Zahlen der erbitterten Konkurrenten.

Doch auch die erfolgsverwöhnten Franken spüren zurzeit Gegenwind. In den Kfz-Sparten hat die HUK-Coburg 2022 erstmals seit Jahren einen Verlust eingefahren. Und mit dem Wachstum läuft es auch auch nicht mehr so glatt. Den Umsatz konnte die Gruppe zwar um 3,5 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro steigern, aber der Gewinn nach Steuern rauschte um 62 Prozent nach unten und betrug 2022 magere 146 Millionen Euro.

Den Vorsprung zur Allianz konnte die HUK allerdings 2022 weiter ausbauen. Die Münchener, eigentlich mit weitem Abstand Deutschlands größter Versicherer, erhöhten ihren Bestand an versicherten Fahrzeugen um 1,7 Prozent auf 8,8 Millionen. Die HUK-Coburg meldete dagegen einen Zuwachs um zwei Prozent auf 13,7 Millionen Fahrzeuge - satte fünf Millionen mehr.

Die Schäden nehmen zu, die Kosten auch

Doch Konzernchef Klaus-Jürgen Heitmanns spricht nicht ohne Grund von "herausfordernden Zeiten". Die Reparaturkosten steigen spürbar. Vor allem die von den Kfz-Herstellern gelieferten Ersatzteile schlagen zu Buche. Für alle sichtbaren Teile haben die Autokonzerne einen Design-Schutz, kein unabhängiger Hersteller darf sie an Werkstätten liefern. "Das ist de facto ein Monopol", beklagte sich Heitmann.

Dazu kommt, dass nach den ruhigen Jahren der Pandemie es auch wieder mehr Schäden gibt. Und wegen der Inflation brauchen die Autoversicherer höhere Schadenreserven: Wenn sie beispielsweise Geld für die lebenslange Pflege eines Unfallopfers zurückgestellt haben, ist es wahrscheinlich, dass der vorgesehene Betrag jetzt nicht mehr ausreicht. Schließlich steigen die Preise.

Zusammengenommen führt das zu einem Defizit in der Kfz-Versicherung. 2022 haben Kunden 4,43 Milliarden Euro an Prämien gezahlt, der Konzern hat 4,59 Milliarden Euro für Schäden und Kosten ausgegeben. An spürbaren Preiserhöhungen führt kein Weg vorbei, da ist sich Heitmann sicher.

Das Wachstum verlangsamt sich

Allerdings hilft das nicht gerade beim Wachstum. Schon jetzt legt der Konzern langsamer zu als in den Vorjahren. Der Grund: die Autokonjunktur. Weil weniger Neuwagen zugelassen werden, gibt es auch weniger Gebrauchtwagenverkäufe und -käufe im Markt. "Wir sind bei der Anzahl der Fahrzeug-Transaktionen mittlerweile im Markt 2022 bei unter neun Millionen", sagte er. "Im letzten normalen Jahr vor Corona, das war 2019, waren es fast elf Millionen Transaktionen."

Die HUK-Coburg versichert keine Firmenflotten und kooperiert auch nicht mit Herstellern, sie hat weniger Neuwagen im Bestand als ihre Rivalen. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf Gebrauchtwagen.

Da versucht sie auch außerhalb der eigentlichen Versicherung zu punkten. In Düsseldorf betreibt die Gruppe einen Gebrauchtwagenhändler. Sie hat sich mit 25,1 Prozent an der Werkstattkette Pitstop beteiligt und bietet dort - und in anderen Vertragswerkstätten - Kunden besonders günstige Dienstleistungen wie Reparaturen und Reifen- oder Ölwechsel an, die nichts mit dem Versicherungsvertrag zu tun haben.

Mehr E-Fahrzeuge

Um die Marktführerschaft zu behalten, kümmert sich die Gruppe besonders um neue Trends in der Kfz-Versicherung. Dazu gehören Elektrofahrzeuge, die nicht bei allen Versicherern beliebt sind. Die Coburger konnten ihren Bestand an E-Fahrzeugen 2022 um 57 Prozent steigern. Sie versichern jetzt 283 000, davon 97 000 Hybrid-Pkw.

Aber sind Elektroautos nicht besonders problematisch wegen des Risikos des Batteriebrandes? Vorstand Jörg Rheinländer glaubt das nicht. "Autos brennen kaum", sagte er. "Der Unterschied zwischen Elektrofahrzeugen und anderen Autos ist ein Euro." In einer normalen Kfz-Prämie von rund 350 Euro bis 400 Euro pro Jahr seien bei einem Elektroauto drei Euro für das Risiko eines Brandes enthalten, bei konventionellen Pkw zwei Euro, erläuterte er.

Gerade junge Fahrer will der Versicherer mit Telematikangeboten gewinnen. Wer vorsichtig fährt, spart 20 Prozent oder mehr. Die Fahrdaten über Route, Beschleunigung, Bremsverhalten und vieles mehr werden konstant an den Versicherer übertragen. 2022 konnte die HUK den Bestand an Telematikverträgen um 50 000 auf 500 000 steigern.

Telematik wird wichtiger

Die Fahrdaten werden von einem dünnen Einkleber an der Innenseite der Windschutzscheibe gesammelt und übertragen. Die vom Hersteller in Neuwagen erhobenen Fahrzeugdaten nutzt die Gesellschaft noch nicht, dafür müsse es einheitliche Standards und Echtzeitzugriff auf die Daten geben. Darüber führt die Branche weiter Gespräche mit den Autobauern.

"Die Telematik ist hochgradig relevant für uns", betonte Heitmann. "Der Telematik-Score ist eines der wertvollsten Tarifmerkmale, auch wenn man das mit anderen Merkmalen vergleicht." Damit meinte er Regionalklasse, Fahrzeugtyp, Beruf und andere Merkmale.

In einem zentralen Punkt hat sich die Gesellschaft von der Branche abgesetzt. Während Bund und Länder seit Jahren ergebnislos über eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden diskutieren und der Versichererverband GDV dagegen ist, hat die HUK-Coburg sie einfach eingeführt, und zwar ohne Ausnahme.

Es gebe die klare politische Forderung, die Dichte der Elementarschadenversicherung in der Bevölkerung deutlich anzuheben, sagte HUK-Chef Heitmann.

Außerdem war der Versicherer geschockt durch die Erfahrungen bei den Flutschäden an der Ahr. Da riefen Hausbesitzer an und erklärten, alle Unterlagen seien mit dem Haus weggespült worden, ob man denn gegen solche Schäden eine Versicherung habe. "Da mussten wir in nicht wenigen Fällen den Kunden sagen, nein, Sie haben keine Elementarschadendeckung abgeschlossen", sagte Heitmann.

Elementarschutz inklusive

Jetzt enthalten alle neuen HUK-Verträge in der Gebäudeversicherung einen Elementarschutz, der Gebäude mit einer Selbstbeteiligung von 100 000 Euro abdeckt. Wenn das Haus total zerstört ist, hat der Kunde zwar einen Schaden in dieser Höhe, aber den Aufwand über 100 000 Euro zahlt der Versicherer.

Mit ihrem klassischen Elementarschadentarif gilt nur eine Selbstbeteiligung von 500 Euro. Die HUK hatte im September 2022 angefangen, die Verträge zu verkaufen. Bisher sind es 38 000 Stück. "Das Schöne ist, dass 75 Prozent aller Kunden den vollständigen Schutz wählen", sagte Heitmann. Ohne die Mindestform der Elementardeckung will die HUK-Coburg keine Gebäudepolicen mehr verkaufen: Dieser Versicherer hat also die Pflicht eingeführt.

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