Automobilzulieferer in Not:Die leeren Hände der Witwe Schaeffler

Desaster für Maria-Elisabeth Schaeffler: Über Monate hielt die Übernahme von Continental Deutschland in Atem - nun könnte der Deal nachträglich platzen.

Es sollte eine große industrielle Lösung sein - und die Geburt eines international wichtigen Automobilzulieferers. Doch nun ziehen die Banken der schwer angeschlagenen Schaeffler-Gruppe offenbar eine Rückabwicklung des Conti-Deals in Betracht.

Automobilzulieferer in Not: Maria-Elisabeth Schaeffler und ihr Sohn Georg Schaeffler haben im Unternehmen fast nichts mehr zu sagen. Die Banken haben das Ruder übernommen.

Maria-Elisabeth Schaeffler und ihr Sohn Georg Schaeffler haben im Unternehmen fast nichts mehr zu sagen. Die Banken haben das Ruder übernommen.

(Foto: Foto: AP)

Derzeit werde unter den beteiligten Finanzhäusern erwogen, alle bei dem fränkischen Familienunternehmen Schaeffler liegenden Aktien des Zulieferers Continental zu übernehmen, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter Berufung auf Bankenkreise.

Allerdings müsste im Anschluss eine Kapitalerhöhung erfolgen, wodurch der Anteil der Banken an Conti wieder unter 50 Prozent falle.

Schaeffler will freilich seine Beteiligung am weitaus größeren Rivalen Continental vorerst nicht aufgeben. "Die Gerüchte, Schaeffler habe zugestimmt, die Conti-Aktien an Banken abzugeben, sind nicht zutreffend", sagte ein Sprecher in Herzogenaurach.

An einem Rettungskonzept für das fränkische Unternehmen, das sich mit der schuldenfinanzierten Übernahme von Conti übernommen hat, werde weiter gearbeitet. "Wir werden informieren, wenn das Rettungskonzept vorliegt", sagte der Sprecher.

Kapitalerhöhung notwendig

Formal ist immer noch Maria-Elisabeth Schaeffler die Hauptakteurin bei Schaeffler, mit ihrem Sohn Georg (dem größten Gesellschafter) in einer tragenden Nebenrolle. Doch da sie dramatisch hoch verschuldet ist, kommt es auf jene an, die die Unternehmerin einst zur Übernahme von Conti gerufen hat: die Banken.

Nach Ansicht der Geldinstitute sei die durch die Übernahme der Siemenssparte VDO selbst hochverschuldete Continental allein durchaus in der Lage, die Last wieder abzubauen, heißt es in dem Bericht weiter. Weichenstellungen werden von der Conti-Aufsichtsratssitzung am Freitag erwartet.

Dabei wird es offenbar immer unvorstellbarer, dass Schaeffler-Berater Rolf Koerfer wie bisher geplant den Vorsitz im Kontrollgremium übernimmt.

Die Familie Schaeffler droht dem Handelsblatt zufolge die Kontrolle über ihr Imperium fast vollständig zu verlieren. Die Gläubigerbanken gingen inzwischen fest davon aus, die Kredite in Eigenkapital zu wandeln, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Finanzkreise.

Der Konzern selbst wollte am Montag auf Anfrage von sueddeutsche.de zunächst nicht Stellung nehmen.

Im Schaeffler-Bankenkonsortium mischt mit der Commerzbank ein Geldhaus mit, das unter politischer Kontrolle steht. Der Bund ist dort mit 25,1 Prozent größter Einzelaktionär. Und der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) macht gar keinen Hehl daraus, dass er Conti aus Hannover aus der Zwangsehe mit Schaeffler wieder herausholen möchte: "Wir wollen Conti aus dem Strudel heraushalten", erklärt er in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

Eine andere wesentliche Schaeffler-Bank, die Royal Bank of Scotland, gehört inzwischen dem britischen Staat. Premierminister Gordon Brown dürfte wenig Interesse daran haben, dass in Deutschland eine großdimensionierte Industriegruppe mit staatlichem Geld gerettet werden muss.

Das hat er schon bei den Stützungsaktionen des Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy für die französische Autoindustrie abgelehnt.

Für die Schaefflers werde dann bestenfalls noch ein Anteil von etwa zehn Prozent bleiben.

Banken verlieren Teil der Forderung

Niedersachsens Ministerpräsident Wulff forderte im Gespräch mit dem Handelsblatt: "Die Eigentümerfamilie kann allenfalls noch eine kleine Rolle spielen, vielleicht mit einer Beteiligung von um die zehn Prozent." Laut FAZ soll das der Familie Schaeffler zuzurechnende Eigenkapital angesichts der hohen Schuldenlast und der Ertragslage der Gruppe mit drei bis vier Milliarden Euro negativ sein.

Die Banken werden dem Handelsblatt zufolge im Rahmen einer Rettung wohl auf einen Teil ihrer Forderungen - dabei geht es um Milliardenbeträge - verzichten müssen.

Das fränkische Familienunternehmen Schaeffler hatte sich mitten in der Wirtschaftsflaute bei der Conti-Übernahme verhoben und hat nun Schulden von rund zehn Milliarden Euro.

Conti selbst sitzt seit dem Kauf von VDO auf einem ebenso hohen Schuldenberg und ist nach dem Kurssturz der Aktie nur noch knapp ein Fünftel dessen wert, was Schaeffler bezahlt hat.

Schaeffler ist seit dem 8. Januar mit 49,9 Prozent Großaktionär des weltweit fünftgrößten Automobilzulieferers.

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