Autoindustrie:Opel soll eigenständige Marke bleiben

Autoindustrie: Gilt als harter Reformer: PSA-Chef Carlos Tavares.

Gilt als harter Reformer: PSA-Chef Carlos Tavares.

(Foto: AP)

Der PSA-Chef Carlos Tavares lobt die Marke Opel und macht den Deutschen Hoffnung - doch ohne Sparkurs wird er nicht weit kommen.

Von Max Hägler und Leo Klimm, Paris

Eines muss Carlos Tavares beichten: Er war einmal Manta-Fahrer. "Mein Vater hatte einen braunen Opel Manta Coupé, mit dem bin ich einst meine erste Tour über die Grenzen meines Heimatlandes gefahren", sagt der Portugiese, der heute an der Spitze des Peugeot-Citroën-Konzerns (PSA) steht. Tavares ist ein Autofreak, der bis heute Hobbyrennen fährt. Dass Manta zu seiner Auto-Biografie gehört, ist ihm bestimmt nicht peinlich, auch wenn der Wagen in Deutschland als Schnellfahrmobil für schlichte Gemüter in die Geschichte eingegangen ist. Für Tavares ist das vielmehr seine erste persönliche Verbindung zu Opel, jener leidgeprüften Marke, die er nun unter seine Kontrolle bringen möchte - auch weil der Blick auf Opel im Ausland vielleicht ein anderer ist.

Aber Tavares ist auch - und vor allem - ein knallharter Manager, für den am Ende Profit mehr bedeutet als romantische Erinnerungen. "Was zählt, ist nicht, wie sehr man sich bemüht, sondern das Ergebnis", sagt Tavares am Donnerstag in der PSA-Zentrale. Seine etwas widersprüchliche Botschaft an die besorgten Opelaner in Deutschland lässt sich an diesem Tag so zusammenfassen: Alles muss sich ändern bei Opel, damit alles bleiben kann, wie es ist.

Opel soll PSA ein bisschen Glanz abgeben

Einerseits schwört Tavares, dass er Opel als deutschen Hersteller erhalten wolle. "Als deutsches Unternehmen mit einer deutschen Marke, einem deutschen Management und deutscher Ingenieurskunst", sagt Tavares. Denn es gebe viele Kunden auf der Welt, die wollten kein französisches Auto, wohl aber ein deutsches - "wegen des Nimbus deutscher Premiumhersteller". Ausgerechnet mithilfe des ehemaligen Manta-Fabrikanten Opel will Tavares also ein wenig Glanz für seinen eigenen Konzern abbekommen.

Der PSA-Chef stellt gar in Aussicht, dass Opel eines Tages sogar auf außereuropäische Märkte vorstoßen dürfe, was unter dem bisherigen US-Eigner General Motors (GM) tabu war. Dieser Teil der Botschaft soll die Opel-Mitarbeiter und Politiker in Deutschland weiter beruhigen, nachdem Tavares zuvor schon versprochen hat, die mit GM vereinbarten Job- und Standortzusagen bei einem Kauf zu übernehmen.

Andererseits könne es bei Opel nicht weitergehen wie bisher, sagt der Chef, der dort noch gar nichts zu sagen hat, der Kauf wird wohl erst in der kommenden Woche über die Bühne gehen. Sonst, so Tavares, komme Opel nie aus den Verlusten, die GM nun zum Verkauf bewogen haben: Seit 17 Jahren ist Opel nun schon im Minus; das Jahr 2016 sollte endlich wieder Gewinn bringen, was aber nicht klappte.

Wo genau gedenkt der PSA-Chef zu sparen?

Tavares glaubt, dass er als Europäer ein besseres Verständnis für Opel hat als die Amerikaner und dass er die Firma mit vielen kleinen Verbesserungen selbst ohne Vollauslastung der Werke wieder profitabel machen kann. Stolz verweist er darauf, wie er das binnen drei Jahren bei Peugeot geschafft hat. Unerwähnt lässt er allerdings, dass er jedes Jahr allein in Frankreich mehrere Tausend Stellen abbaut - mit Zustimmung der Gewerkschaften. "Die Sanierung wird Opel selbst durchziehen", sagt Tavares und lobt nebenbei Opel-Chef Karl-Thomas Neumann, der die Verluste ja zumindest schon geschmälert habe. Was die Rolle von "Mister Newmann" sein soll, wie Tavares den Kollegen nennt, das ist unklar. Er war wohl spät eingebunden in dieses überwältigende Vorhaben, andererseits ist er einer, der den Manta-Geruch von Opel einigermaßen vertreibt.

Sein möglicher neuer Vorgesetzter, der PSA-Chef, spricht von "signifikanten Synergien", die durch den Opel-Kauf entstehen sollen. Im PSA-Umfeld ist die Rede von rund zwei Milliarden Euro. Doch wo genau will Tavares sparen? Die Hersteller ähneln sich mehr, als man meinen könnte: Es wird um Doppelstrukturen gehen, beim Einkauf oder der Entwicklung. Aber Tavares weicht aus. Für die Zeit nach dem Auslaufen der Jobgarantien bei Opel gelte, dass PSA stets das Einvernehmen mit den Gewerkschaften suche. Er traf sie bereits zu Beginn der Woche, ein gutes Gespräch soll es gewesen sein, heißt es aus der IG Metall. Aber was bedeutet das schon. Die Frage ist, was in ein, zwei Jahren ist, wenn die Betriebsvereinbarungen auslaufen, die Tavares bis dahin einhalten will. Die Ausführungen an diesem Donnerstag will kein Arbeitnehmervertreter mehr bewerten.

Große Finanzpolster hat PSA ohnehin nicht

Sollte GM Technologie von Opel abziehen, etwa bei Elektroantrieben, sei das "kein Problem", behauptet Tavares. Dann komme die Technologie künftig eben von PSA. Wobei sein Konzern nicht für exzellente Expertise in diesem Feld bekannt ist. Immerhin ein ordentliches Finanzpolster hat PSA jetzt wieder, die Bilanz kann sich sehen lassen, die Tavares für 2016 vorlegt: Sein Konzern, der vor drei Jahren kurz vor dem Aus stand, hat den Nettogewinn auf 1,7 Milliarden Euro verdoppelt und eine Rekordmarge von sechs Prozent erzielt. Dennoch gibt sich der PSA-Chef nicht zufrieden. Er will den Konzern zum "Benchmark" der Branche machen - zum Vorbild für alle anderen.

Das ist eine Ansage, auch an die Opel-Gewerkschafter. Die, sagt Tavares, hätten ihn in Gesprächen diese Woche beeindruckt. "Die verstehen alles. Wenn wir mit französischen Gewerkschaften auskommen, werden wir das auch mit deutschen", sagt er. Die IG Metall in Deutschland nehme anders als manch französischer Gewerkschafter auch keine Manager als Geiseln, stellt daraufhin einer fest beim Pressegespräch. Tavares grinst und sagt: "Das sind doch gute Nachrichten!"

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