Die Revolution fährt lautlos, aber sie rückt näher. Täglich durchkurvt sie die Straßen von Mountain View, dem Hauptsitz von Google. Gelenkt von einer Maschine, gesteuert von Algorithmen, gebremst von Computerchips: Mehr als 20 Roboter-Automobile betreibt Google in seiner Versuchsflotte. Und auch in Deutschland rückt das automatische Fahrer jenseits der Teststrecken immer näher. Mercedes hat bereits vollautonome Autos durch Städte geschickt. BMW bereitet den Einsatz von Autos in München vor. Und auf der A9 ist ein Testfeld entstanden, auf dem schon jetzt Fahrzeuge automatisch gesteuert unterwegs sind.
Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn und der Mensch nur noch als Zuschauer? Experten sind sich einig, dass intelligente Autos im Alltag kein ferner Hype mehr sind. Bis sie und nicht die Insassen über Manöver und Fahrstrecken entscheiden sei nur noch eine Frage weniger Jahre, glaubt Verkehrsexperte Andreas Festag von der TU Dresden.
Doch die Technik ist bislang weiter als Gesetze und Gesellschaft. Wer bei einem Unfall die Schuld trägt - der Fahrer oder die Maschine? Wer bei einem Systemausfall haftet? Viele Rechts- und Haftungsfragen sind bislang offen. Automatische Autos hatte das Wiener Übereinkommen, der international entscheidende Vertrag zur Standardisierung von Verkehrsregeln, schlicht nicht vorgesehen. Es musste geändert und diese Änderung nun im deutschen Recht umgesetzt werden. Seit einigen Monaten ringen Ministerien in Deutschland um eine Lösung.
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Die grundsätzliche Verantwortung bleibt beim Fahrer
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung haben sich die zuständigen Ministerien für Verkehr und Justiz nun weitgehend über strittige Fragen auf Deutschlands Straßen geeinigt. Ein Referentenentwurf, der der SZ vorliegt, ist auf den 20. Dezember datiert. Nur Details seien noch zu klären, heißt es aus Regierungskreisen. Der Entwurf befinde sich derzeit noch in der Ressortabstimmung, teilte das federführende Bundesverkehrsministerium dazu am Donnerstag mit.
Das Papier stellt erstmals die Regeln für den Einsatz automatisierter Fahrsysteme auf und schafft so die Bedingung für den Alltagseinsatz auf deutschen Straßen. Wichtigste Neuerung: Der Mensch soll dem Papier zufolge auch beim Einsatz des Computers grundsätzlich die Verantwortung behalten. Automatische Systeme müssten "jederzeit durch den Fahrzeugführer übersteuerbar oder deaktivierbar" sein. Allerdings müssen Systeme ihre eigenen Grenzen erkennen können und dazu in der Lage sein, "optisch, akustisch oder haptisch" anzuzeigen, dass der Fahrer eingreifen muss, etwa bei schlechtem Wetter oder bei technischen Störungen.
Die Politik will Insassen eines automatisierten Autos mit diesen Vorschriften dazu bringen, sich nicht völlig vom Verkehrsgeschehen abzuwenden und etwa andere Plätze im Auto einzunehmen als den Fahrersitz. Es gebe zwar "Fahrphasen, in denen das System das Fahrzeug steuere", heißt es in dem Entwurf weiter. Beim "hoch- und vollautomatisierten Fahren könne aber auf einen Fahrzeugführer nicht ganz verzichtet werden".
Mit dem Entwurf enttäuscht die Regierung vor allem die Hoffnung von Verbraucherschützern. Die hatten gefordert, dass die Politik bei einem Unfall in der Autopilot-Phase zunächst den Hersteller zur Verantwortung zieht. Nun allerdings kommt der Hersteller nur dann ins Spiel, wenn der Fahrer seine Aufmerksamkeitspflicht erfüllt hat und trotzdem ein Unfall passiert.
Laut Gesetzentwurf sollen die Fahrzeuge künftig mit einer sogenannten Blackbox ausgestattet sein. Sie soll Daten von der Fahrt aufzeichnen. Aus ihnen ließe sich dann nach einem Unfall im Idealfall rekonstruieren, ob im Moment des Zusammenstoßes der Mensch oder die Maschine das Auto gelenkt hat - und ob das System fehlerfrei funktioniert hat. Diese Daten seien "zuständigen Behörden auf deren Verlangen zu übermitteln". In der Praxis allerdings ist fraglich, ob sich dies immer zweifelsfrei klären lässt. Trägt der Hersteller die Schuld, kann er künftig stärker zur Kasse gebeten werden als bisher. Die Haftungshöchstgrenze wird "mangels vorhandener Erfahrungen" mit automatischen Fahrfunktionen von fünf auf zehn Millionen Euro erhöht.
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Aktueller Entwurf wirft noch viele Fragen auf
Zuletzt hatte es in der Testphase solcher Autos immer wieder gekracht. Unfälle in den USA aber auch in Deutschland mit Prototypen hatten Fragen nach der Sicherheit aufgeworfen. Weil sich beim vollautomatischen Fahren auch moralische Fragen stellen, beschäftigt sich derzeit auch eine Ethikkommission unter Vorsitz des früheren Verfassungsrichters Udo Di Fabio im Auftrag der Regierung mit dem Thema. Es geht etwa darum, festzulegen, was Algorithmen im Straßenverkehr dürfen - und was nicht. Laut Dobrindt gibt es dabei zwei Grundsätze: Sachschaden gehe immer vor Personenschaden. Und es soll keine Klassifizierung von Personen geben, etwa nach Größe oder Alter.
Bereits Anfang des kommenden Jahres sollen Verbände gehört und der Entwurf ins Kabinett eingebracht werden. Doch im Bundestag könnten neue Diskussionen aufkommen. "Autofahrerinnen und Autofahrer können nicht für Fehler der Technik haften, wenn diese das Auto steuert", sagt SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. "Wir brauchen eine ernsthafte Debatte, was die Technik bereits kann und wann noch die Fahrerinnen und Fahrer die Verantwortung tragen."