Süddeutsche Zeitung

Autovermieter droht mit Verfassungsklage:Der rebellische Herr Sixt

Erich Sixt ist mit seinem Autovermieter wieder auf die Erfolgsspur eingebogen. Gleichwohl hadert der knorrige Unternehmer mit dem Staat, den Aktionären und sogar mit manchem Großkunden.

Michael Kuntz

Einer der erfolgreichsten deutschen Unternehmer ist mit 66 Jahren kämpferisch wie eh und je. Erich Sixt will gegen die beschlossene Umstellung der Rundfunkgebühren von einer Abgabe pro Gerät auf Entgelte pro Haushalt und je Geschäftsfahrzeug vorgehen. Die Vorlage seiner Quartalsergebnisse würzt Sixt mit einer Ankündigung. Deutschlands Autovermieter Nummer eins droht mit einer Verfassungsklage.

Sixt wurmt es, dass der Fahrer eines Mietwagens ein zweites Mal an die Gebühreneinzugszentrale GEZ zahlen soll, obwohl er für sein eigenes Firmenfahrzeug bereits monatlich 5,99 Euro abliefern muss. Zumal die Gebühren für die Autos in der Regel zusätzlich zur Abgabe für einen Haushalt geleistet werden.

Der Mietwagen-Unternehmer sieht gute Chancen für eine Verfassungsklage noch aus zwei anderen Gründen: Erstens muss die Gebührenänderung ertragsneutral erfolgen. Sixt hat aber auf der Basis öffentlich zugänglicher Statistiken ausgerechnet, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch die Änderung des Gebührensystems Mehreinnahmen "von mehr als 1,2 Milliarden Euro pro Jahr" erhalten werden.

Keine Gleichbehandlung

Dabei sei der ebenfalls geplante Beitrag für Betriebsstätten noch nicht eingerechnet. Er wird den Anstalten laut dem Autovermieter mindestens einen weiteren dreistelligen Millionenbetrag bringen. Es stimme daher nicht, wenn ihm die Mitglieder der Rundfunkkommission der Länder mitteilen, die finanziellen Auswirkungen der im Juni beschlossenen Reform könnten noch nicht ermittelt werden. Erich Sixt sagt: "Dies ist Unfug."

Der Unternehmer aus Pullach bei München will seine Verfassungsklage zweitens darauf stützen, dass die neue Form der Rundfunkfinanzierung praktisch nicht umsetzbar sei. Zwar werde es gelingen, alle Haushalte zu erfassen und so auch die bisherigen Schwarzseher zur monatlichen Fernsehgebühr von 17,98 Euro heranzuziehen.

Bei den gewerblich genutzten Autos sei eine vollständige Erfassung jedoch nicht möglich. Dies gelte besonders dann, wenn Fahrzeuge sowohl privat als auch gewerblich genutzt werden. Da seine Mietwagen durchgängig als gewerbliche Fahrzeuge laufen, vermisst Sixt hier die Gleichbehandlung. Bei Sixt geht es um "einige Millionen Euro" an Rundfunkgebühren.

Rückkauf von Aktien

Nicht nur mit den Politikern hadert der knorrige Unternehmer, der 1969 in eine Firma mit 200 Mietwagen einstieg und aktuell 62.800 Fahrzeuge in seiner Flotte hat. Der Mehrheitseigner der SixtAG ist auch auf Kapitalgeber nicht sonderlich gut zu sprechen.

Die Fragen der Journalisten seien deutlich intelligenter als die der Aktionäre bei der Hauptversammlung, lästert Sixt. In seiner Telefonkonferenz erklärt er auch, warum die Sixt AG demnächst vier Prozent ihres Aktienkapitals zurückkaufen wird. Den Aktienkurs bei 22,50 Euro findet er extrem niedrig, die Marktkapitalisierung entspreche gerade einmal dem Buchwert des Unternehmens. Da biete sich ein Rückkauf geradezu an. So lasse sich das Ergebnis pro Aktie verbessern.

An diesem trüben Sommertag immerhin honorierte die Börse das Wirken von Erich Sixt. Der Aktienkurs machte zwar keinen Sprung, setzte sich aber mit einem Plus von knapp drei Prozent an die Spitze der Werte im SDax, dem Börsenindex für 50 kleinere Unternehmen ("Small Caps"). Dazu mögen auch die jüngsten Geschäftszahlen beigetragen haben, die Sixt vorzuweisen hat.

Auch manche Kunden schlecht gelitten

Die Sixt AG partizipierte am wieder auflebenden Geschäftsreiseverkehr mit einem Konzernergebnis vor Steuern von 34,8 Millionen Euro. Das war im Halbjahr bereits doppelt so viel wie im gesamten Krisenjahr 2009. Seine Zuversicht stützt Sixt auf den Trend beim Umsatz: Der stieg im zweiten Quartal deutlich stärker als in den drei Monaten davor. Dennoch warnt Sixt vor zu viel Optimismus: Im übrigen Europa laufe es noch längst nicht so gut wie in Deutschland.

Nicht nur auf Rundfunkpolitiker und Börsianer ist der nach wie vor sehr munter wirkende Sixt sauer. Auch manche Kunden mag er nicht. Von einigen hat er sich sogar getrennt: "In nicht unerheblichem Umfang haben wir Kunden nicht mehr bedient." Für Sixt hört die Freundschaft auf, wenn er nur Umsatz macht, aber keinen Gewinn. So war es zuletzt bei der amerikanischen Armee, der Sixt bisher für 20 Millionen Euro jährlich Autos vermietete. "Hier haben wir die Niedrigpreispolitik nicht mitgemacht."

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SZ vom 20.08.2010/pak
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