Es war eine erwartbare Konfrontation: Am Konzernabend von Volkswagen auf der Automesse IAA protestierten auch Greenpeace-Aktivisten: "Von Wegen Klimaschutz" stand auf ihrem Banner, das V und das W gefettet. Aus Sicht von Konzernchef Herbert Diess ist das aber ungerecht. "Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn, dass wir im Mittelpunkt der Proteste stehen", sagte der VW-Vorstandsvorsitzende nun im Interview mit der Süddeutschen Zeitung sowie der Nachrichtenagentur Reuters. Die Grundüberlegung sei ja, "dass man die belangt, die durch Förderung von Öl und dem Verbrennen Gewinne machen." An erster Stelle stünden dabei aber nicht die Autohersteller, sondern die Förderunternehmen. Er verweist auf die arabische Welt, aber auch auf Norwegen, das lange einträglich lebte von der Ölförderung. "Danach kommen erst das Auto und andere Teile der fossilen Wertschöpfungsketten." Und Volkswagen unternehme ja "große Anstrengungen", den CO₂-Ausstoß zu reduzieren. Tatsächlich investiert der Konzern mit Marken wie Audi, Seat, Škoda oder VW zwischen 2020 und 2025 insgesamt 35 Milliarden Euro in die Entwicklung von E-Autos und in die Umstellung der Werke und will in den kommenden Jahren sechs Batteriefabriken aufbauen.
Aber da ist noch die Politik, die Diess für den zögerlichen Wechsel hin zur Elektromobilität in der Verantwortung sieht: "Solange es Volkswirtschaften gibt, die Milliardenbeträge in die Förderung fossiler Kraftstoffe investieren, ist es für Autohersteller schwierig, dagegen zu arbeiten." Und zudem ergebe ein Elektroauto auch keinen Sinn in Ländern, die ihren Strom aus Kohle produzieren. In Deutschland wird derzeit noch etwa ein Viertel des Stroms über die Verbrennung von Braunkohle erzeugt. So gesehen, sagt Diess, käme die Umstellung auf die Elektromobilität sogar noch "zu früh".
Insofern müsse der Kohleausstieg "schneller kommen als bislang vorgesehen". Und für die alternativen Energien, die stattdessen Strom erzeugen, müssten "schleunigst" Stromnetze in ganz Europa errichtet werden. Eine Aufgabe, der sich auch VW nicht entziehen wolle: "Da müssen Energieerzeuger, Stromnetzbetreiber und Autohersteller zusammen mitwirken." Und um die Energiewende noch weiter zu beschleunigen, müsse die neue Bundesregierung zudem die Steuerbefreiungen für fossile Kraftstoffe beenden, "egal ob beim Diesel oder Kerosin". Aber er sei guter Dinge, dass das alles so kommen werde: Beim Thema Klimawandel gebe es mittlerweile ja einen gesellschaftlichen Konsens.