Automobilindustrie: BMW:Als gäbe es kein Morgen

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Deutsche Autohersteller wie BMW verdienen kräftig an der starken Nachfrage aus China. Doch die Gewinne sollten sinnvoll investiert werden, damit es keine böse Überraschung gibt.

Thomas Fromm

Wenn Chinesen teure Autos fahren, dann sitzen sie meistens hinten und schauen zu, wie andere fahren. Deswegen gibt es so gut wie jede deutsche Luxuslimousine in der Extralang-Version: Der 5er BMW für den chinesischen Markt etwa ist 14 Zentimeter länger als der normale 5er. Damit die Passagiere im Fond mehr Beinfreiheit haben, wenn sie ihr Fahrer durch die Straßen des großen Reiches chauffiert.

BMW ist auch in China stark gefragt, die Zahlen vom Dienstag werteten einige als "atemberaubend". (Foto: ddp)

Für die Hersteller lohnt es sich daher, ihre Autos für die Chinesen langzuziehen: Allein BMW legte in China in den ersten sechs Monaten des Jahres beim Absatz um mehr als 100 Prozent zu - Wachstumsraten, wie sie die Autobranche noch nie gesehen hatte. Nirgendwo werden so viele 7er BMW, Audi A8 oder Mercedes S-Klasse verkauft wie in China. Nicht zuletzt wegen des China-Booms ging es zuletzt auch insgesamt aufwärts für die Branche: BMW versiebenfacht sein Ergebnis, Daimler erhöht seine Gewinnprognose zuerst von zwei auf vier, dann auf sechs Milliarden Euro. Audi will seinen eigenen Absatzrekord brechen. Das Geschäft läuft so gut, dass es selbst den Managern unheimlich wird. BMW muss erste Autos von Deutschland nach China exportieren, weil man mit der Produktion vor Ort nicht mehr nachkommt. Selbst wenn das saftige Importzölle kostet.

Trunken vor Glück

Vor einem Jahr noch stand die gesamte Branche am Abgrund; viele hatten auch das Jahr 2010 schon abgeschrieben. Kann man es den Managern und Analysten verdenken, dass sie jetzt wie trunken vor Glück sind? "Herausragend", kommentierten einige die BMW-Zahlen vom Dienstag. Andere fanden sie "atemberaubend".

Skeptiker gibt es in der Branche bislang nur wenige. Erst allmählich spricht sich herum, dass die Konzentration auf China den Herstellern zum Verhängnis werden könnte. Dann nämlich, wenn es vorbei ist mit den wundersamen Wachstumsraten in Shanghai, Beijing und Chongqing. Ausgerechnet einer der führenden Automanager Deutschlands warnt nun davor, alles auf eine Karte zu setzen und sich von den Zahlen aus China blenden zu lassen: BMW-Chef Norbert Reithofer. BMW brauche ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Asien, den USA und Europa. Und der Manager versprach: "Wir verlassen uns nicht allein auf China."

Chinesen zahlen mehr

Der Konzern tut gut daran, die richtige Balance zu suchen. Der große China-Boom kam zwar zur rechten Zeit, um die Absatzlöcher zu stopfen, die die Wirtschaftskrise in Europa und den USA gerissen hatte. Schon heute aber warnen Branchenexperten vor einem Abschwung in der Volksrepublik, der vor allem die Premium-Hersteller wie Audi, BMW und Daimler treffen würde. Was in Märkten wie Deutschland, Frankreich und den USA längst Normalität ist, steht China noch bevor: Schon in wenigen Jahren werden dort mehr Autos gebaut als tatsächlich verkauft. Der Druck auf die Hersteller wächst, ihre Preise zu senken. Wachstumsraten von 100 Prozent, so viel ist klar, wird es bald nicht mehr geben.

Manager werden das nicht gerne hören. Denn in China lässt sich unter dem Strich mehr Geld verdienen. Die Preise sind höher als in Europa oder Amerika, chinesische Kunden pokern seltener um Rabatte. Kurz: Chinesen sind die idealen Autokunden. Und doch müssen sich die Hersteller auch auf ihren Heimatmärkten behaupten, wenn sie im Wettbewerb bestehen wollen.

Die Chancen, dass es hierzulande wieder aufwärts geht, stehen nicht schlecht. Zwar ging die Nachfrage bei Kleinwagen im Juli um 30 Prozent zurück. Premium-Hersteller aber dürften bald wieder mehr Autos verkaufen. Sie könnten am Ende die Profiteure des Aufschwungs sein. Dann nämlich, wenn sie die Gewinne, die ihnen China derzeit beschert, gezielt in ihre Zukunft investieren. Schließlich steht die Branche vor einem historischen Wandel: Alternative Antriebe, die Forschung rund um das Elektroauto, die Konkurrenz aus Fernost - all das muss finanziert werden.

© SZ vom 04.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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