Automobilindustrie:Dann bleiben nur noch sechs

Radikal reduziert: Experten rechnen damit, dass es am Ende der Krise lediglich wenige Auto-Konzerne gibt, die eine Überlebenschance haben.

K.-H. Büschemann u. C. Busse

In der Autoindustrie sind Investoren gefragt. Die General-Motors-Tochter Opel sucht einen Geldgeber, der ihr Überleben sichert, hat aber bisher keinen gefunden. Der amerikanische Autokonzern Ford würde gerne seine schwedische Tochtergesellschaft Volvo abstoßen, fand aber keinen Käufer für die Traditionsmarke. Nur der Daimler-Konzern kann sich glücklich schätzen, mit dem Ölstaat Abu Dhabi nun einen neuen Anteilseigner gefunden zu haben. Der glaubt offenbar an die Zukunft der Marke mit dem Stern. Daimler-Chef Dieter Zetsche freut sich über frisches Kapital - und er bereitet sich damit auf noch härtere Zeiten im Geschäft vor, wie die Experten vom Bankhaus Oppenheim meinen.

Und dann bleiben nur noch sechs

Daimler hat einen neuen Großinvestor - das Emirat Abu Dhabi.

(Foto: Foto: AP)

Die Suche nach Geldgebern war in der Branche früher durchaus einfacher. Als der britische Autohersteller Rover 1994 in die Knie ging, griff BMW zu. Die Münchner reichten die marode Firma allerdings im Jahr 2000 an eine Finanzgesellschaft weiter. Heute gehört die Marke einem chinesischen Unternehmen. Die letzten glücklichen Kapitalsucher der Branche waren die britischen Marken Land Rover und Jaguar. Sie wurden 2008 vom indischen Industriekonzern Tata übernommen.

Inzwischen ist die Autokrise zum weltweiten Problem geworden. Auch die schwedische Marke Saab, die ebenfalls zu General Motors gehört, hat Gläubigerschutz beantragt, und bei Fiat sieht es wenig rosig aus, sogar Toyota erwartet einen Milliardenverlust. Selbst BMW - hinter dem Konzern steht die Familie Quandt als Großaktionär - musste für das Jahr 2008 bereits einen Gewinnrückgang um 90 Prozent verkünden, die Aussichten sind düster. In einer solchen Welt sind Investoren vorsichtig.

Eine einfache Formel

Das Problem lässt sich auf eine einfache Kalkulation reduzieren. Alle Fabriken der Weltautoindustrie könnten 60Millionen Autos im Jahr bauen. Selbst in den Jahren vor der jüngsten akuten Krise liefen aber nur 50 Millionen Stück von den Bändern. Das Ergebnis ist eine ruinöse Preisschlacht. Kürzlich wagte Fiat-Chef Sergio Marchionne die Prognose, nur sechs Autokonzerne würden weltweit diese Krise überleben. Wer nicht mehr als 5,5 Millionen Autos im Jahr baue, habe keine Chance. Am Ende werde ein Massenhersteller aus den USA überleben, einer aus Deutschland, ein französisch-japanischer Konzern, sowie ein japanischer und ein chinesischer Autobauer. Dazu käme noch ein "weiterer europäischer Spieler", fügte Marchionne hinzu. Er ließ jedoch offen, ob er damit vielleicht Fiat meint. VW-Chef Martin Winterkorn sieht ein ähnliches Szenario: In drei Jahren, nach dem Ende der Krise, werde es noch "zwei Amerikaner geben, ein oder zwei Japaner, einen Franzosen, vielleicht einen großen Chinesen". Zudem gäbe es Daimler wie BMW und natürlich Volkswagen.

Nicht einmal die lange gefürchteten, internationalen Finanzinvestoren bieten sich noch als Auffanglösung für die angeschlagenen Autohersteller an. Sie haben selbst zu viele Probleme und halten sich deshalb zurück. Vor allem schreckt sie die schlechte Erfahrung, die die amerikanische Finanzgesellschaft Cerberus mit Chrysler machte. Die Fondsgesellschaft hatte die marode amerikanische Tochter von Daimler vor knapp zwei Jahren praktisch zum Nulltarif übernommen und wäre doch an den Verlusten, welche die Auto-Firma macht, beinahe selbst zugrunde gegangen.

Aber auch der Daimler-Konzern hat mit dem neuen arabischen Großaktionär seine Zukunft noch nicht gesichert. Ihm fehlt die Größe, die nach den Branchenregeln das Überleben im Alleingang sichern könnte. Den Stuttgartern geht es ähnlich wie dem Konkurrenten BMW in München. Daimler baut pro Jahr 1,3 Millionen Pkws, BMW schaffte zuletzt 1,6Millionen Einheiten. Beide haben inzwischen begonnen, beim Einkauf zusammenzuarbeiten, um Kosten zu sparen. Man führt auch Gespräche über Kooperationen. Das aber wird nicht reichen, sagen Fachleute. Ein ehemaliger BMW-Manager ist sicher: "Die beiden müssen eines Tages zusammengehen, sonst haben sie keine Chance."

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