Autoindustrie:Guttenberg lässt Opel zappeln

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Voller Euphorie war die Opel-Führung nach Berlin gereist, doch Wirtschaftsminister Guttenberg lässt die Manager abblitzen: Erst einmal wird es keine Entscheidung über Staatshilfen geben.

Mit viel Hoffnung im Gepäck war die Opel-Führung nach Berlin gereist, doch Wirtschaftsminister Karl-Theodor Guttenberg (CSU) will sich nicht festlegen, ob der Konzern staatliche Unterstützung bekommt. Das Rettungskonzept soll in den nächsten Wochen gründlich geprüft werden. Hilfen sollen auch vom Vorgehen des Mutterkonzerns General Motors (GM) und der US-Regierung abhängen.

Opel hofft auf Hilfe vom Staat, doch erst einmal wird keine Entscheidung über finanzielle Unterstützung fallen. (Foto: Foto: dpa)

"Es ist keine Vorentscheidung gefallen", sagte Wirtschaftsminister Karl-Theodor Guttenberg (CSU) nach einem Treffen. Die Bundesregierung werde nichts bewusst verzögern, sie lasse sich aber nicht unter Druck setzen. "Wir werden überprüfen, wir werden bewerten, und auf der Grundlage dieser Bewertungen wird sich das Ob und Wie einer weiteren Entscheidung der Bundesregierung dann entsprechend darstellen", sagte Guttenberg.

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm betonte: "Hier wird keine Zeit verbummelt." Es würden sehr schnell alle Schritte angegangen. Er verwies auf das Bürgschaftsprogramm, das für Fälle wie Opel aufgestockt worden sei. Bei einem Antrag würde das Konzept von unabhängigen Experten auf seine Zukunftsfähigkeit hin geprüft. Einer möglichen Rettungs-Beihilfe müsste auch die EU-Kommission zustimmen. Dies sei auch ein Schutz vor drohender Abschottung nationaler Märkte.

Zuvor hatten der Europa-Chef des Opel-Mutterkonzerns GM, Carl-Peter Forster, Opel-Chef Hans Demant und Gesamtbetriebsrats-Chef Klaus Franz dem Wirtschaftsminister den Rettungsplan vorgestellt. Die Politik knüpft die Rettung an konkrete Bedingungen. Bisher hat die Bundesregierung vor allem Bürgschaften für Opel im Auge.

Guttenberg: Reise nach USA

Vor Staatshilfen will der Bund besonders gesichert sehen, dass das Geld auch Opel selbst und nicht dem Mutterkonzern in den USA zugutekommt. Auch dürften nicht bei anderen Unternehmen Arbeitsplätze gefährdet werden. Zudem soll intensiv nach Investoren Ausschau gehalten werden. Viel hängt auch vom Konzept des vom Aus bedrohten US-Mutterkonzerns ab. Dies könnte erst Ende März vorliegen.

Das Wirtschaftsministerium habe jetzt einige Details des Konzeptes "erfahren dürfen", sagte Guttenberg. Dieses werde nun gewissenhaft geprüft. Es werde den nötigen Zeitraum in Anspruch nehmen, um eine "betriebswirtschaftlich sinnvolle Grundlage zu haben, um letztlich volkswirtschaftlich förderungsfähige Entscheidungen zu treffen".

Guttenberg kündigte an, mit dem Opel-Mutterkonzern General Motors noch offene Fragen zu erörtern. Während seiner USA-Reise Mitte März werde er auch mit der amerikanischen Regierung sprechen. "Die ein oder andere Frage könnte durchaus vom Entgegenkommen beziehungsweise vom Miteinander der beiden Regierungen abhängen."

Der Rettungsplan sieht eine weitgehende Herauslösung von Opel aus dem schwer angeschlagenen US-Mutterkonzern vor. Die Marken Opel und Vauxhall sollen in einer selbstständigen europäischen Gesellschaft zusammengefasst werden, an der sich neben GM auch Investoren beteiligen können. Insgesamt benötigt der Autobauer nach eigenen Angaben neues Kapital von weit mehr als sieben Milliarden Euro.

Lesen Sie im zweiten Teil, unter welchen Bedingungen sich Bundeskanzlerin Merkel eine staatliche Unterstützung für Opel vorstellen kann.

Allein vom Staat erwartet Opel Hilfen von 3,3 Milliarden Euro. Weitere drei Milliarden sollen von GM kommen, 1,2 Milliarden über über Einsparungen. Der Beitrag möglicher Investoren ist offen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hatte Opel den Finanzbedarf auf bis zu neun Milliarden Euro beziffert, was das Unternehmen aber nicht bestätigt. Opel hat allein in Deutschland an den Standorten Rüsselsheim Bochum, Eisenach und Kaiserslautern insgesamt rund 25.000 Beschäftigte.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) lehnt eine staatliche Beteiligung ab. "Opel wäre ein Dammbruch", sagte er vor einer Sitzung der CDU-Spitze. Oettinger sprach sich für Garantien und Bürgschaften an Banken aus, die bei Opel eine Zukunft sähen.

Streit in NRW

In der Landesregierung NRW ist unterdessen Streit über die staatliche Hilfe ausgebrochen. "Ich habe große Sorge, dass die Politik mit ihren Ankündigungen Erwartungen bei den Mitarbeitern in Bochum und anderswo weckt, die sich am Ende nicht erfüllen lassen", sagte FDP-Fraktionschef Gerhard Papke der Rheinischen Post. Damit kritisierte er indirekt Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), der sich grundsätzlich bereit erklärt hatte, Opel zu helfen.

Der Staat dürfe Opel nur unterstützen, wenn kein Steuergeld in die USA abfließe und Opel eine Zukunftsperspektive habe, sagte Papke weiter. "Ich kann nicht erkennen, dass der Rettungsplan diese Bedingungen bisher erfüllt. Die Politik muss aufpassen, dass sie General Motors nicht auf den Leim geht".

Merkel will "schnell einen klaren Plan"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich am Wochenende nach Beratungen mit der EU-Kommission dafür ausgesprochen, "schnell einen klaren Plan" für die Zukunft von Opel zu entwickeln.

Merkel sagte dem Hamburger Abendblatt vom Samstag, Voraussetzung für möglich Staatshilfen sei, dass "das Unternehmen grundsätzlich gesund ist und seine Schwierigkeiten auf die Finanzkrise zurückzuführen sind".

Sie verwies darauf, dass die Regierung im Rahmen des zweiten Konjunkturpakets die Mittel für Kredite und Bürgschaften um 100 Milliarden Euro aufgestockt habe. Über die Kreditanstalt für Wiederaufbau werde Unternehmen geholfen, die momentan Schwierigkeiten hätten, Kredite zu erhalten. Seien die grundsätzlichen Voraussetzungen für Hilfen des Staates erfüllt, müsse eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einen Antrag auf Hilfe positiv beurteilen.

Guttenberg zufolge sind noch viele Fragen zu möglichen Staatshilfen offen. Das Konzept des Konzerns müsse sorgfältig geprüft werden, sagte er am Samstag nach Telefonaten mit den Ministerpräsidenten von Ländern mit Opelwerken.

So müsse geklärt werden, was die von Opel angestrebte Eigenständigkeit gegenüber dem Mutterkonzern General Motors (GM) eigentlich bedeute und wie hoch künftig der "Verflechtungsgrad" zwischen beiden Unternehmen sein werde, sagte er in Berlin. Der Staat sei im Zweifel keineswegs der bessere Unternehmer, es müsse weiter nach privaten Investoren gesucht werden.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/AP/AFP/ihe/hgn/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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