Automesse:Sitzen und plaudern

BMW-Chef Harald Krüger lässt sich öffentlich auf der BMW-Bühne der IAA vom Politikjournalisten Hajo Schumacher befragen.

Von Thomas Fromm

Die Anfrage aus München soll er vor etwa drei Wochen bekommen haben, was in dieser Branche ziemlich kurzfristig ist. Jetzt sitzt Hajo Schumacher auf einer BMW-Bühne in Halle 11 der Frankfurter Automesse IAA und interviewt Konzernchef Harald Krüger. Eigentlich, sagt Schumacher, sei er ja ein Politikjournalist aus Berlin und kenne das BMW-Management aus München gar nicht. Und eigentlich beherrsche er auch das "höfische Zeremoniell" nicht. Aber, so heißt es später auch bei BMW - genau das sei der Deal gewesen: Politikjournalist mit unverstelltem Blick auf die Branche interviewt BMW-Chef auf offener Bühne. Fragen vorher nicht abgesprochen.

Im Hintergrund der Bühne leuchtet die BMW-Zentrale am Münchner Olympiapark als Bild auf, das schafft Nähe. Also, Herr Krüger, Ihre erste Automesse IAA war 1987, da waren Sie noch Student! Vom Aachener Studenten Harald zum BMW-Chef in ein paar Minuten, vom ersten eigenen Opel Kadett (in rot) zum Boss eines großen Premiumherstellers. Dann folgt ein strenges Interview zu Diesel ("Wir bei BMW haben nicht manipuliert, wir haben kein defeat device") und den Kartell-Vorwürfen vom Sommer ("Das wird alles geprüft").

Es ist eine sehr experimentelle Versuchsanordnung, weniger für den Journalisten, der so etwas ja öfters macht, als für Krüger, der Interviews sonst eher in Büros führt als vor Hunderten Zuschauern auf der Bühne. Und auch für die Besucher selbst, von denen ja die meisten eigentlich hierhergekommen sind, um Autos zu begutachten, und nicht um Hajo Schumacher bei der Arbeit zuzusehen.

Als Krüger das letzte Mal vor zwei Jahren hier auf dieser Bühne stand, stürzte er wegen Kreislaufproblemen zu Boden. Die Bilder davon verbreiteten sich schnell im Netz. So etwas vergisst man nicht so schnell, weder als Betroffener noch als Konzern. Möglicherweise hat man auch deshalb dieses Format gewählt: Zwei Männer im Interview, sitzend und plaudernd.

Schumacher berichtet aus Berlin, von Straßen im Stadtteil Schöneberg, verstopft von Sport-Geländewagen, von SUVs, wie sie eben auch BMW in großem Stil baut. Krüger nimmt die Kritik nicht auf. Es gebe doch auch Minis, sogar elektrische. Was im Grunde heißt: Wenn die Schöneberger lieber SUVs kaufen als Minis, bitteschön. Wir haben alles im Angebot, sogar kleine Autos und Motorräder.

Als das Interview vorbei ist, kommt dann doch die große BMW-Autoshow. Ein Elektro-Coupé mit 600 Kilometern Reichweite steht auf der Bühne. Aufatmen bei BMW. Es ist einfacher, Autos auf die Bühne zu bringen, als ein neues Interview-Format.

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